Straftaten: Die Kriminellen sind schneller als das Gesetz
Die Zahl der in Bayern verurteilten Straftäter bleibt stabil. Dennoch sieht Justizminister Eisenreich Grund zur Sorge. Vor allem vier Arten von Straftaten nehmen zu.
Eine im Vergleich zu früheren Jahren stabil niedrige Zahl verurteilter Straftäterinnen und Straftäter, aber kräftige Zunahmen bei Hass und Hetze und der Verbreitung von Kinderpornografie: Das ist die Bilanz der Strafverfolgungsstatistik für 2022, die Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) nun vorgelegt hat. Auch die Gewaltkriminalität bei Jugendlichen steigt demnach deutlich.
Die Anzahl der rechtskräftig verurteilten Straftäter aber bleibt mit gut 109.000 auf dem Niveau des Vorjahres. Gut 82 Prozent waren Männer. Der Ausländer-Anteil liegt mit 44,2 Prozent auf dem hohen Niveau der Vorjahre – und deutlich über dem Anteil, den Menschen ohne deutsche Staatsbürgerschaft an der Gesamtbevölkerung ausmachen: 15,5 Prozent.
Die Zahlen der Drogendelikte zeigen die Realität nicht auf
Zwar gibt es laut der Statistik zum Teil deutliche Rückgänge bei schweren Gewaltverbrechen wie gefährlicher Körperverletzung (minus 6,5 Prozent), Totschlag (minus 29,5 Prozent), Mord (minus 25 Prozent) und Vergewaltigung (minus 14,6 Prozent). "Dennoch gibt es Entwicklungen, die Sorge machen", warnte Eisenreich. So stiegen eben die Verurteilungen wegen Verbreitung, Erwerb oder Besitz von Kinderpornografie um 21,1 Prozent auf 676 Fälle. Auch verbreiteten sich in Bayern "Hass und Hetze in erschreckendem Ausmaß", findet der Justizminister: 2022 wurden 297 Täter wegen Volksverhetzung verurteilt – 17,9 Prozent mehr als 2021. Hasskriminalität erhalte offenbar "immer wieder neuen Nährboden", warnte Eisenreich – erst durch Corona, dann durch den Krieg in der Ukraine und nun durch den Nahost-Konflikt. Bayern werde solche Straftaten weiter konsequent verfolgen, kündigte der Minister an: "Der Kampf gegen Hasskriminalität steht ganz oben auf meiner persönlichen Agenda."
Wirkte sich Corona auf die Gewaltbereitschaft Jugendlicher aus?
Im Gegensatz zu einer insgesamt sinkenden Jugendkriminalität über alle Tatbestände hinweg, stieg ausgerechnet die Gewaltkriminalität unter Jugendlichen deutlich an – etwa bei gefährlicher Körperverletzung mit Messern oder Baseballschlägern um 14,7 Prozent auf 477 Verurteilte. Ein großer Teil dieser schweren Straftaten "wird durch eine kleine Gruppe von Intensivtätern und aus der Gruppe heraus verübt", erklärte Eisenreich. Der Anstieg betreffe vor allem die Städte in Bayern. Inwiefern die Corona-Einschränkungen mit der wachsenden Gewaltbereitschaft Jugendlicher zu tun haben oder welche anderen Gründe es dafür gibt, sei bisher unklar: "Es gibt Hypothesen, aber genau wissen wir noch nichts", sagte Eisenreich.
Mit Nachdruck verfolgen will Bayerns Justizminister die Schleuserkriminalität: Hier stieg die Zahl der Verurteilten im Vergleich zu 2021 um 16,2 Prozent auf 525 Fälle. Die Täter gingen zudem immer skrupelloser vor, warnte er: "Diese Straftaten werden bei uns nicht geduldet." Unzufrieden ist Eisenreich mit der Verfolgung von Straftaten im Internet. Trotz einer offensichtlichen Zunahme von Betrug, Sabotage oder dem Ausspähen und Missbrauchen privater Daten gab es 2022 in Bayern nur 19 Verurteilungen wegen Cyber-Straftaten. Bayerns Justizminister fordert deshalb Reformen auf Bundesebene: "Das Strafrecht muss endlich mit der zunehmenden Digitalisierung Schritt halten." Vom Internet-Betrug mit Finanzanlagen über die Verfolgung von Ex-Liebschaften mit Bluetooth-Trackern und Peilsendern bis hin zum Missbrauch von künstlicher Intelligenz mit täuschend echt wirkenden Bildern, Stimmen oder Videos: "Wir stehen am Beginn eines neuen Zeitalters", befürchtet Eisenreich.
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