Hier lagert der große Kostümfundus für die Wertinger Festspiele
Durch Zufall stößt die Fristinger Sopranistin auf die wunderbare Kleidung der Welser Wagner-Festspiele. Zehn davon werden in den Opern und Operetten an der Zusam zu sehen sein.
Sopranistin Annika Egert sitzt auf der Couch im Wohnzimmer. Sie trägt ein rotes, langes Kleid mit floralen Ornamenten, das sich sanft an ihren Körper schmiegt. Das Outfit stammt aus ihrem Fundus von 200 bis 300 Kostümen. Sie alle lagern derzeit im Keller des Fristinger Familienhauses. Das, was sie im Moment trägt, war das Kleid von Elsa, einer Figur aus der Richard Wagner Oper „Lohengrin“. Eine ihrer Traumrollen. „Man hat das Gefühl, dass man wer anderes ist, wenn man es anzieht“, schwärmt die Sopranistin. In wenigen Tagen ist Annika Egert auf den Wertinger Festspielen mit diesem und anderen Kostümen zu sehen und zu hören.
300 Kostüme lagern im Keller der Fristinger Familie Egert
Spontan lässt sie ein paar Töne erklingen. „Gesang kommt nicht nur aus dem Kehlkopf, sondern braucht den ganzen Körper als Stütze“, erklärt Egert. Ihre Stimme erfüllt mühelos den ganzen Raum, während sie wie eine Märchenprinzessin auf der Couch thront. Das Kostüm versetzt sie augenblicklich in die Rolle: „Ich stehe damit ganz anders, aufrechter.“ Nicht alle Sänger haben das Glück, ein federleichtes Kleid zu tragen. Manche Kostüme seien „wahnsinnig schwer, mindestens sieben Kilo“, sagt Egert während sie den Kleiderbügel mühelos hochhält. Die 300 Kostüme lagern im ganzen Haus, vom Keller bis zur Garage. Selbst im Arbeitszimmer und im Garten stehen und liegen Requisiten – martialisch lange Speere und Echthaarperücken, Schuhe und Stiefel. Zehn der 300 Kostüme kann das Publikum bei der „Zauberflöte“ bewundern.
Mutter Petra und Tochter Annika quetschen sich durch die voll bepackten Kleiderwagen im Keller. „Als wir die Kostüme bekamen, haben wir gleich eine kleine Modenschau gemacht", erzählt die 28-Jährige, „viele Kostüme passen wie auf den Leib geschneidert.“ Das ist nicht selbstverständlich, denn es steht keine Kleidergröße in den Kostümen. Nur die Namen von Sängern wie der Österreicherin Petra Maria Schnitzer.
Denn der Fundus stammt von den Richard-Wagner-Festspielen in Wels. Die haben Corona nicht überlebt. Dagegen hat Egert nun ein „großartiges Anfangskapital“. Denn sie und Daniel Schliewa haben ein Ziel: „Musik dahin bringen, wo sie sonst nicht hinkommt.“
Annika Egert und Daniel Schliewa trainieren täglich ihre Stimme
Eigentlich wollte sie als Kind Popsängerin werden. „Ich hatte kaum Berührung mit klassischer Musik“, erzählt Egert. Heute ist das für sie längst Vergangenheit. Annika Egert trainiert zusammen mit ihrem Verlobten, dem Tenor Daniel Schliewa, täglich rund zwei Stunden ihre Stimme. „Das ist wie ein Hochleistungssport, wenn man aufhört zu üben, bleibt man stehen.“ Für die Sopranistin war es ein langer Weg bis zu ihrem Traumberuf. Zwar hat sie „schon immer gesungen“, ihre Mama dazu Klavier gespielt. Auch für eine Blockflöte hat die damals Dreijährige hart gekämpft. Später lernte sie beim Musikverein Donautaler in Fristingen Klarinette. Das war ein Herzenswunsch: „Das haben schon mein Papa und mein Opa gespielt.“ Musik gab es also sehr wohl im Hause Egert. „Meine Oma hat früher so lustige Operettenfilme im Fernsehen angeschaut“, gibt Egert schmunzelnd preis.
Bodenständig hat die Fristingerin zunächst eine Ausbildung zur Informatikerin abgeschlossen. Ein Wissen, das ihr jetzt im Vorverkauf der Wertinger Festspiele nützt: „Ich habe die komplette Website mit Ticketverkauf selbst erstellt.“ Den Instagram-Kanal gibt es erst seit September, aber er hat schon jetzt 2300 Follower. Egerts Verlobter, der Hamburger Tenor Daniel Schliewa, kümmert sich unterdessen um die Probepläne aller Künstler der Wertinger Aufführungen. Die beiden haben sich online kennengelernt und sich durch die Corona-Krise geholfen. „Wir konnten uns gegenseitig Feedback geben“, sagt Egert. Während viele Musikstudenten nur online vorsingen konnten.
Der Vorverkauf für die Wertinger Festspiele läuft gut
Der Vorverkauf für die Wertinger Festspiele läuft gut. Für die kindergerecht, aufbereitete „Zauberflöte“ sind 1300 Karten verkauft. Dort treffen dann durch künstliche Intelligenz (KI) generierte Bilder auf einem riesigen LED-Bildschirm auf die klassischen Kostüme aus Wels. Für kommendes Jahr planen Egert und Schliewa „eine Kinderoper aus verschiedenen Arien mit eigener Geschichte“, verrät Egert. Sie möchte den Menschen in ihrer Heimatregion eine musikalische Bandbreite bieten. Sowohl Kindern als auch älteren Leuten. „Referenz ist immer meine Oma“, sagt Egert. Deshalb stehen auch in diesem Jahr die Operette „Der Vetter aus Dingsda“ mit auf dem Programm und Die drei Soprane. – Die junge Frau findet, dass es nicht immer drei Tenöre sein müssen.
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