Versuchte Erpressung: Täter erleidet Gedächtnisverlust
Ein Mann verschickt eine E-Mail und versucht, 150.000 Euro zu erpressen. Später greift die Polizei ihn verwirrt auf. Er kann sich an nichts erinnern. Doch es gibt Beweise.
Die E-Mail stammte von einem öffentlichen PC in der Nähe des Landshuter Bahnhofs. Ein Unbekannter drohte den Inhabern einer Großbäckerei aus dem Landkreis Aichach-Friedberg mit schweren Folgen für sie und ihre Familien, wenn nicht 150.000 Euro bezahlt würden. Ort und Zeit der Übergabe sollten noch bekannt gegeben werden, doch dann meldete sich der Erpresser nicht mehr. Ein 54-jähriger Mann aus Landshut stand nun in Aichach als Verfasser der Erpresser-Mail vor Gericht.
Ein Video zeigt den Angeklagten zur Tatzeit am Tatort
Weil es den Anruf mit den Informationen zur Geldübergabe nie gab, war der 54-Jährige wegen versuchter Nötigung, nicht aber wegen Erpressung angeklagt. Der Landshuter selbst konnte keinerlei Angaben zu dieser Tat machen. Anfang dieses Jahres wurde er verwirrt in seiner Wohnung aufgegriffen, nach eigenen Angaben kann er sich an mehrere Wochen überhaupt nicht erinnern. Ein medizinisches Gutachten, das Richter Axel Hellriegel verlas, bescheinigt zwar einen Gedächtnisverlust, allerdings ohne weitere Befunde.
Der Mann hielt es aber selbst für möglich, dass er die E-Mail verschickt hat. Dies belegen außerdem die Videoaufnahmen aus dem Geschäft am Landshuter Bahnhof. Darauf ist der Angeklagte genau zu der Zeit am Computer zu sehen, zu der die E-Mail an die Bäckerei verschickt wurde. Weiterhin konnte die Polizei den Browserverlauf auf dem privaten Rechner des Mannes wiederherstellen – einige Tage vor der Tat hatte er sich die Homepage der Bäckerei und das dortige Kontaktformular angesehen, über das er dann Ende November letzten Jahres das Erpresserschreiben verschickte.
In der Vergangenheit wurde der Mann aus Landshut schon mehrfach wegen Betrugs verurteilt, eine Bäckerei erpresste er bereits im Jahr 2010. Damals wurde er zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. Die Tat von damals bezeichnet er selbst als „Dummheit“. Er habe mit dem Geld eine Operation seiner inzwischen verstorbenen Frau im Ausland bezahlen wollen. Der Mann selbst ist hoch verschuldet. Er wollte nach seiner Hochzeit 2001 sein altes Haus im Wert von über 300.000 Euro verkaufen, doch das Wohnrecht seiner Mutter stand im Weg. Am Ende wurde das Haus zwangsversteigert - für 78.000 Euro.
Seine Verteidigerin Alexandra Strasser sah auch bei der versuchten Nötigung einen unbeendeten Versuch und forderte einen strafbefreienden Rücktritt, schlimmstenfalls aber eine Verurteilung von drei Monaten auf Bewährung. Richter Axel Hellriegel folgte jedoch dem Plädoyer der Staatsanwältin Verena Schön. Der 54-Jährige wurde zu einem Jahr Haftstrafe ohne Bewährung verurteilt, weil er bereits vorbestraft ist. Außerdem hielt er einen weiteren Erpressungsversuch durch die schlechte finanzielle Situation und das fehlende Geständnis für möglich.
Die Diskussion ist geschlossen.