
Donau-Ries: CSU-Politiker sehen Söder im Rennen um die Kanzlerkandidatur

Plus Bei der Wahl des CDU-Vorsitzenden geht es indirekt auch um die Frage des Kanzlerkandidaten. Was die hiesigen CSU-Vertreter dazu denken.

Wer in Berlin das Sagen hat, der trifft Entscheidungen, die direkte oder indirekte Auswirkungen auf die entferntesten Kreise und Kommunen haben. Die in den Umfragen dieser Tage recht stabile CDU wählt am kommenden Wochenende ihren neuen Vorsitzenden. Der könnte der künftige Kanzlerkandidat der Union werden. Drei Männer stehen zur Wahl, um digital von 1001 Delegierten bestimmt zu werden: Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen. Hiesige Vertreter der Schwesterpartei CSU verfolgen den Parteitag in diesem wichtigen Wahljahr ebenfalls mit Spannung. Denn eine weitere interessante Frage steht ja noch aus.
Wolfgang Fackler, CSU-Landtagsabgeordneter aus Donauwörth, will den Parteitag ebenfalls aus der Distanz online und im Fernsehen ansehen. Wer für ihn der Favorit unter dem zur Wahl stehenden Trio ist? Dies sei schwierig für die Mitglieder der Schwesterpartei zu beantworten – seit jeher ist es in der Tat ein ungeschriebenes Gesetz, dass man sich gegenseitig keine Vorschriften macht, obwohl das – wie es unter echten Geschwistern eben so ist – trotzdem gang und gäbe ist. Fackler findet Friedrich Merz „nicht unsympathisch“. Der vertrete auch mal konservative Positionen, die ansonsten in Berlin nicht so en vogue seien.
Der CDU-Vorsitzende als Kanzlerkandidat? Nein, das sei kein Automatismus
Zudem verfüge er über wirtschaftliche Expertise und setze sich dem politischen „Mainstream“ auch mal mit unbequemen Positionen entgegen: „Das ist wohltuend, er macht einen guten Eindruck“, sagt Fackler – vor allem das „differenzierte Betrachten“ von politischen Sachverhalten sei bei Merz ausgeprägt. Auch Armin Laschet, Ministerpräsident des einwohnerstärksten Bundeslands Nordrhein-Westfalen, sei sympathisch, er habe eine „menschlich-mitnehmende Art“. Zum Verhängnis könnte Laschet jedoch werden, dass der „es jedem recht machen will“; in einer Pandemie sei dies schwierig, wie der unklare Kurs des NRW-Ministerpräsidenten im Sommer zeigte, als es ein Hin und Her um mehr oder weniger Lockerungen für die corona-geplagte Wirtschaft ging. Norbert Röttgen sei auch für ihn der Überraschungskandidat, sagt Fackler. Er sei einer, der den Politikbetrieb in Berlin bestens kenne. Dass der CDU-Vorsitzende heuer automatisch der Kanzlerkandidat für die gesamte Union werde, das steht für Fackler noch nicht fest. „Das letzte Wort ist dazu noch nicht gesprochen, es wird eine gemeinsame Entscheidung der Schwesterparteien dazu geben.“ Ob Ministerpräsident Markus Söder entgegen dessen Beteuerungen doch noch in den Ring steigt? „Der Parteivorsitzende der CSU spielt in der Kanzlerkandidatenfrage immer eine Rolle“, sagt Fackler diplomatisch. Aber: „Ein Schritt nach dem anderen.“

Landrat Stefan Rößle, ebenfalls ein Christsozialer, hat keinen eindeutigen Favoriten – lässt aber durchblicken, dass er deutliche Sympathien für Armin Laschet hege: Der habe einfach eine „menschliche Art“ und gehöre zu den stets moderat-gemäßigten Akteuren in der Politik. Friedrich Merz indes habe gute Chancen gewählt zu werden, das hätten Mitgliederumfragen und Verlautbarungen aus dem Bereich der Jungen Union zuletzt recht deutlich gezeigt. Auch kommunalpolitische Vertreter favorisierten oftmals Merz, wie Rößle berichtet, der im Bundesvorstand der kommunalpolitischen Vereinigung der Union sitzt.

Auch Rößle nennt konservative Werte und ökonomischen Sachverstand als zwei gewichtige Pfeiler, die bei vielen Delegierten für Merz sprächen. Derweil sei Markus Söder als möglicher gemeinsamer Kandidat in spe von CDU und CSU „definitiv im Rennen“. Rößle fände es zwar besser, wenn Söder in Bayern bliebe, aber letzten Endes würden doch die Umfragen in der „K-Frage“ eine bedeutende Rolle spielen. In puncto Söder gehe es dennoch auch um Glaubwürdigkeit in der Politik: Der Ministerpräsident hatte immer wieder beteuert, sein Platz sei in Bayern. Auch bei seinem Besuch in Donauwörth im Sommer dieses Jahres betonte er dies.

Der Nördlinger Bundestagsabgeordnete Ulrich Lange will sich nicht eindeutig hinter einen der drei Kandidaten stellen: „Wir hatten vor einiger Zeit in der CSU ebenfalls eine nicht ganz einfache Nachfolgefrage unseres Parteivorsitzes zu klären. Wie unter Schwesterparteien üblich, hat sich die CDU nicht in unsere Angelegenheiten eingemischt. Daher halte ich es auch jetzt für wichtig, dass die CDU diese Frage ohne unsere Einmischung klären kann.“ Wer Kanzlerkandidat wird, „darauf werden sich CSU und CDU verständigen müssen“.
Also doch Söder? „Ich möchte so viel sagen: Söder ist ein starker Ministerpräsident und hat in den letzten Monaten viele Menschen sehr überzeugt.“
Delegierte von der Ostalb sind Teil der Entscheidung um den CDU-Vorsitz
Definitiv nicht nur am Spielfeldrand agiert Roderich Kiesewetter beim digitalen Parteitag. Der Aalener Bundestagsabgeordnete ist Vorsitzender des CDU-Kreisverbandes Ostalb. Sein baden-württembergischer Landesverband gilt als einflussreich, schon im Februar 2020 hatte sich die Stuttgarter Parteispitze für Merz positioniert. Kiesewetters Entscheidung wird jedoch eine andere sein: Unter anderem dessen Erfahrung als Bundesminister geben für ihn den Ausschlag zugunsten von Norbert Röttgen. Doch eine Vorgabe an die anderen Delegierten seines Kreises sei daraus nicht abzuleiten.
Insgesamt sechs CDU-Mitglieder aus Ostwürttemberg sind stimmberechtigt, die Entscheidung jedem bewusst selbst überlassen, sagt Kiesewetter. Das Selbstverständnis der Partei sei das als „letzte Volkspartei“, die christlich-soziale, liberale und konservative Strömungen vereine. Entscheidend für den neuen Vorsitzenden sei, wie gut genau das gelinge. Alle drei Kandidaten hätte das Zeug zum Kanzler, sagt der 58-Jährige. Klar sei jedoch: Nach 16 Jahren Angela Merkel „kommt eine Zäsur auf uns zu“. (mit cup)
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