
Die Windkraft im Landkreis erhält neuen Auftrieb


Zehn Jahre lang herrschte Flaute beim Ausbau der Windkraft in der Region Dillingen. Doch nun könnten gleich zwei Projekte in naher Zukunft erneuerbare Energie für den Kreis erzeugen.
Die Windkraft hat im Landkreis Dillingen einen schweren Stand. Lediglich zwölf Windkraftanlagen sind im Landkreis in Betrieb. Einer der Gründe ist sicher die mäßige Windhäufigkeit, die dazu führt, dass Windräder im Landkreis relativ hoch sein und auf Anhöhen errichtet werden müssen, um wirtschaftlich Strom erzeugen zu können. Vor allem aber war es in den vergangenen Jahren die 10H-Regelung, die den Ausbau der Windkraft im Landkreis zum vollständigen Erliegen gebracht hat (wir berichteten).
Im November 2014 von der damaligen CSU-Landesregierung unter Horst Seehofer verabschiedet, verpflichtete das Gesetz zu einem Mindestabstand des Zehnfachen der Höhe einer Anlage zur nächsten Wohnbebauung – außer, die Anlage stand in einem Vorranggebiet. Gleichzeitig hat der Landkreis Dillingen für eine ländliche, landwirtschaftlich geprägte Region eine relativ hohe Bevölkerungsdichte von 123 Einwohnern pro Quadratkilometer, viele größere Gemeinden haben weit verstreute Ortsteile. Die Kombination war ungut für den Landkreis, denn mit diesen Rahmenbedingungen wurde die Suche nach Standorten, an denen sich Windkraftanlagen gerechnet hätten, äußerst schwer. So wurde auch seit dem Jahr 2013 in der Region zu den bestehenden zwölf kein Windrad mehr dazugebaut.
Es sollen wieder Windräder im Kreis Dillingen gebaut werden
Doch hinter den Kulissen ist derzeit viel in Bewegung, und es hat den Anschein, als könnte demnächst die Windkraft im Landkreis Dillingen ein Comeback feiern. Einigen Anteil daran könnte die Firma GP Joule haben, die auf dem Maierhof neben dem kleinen Buttenwiesener Weiler Illemad einen Sitz hat. Erst kürzlich wurde diese als erstes schwäbisches Unternehmen in das "Energiewende-Team" des bayerischen Wirtschaftsministers Hubert Aiwanger aufgenommen, dessen Freie-Wähler-Parteikollege Fabian Mehring bezeichnete die Firma als einen "Hidden Champion", einen versteckten Spitzenreiter der Region.
In ihrer zweiten Heimat Buttenwiesen – der eigentliche Firmensitz liegt in Schleswig-Holstein – hat die Firma allerdings bislang mit ihren Windkraft-Plänen auf Granit gebissen. Pläne für den Bau eines interkommunalen Windparks zwischen Ehingen, Kühlental und Buttenwiesen lehnte der Gemeinderat 2020 in einer Kampfabstimmung knapp ab. Auch Bürgermeister Hans Kaltner stimmte gegen das Projekt von GP Joule, obwohl er gegenüber unserer Zeitung betont, dass er deren Expertise für äußerst wertvoll halte.
Und deshalb soll auch ein neuer Versuch gestartet werden: Sollte alles glattlaufen, könnten heuer noch die Genehmigungen erteilt und 2024 mit dem Bau eines interkommunalen Windkraftprojekts zwischen Ehingen, Kühlental und dem Buttenwiesener Ortsteil Wortelstetten begonnen werden, sagt Kaltner. So würde er es sich persönlich wünschen, ein offizieller Zeitplan sei das aber nicht.
Kaltner: Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger ist entscheidend
Kaltner sieht den Knackpunkt beim Bau von Windkraftanlagen in der Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger, die mit deren Anblick vor der Haustüre leben müssen. "Die kommt von alleine, wenn die Leute etwas von den Anlagen haben. Wenn sie direkt beteiligt sind." Das genaue Gegenteil sei derzeit mit den bereits existierenden Anlagen nahe Wortelstetten der Fall. Nachdem diese von einem regionalen Investor verkauft worden seien, wisse man nicht mal genau, wem sie eigentlich gehörten, so Kaltner. Dementsprechend unbeliebt seien die Windräder bei den Buttenwiesern.
Mit dem interkommunalen Windkraftprojekt soll es nun ganz anders laufen. Zwar stehe noch nicht fest, inwieweit die direkten Anwohner bei der Beteiligung bevorzugt und wer überhaupt alles in den Beteiligungsfond einzahlen dürfe. Geplant sei aber eine Hochleistungswärmepumpe, welche zahlreiche Haushalte zentral mit Wärme versorgen und die direkt mit dem Strom aus den Windkraftanlagen sowie aus Photovoltaik betrieben werden solle, sagt Kaltner. "Und genau dadurch unterscheidet sich die Situation von der vor zwei Jahren: Die Bevölkerung muss mitgenommen und einen Vorteil von diesen Anlagen haben."
Auch in Holzheim soll ein Windpark entstehen
Etwas weiter westlich, in Holzheim, laufen ebenfalls Planungen für ein Windkraftprojekt, und auch hier ist GP Joule involviert. Sechs Windkraftanlagen – wenn alles gut läuft, könnten sie sich künftig im Weisinger Forst südlich von Holzheim drehen und nachhaltigen Strom direkt vor Ort produzieren. Das Vorhaben stößt bei den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort auf reges Interesse und Aufgeschlossenheit. Im Weisinger Forst gibt es wahrscheinlich genügend Flächen, auf denen Windenergie produziert werden könnte - derzeit sind noch Gutachten dazu in Arbeit. Auch hier ist es realistisch, dass diese Energie geradewegs für die Versorgung der Leute in der Nähe mit Nahwärme durch eine Großwärmepumpe genutzt wird, wie ein Experte auf einer Gemeinderatsversammlung im Oktober betonte.
Die sogenannte Sektorkopplung gilt unter Expertinnen und Experten als eines der wichtigsten Aufgabenfelder für das Gelingen der Energiewende. Wird dieser Strom für die Erzeugung lokal verfügbarer Wärme (durch "Power-to-heat"-Anlagen) verwendet, lässt sich insbesondere in Herbst und Winter klimaneutral, zuverlässig und kostengünstig Heizkraft bereitstellen.
Sowohl in Buttenwiesen als auch in Holzheim laufen die Planungen, die Gemeinderäte beider Kommunen müssen anschließend über die Vorhaben abstimmen. In Holzheim rechne man allerdings erst mit einer Inbetriebnahme in vier bis fünf Jahren, hieß es in der Präsentation vor dem Gemeinderat im Oktober.
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