Maikundgebung in Höchstädt: DGB fordert mehr Lohn und mehr Freizeit
Zudem macht sich Gewerkschafter Roman Martynez im Höchstädter Schlosshof für eine höhere Tarifbindung stark. Einer fragt, ob das alles finanzierbar sei.
Der Applaus war groß, als Joe Stiller im Höchstädter Schlosshof ein fast 50 Jahre altes Lied anstimmte. „Jetzt wird wieder in die Hände gespuckt, wir steigern das Bruttosozialprodukt“ war ein Hit der Gruppe Geier Sturzflug aus dem Jahre 1978. Es passte zur Veranstaltung, denn ein steigendes Bruttosozialprodukt bedeutet im Regelfall auch steigendes Einkommen. Diesen Aufschwung wollen schließlich alle: Regierung, Arbeitgeber, Arbeitnehmer. Dass dabei aber die Interessen unterschiedlich sind, zeigten die Aussagen von Roman Martynez von der Dienstleistungsgewerkschaft Verdi Augsburg. Bei der Maikundgebung des DGB-Kreisverbandes Dillingen im Höchstädter Schloss forderte Martynez am Mittwoch vor gut 50 Teilnehmenden unter dem Motto "Mehr Lohn. Mehr Freizeit. Mehr Sicherheit" eine „sofortige Tarifwende“.
Der Verdi-Funktionär, zuständig für Gesundheit, Soziale Dienste, Wohlfahrt und Kirchen, machte sich zudem für eine höhere Tarifbindung stark. Nach seinen Aussagen „stehlen sich immer mehr Arbeitgeber aus ihrer sozialen Verantwortung“. Deshalb bräuchte man jetzt diese Tarifwende. Denn sie bringe zahlreiche Vorteile – mehr Geld, bessere Arbeitsbedingungen, sichere Zukunftsaussichten, mehr Lebensqualität. Die Tarifbindung in Deutschland sei allerdings rückläufig. Immer weniger Menschen würden unter dem Schutz eines Tarifvertrags arbeiten. Dieser Entwicklung sagen die Gewerkschaften den Kampf an. Von der Bundesregierung erwarte man ein „bundesweites Tariftreuegesetz“.
Gewerkschaften haben inzwischen "einen guten Zulauf"
Die guten Tarifabschlüsse in den vergangenen Monaten trügen zur Sicherung der Kaufkraft bei. In diesem Jahr stünden Tarifverhandlungen für weiter zwölf Millionen Beschäftigte an. Martynez wies auch darauf hin, dass die Gewerkschaften inzwischen einen „guten Zulauf haben“. Allein in seiner Gewerkschaft Verdi seinen 2023 rund 40.000 neue Mitglieder aufgenommen worden: „Die Menschen erkennen, dass wir gemeinsam mehr erreichen können.“ Der akute Arbeitskräftemangel stärke zudem die Macht der Gewerkschaften. Deutlich warnte der Funktionär davor, dass Streikrecht einzuschränken, wie es von einigen derzeit gefordert werde.
In seiner Tour d’Horizon erinnerte der Verdi-Mann an die Tradition der Gewerkschaftsbewegung seit 1890. Er wies auch darauf hin, dass am 2. Mai 1933 Hitlers SA und ihre Helfershelfer die Gewerkschaftshäuser stürmten und die Gewerkschaften zerschlagen wurden. Drei Jahrzehnte später gewönnen Rassismus und rechtsextremistisches Gedankengut wieder an Boden. Die neue Rechte sitze in Gestalt der AfD wieder in den Parlamenten. Die Gewerkschaften im DGB stellten sich kompromisslos den Feinden der Demokratie entgegen.
Dillinger Landrat: „Man muss das aber auch finanzieren können“
Landrat Markus Müller hatte in seinem Grußwort auf die Bedeutung einer starken Wirtschaft hingewiesen. Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen seien dafür die Basis und das Rückgrat der Wirtschaft. Der aktuelle Fachkräftemangel zeige die Problematik deutlich auf. Bei der Gewerkschaftsforderung „weniger arbeiten“ gab er allerdings zu bedenken: „Man muss das aber auch finanzieren können.“ Höchstädts Bürgermeister Stephan Karg hob die Bedeutung der Gewerkschaften bei der Interessenvertretung der Arbeitnehmer hervor. Wichtig sei dabei eine solidarische Gesellschaft. Werner Hafner, Vorsitzender des DGB-Kreisverbands Dillingen, hatte zu Beginn der Kundgebung die Gäste im Schlosshof begrüßt. Mit dem Arbeiterlied „Brüder zur Sonne, zur Freiheit“, gestaltet von Jo Stiller, der die musikalische Umrahmung besorgte, schloss die Kundgebung des Deutschen Gewerkschaftsbundes zum 1. Mai 2024.
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