Warum durften sie nicht ins Grab?
Der Tod ereilte beide Senioren im Sessel. Doch anstatt die Verstorbenen zu ihrer letzten Ruhe zu führen, haben ihre nächsten Angehörigen den Tod verschwiegen. Sie ließen die Leichen einfach im Sessel sitzen.
Nachdem Polizisten in Hitzhofen (Kreis Eichstätt) auf die Leiche eines verstorbenen 75-Jährigen gestoßen waren (wir berichteten), wurde gestern in Hechendorf nahe des Ammersees der Leichnam einer Frau gefunden, die bereits vor zwei Jahren gestorben war. Der Sohn hat ihren Tod nicht gemeldet.
Die Seniorin war am 1. Juli 2005 im Alter von 92 Jahren gestorben. Ihr 67-jähriger Sohn sagt, er sei zu geschockt gewesen, um etwas zu unternehmen. Stattdessen schloss er einfach nur die Tür zum Zimmer der Mutter, das er offenbar seitdem nicht mehr betreten hat.
Nach den Ermittlungen der Kripo war nach dem Tod der alten Dame sogar der Hausarzt zur Leichenschau gekommen, hat den natürlichen Tod der 92-Jährigen festgestellt und einen Totenschein ausgehändigt. Doch der Sohn meldete den Tod nicht und organisierte auch keine Beerdigung, was eigentlich seine Pflicht gewesen wäre.
Zwei Jahre lang funktionierte das Versteckspiel: Am Mittwoch aber wandte sich eine Bekannte der Familie an das Standesamt in Herrsching und fragte nach dem Verbleib der Seniorin. Die Standesbeamtin stellte Nachforschungen an und fand schließlich über den Hausarzt heraus, dass die Frau vor zwei Jahren eines natürlichen Todes gestorben war.
Nach dem Telefonat kam die Polizei zu dem Haus in der Ortsmitte der etwa 3400 Einwohner zählenden Gemeinde. Der Sohn öffnete die Tür und räumte gleich ein, was passiert war. Dass der Tod der Frau so lange unbemerkt blieb, liegt nach Einschätzung der Polizei daran, dass Sohn und Mutter keine näheren Verwandten haben. Dem 67-Jährigen droht ein Bußgeld, weil er möglicherweise gegen das Bestattungsgesetz und das Personenstandsgesetz verstoßen hat.
Der Tote aus Hitzhofen wurde gestern im Familiengrab auf dem Gemeindefriedhof beerdigt. Außer dem Pfarrer und den Bestattern stand niemand am Grab des 75-Jährigen. Die Familie ließ ihn auch in der allerletzten Stunde allein. Und selbst der Pfarrer war von Bürger- meister Andreas Dirr verständigt worden, damit der katholisch getaufte Mann wenigstens einen kirchlichen Segen erhält.
Xaver G. kannte in der 2500-Seelen-Gemeinde im Altmühltal jeder. Der 75-jährige Rentner war vor seinem Tod täglich im Dorf unterwegs, ging Einkaufen zum Metzger und zum Bäcker. Bis Juli. ¿Dann ist er wochenlang nicht mehr aufgetaucht, und das kam den Nachbarn komisch vor¿, so Bürgermeister Dirr. Die Gemeindeverwaltung fragte bei Xavers Ehefrau nach. Sie habe geantwortet, ihr Mann sei krank, könne nicht laufen und lehne ärztliche Hilfe ab. Man sah ihn aber nicht einmal mehr am Fenster oder auf dem Balkon.
Die Gemeinde schaltete daraufhin das Gesundheitsamt Eichstätt ein. Xaver G. wurde aufgefordert, sich zu melden, was er aber nicht tat. dann fuhren Mitarbeiter des Gesundheitsamts mit der Polizei zu dem Haus an der Hauptstraße in Hitzhofen. In einem Zimmer im ersten Stock des total vermüllten Hauses machten die Beamten die grausige Entdeckung: Der von Maden befallene und teils mumifizierte Leichnam von Xaver G. saß bedeckt nur mit Zeitungspapier auf einem Sessel. Wann der Rentner genau starb, steht noch nicht fest. Ein Gutachten soll die Todesursache klären.
Die Polizei prüft, ob die in schwierigen sozialen Verhältnissen lebende Familie den Tod des Seniors verschwiegen hat, um von der Fortzahlung der Rente zu profitieren
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