
Drogenhandel in Wemding: Der falsche Mann auf der Anklagebank

Plus In einem Prozess in Nördlingen muss sich ein vermeintlicher Drogenhändler verantworten. Es kommt zu einer überraschenden Wendung.

Der Mann auf der Anklagebank beteuert seine Unschuld: „Ich habe schon viele Sachen angestellt, aber damit habe ich nichts zu tun. Ich habe mein Leben komplett neu geordnet, kümmere mich um meine Familie und gehe meiner Arbeit nach.“ Doch die Vorwürfe, die in dem Prozess vor dem Schöffengericht in Nördlingen gegen den 32-Jährigen aus dem Donau-Ries-Kreis erhoben werden, wiegen schwer. Er soll mit Drogen gehandelt haben. Weil der Angeklagte vorbestraft ist, droht ihm Gefängnis. Doch schon wenige Minuten später gibt es in dem Fall eine überraschende Wendung, die in dieser Art in einem Gerichtssaal wohl selten vorkommt.
100 Gramm Amphetamin in Wohnung in Wemding "gebunkert"
Der Fall spielt in Wemding und Umgebung. In der Stadt findet die Polizei Ende 2019 bei der Durchsuchung der Wohnung eines 23-Jährigen Rauschgift. Der junge Mann nennt den Beamten den Namen eines Mannes. Der soll bei ihm 100 Gramm Amphetamin „gebunkert“ haben. Die Drogen seien für den Verkauf an verschiedene Abnehmer bestimmt gewesen. Von dem Mann habe er ein anderes Mal für 70 Euro Amphetamin gekauft und bei einem Fußballturnier 30 Gramm Marihuana erhalten, um dieses weiterzuverkaufen.
Die Polizei nimmt Ermittlungen gegen den Angeschwärzten auf. Diese führen zu einer Anklage wegen Rauschgifthandels. In der Verhandlung weist der 32-Jährige jede Schuld von sich. Er sei aus allen Wolken gefallen, als seine Wohnung im vorigen Jahr durchsucht worden sei. Die Vorwürfe seien für ihn und seine Angehörigen sehr belastend.
Vorsitzende Richterin Ruth Roser startet die Beweisaufnahme. Der Hauptbelastungszeuge betritt den Saal – und stutzt, als er den Angeklagten erblickt: „Ich bin verwirrt, denn ich habe jemanden anders erwartet.“ Er kenne den 32-Jährigen nur vom Sehen. Der habe ihm beim Weihnachtsmarkt 2019 in Wemding geholfen, als er bei einem Streit dazwischengegangen sei und die Situation beruhigt habe. Er kenne nicht einmal den Namen des Mannes.
Wer ist der "König von Wemding"?
Der Drogenlieferant sei ein anderer. Der habe sich als „König von Wemding“ vorgestellt, der alles besorgen könne. Die Aussagen des 23-Jährigen bringen das Gericht und Staatsanwalt Marius Lindig zum Staunen. Ein Polizist, der den jungen Mann im Zuge der Ermittlungen im Frühjahr 2020 vernommen hat, berichtet, der 23-Jährige habe damals ausdrücklich den Namen des Angeklagten gesagt: „Daraufhin sind die Ermittlungen gegen diesen angelaufen.“ Vorsitzende Richterin Roser fragt den Oberkommissar, ob er weitere Personen mit diesem Namen kenne. Der Beamte verneint.
So findet der Prozess ein schnelles Ende. Staatsanwalt Lindig erklärt, er habe zwar einige Zweifel an den Schilderungen des 23-Jährigen, die Sachlage lasse aber eine Verurteilung des 32-Jährigen nicht zu. Die einzig mögliche Konsequenz: ein Freispruch. Dies sieht auch Verteidiger Max-Hermann Jäger so. Nach kurzer Beratung kommt das Schöffengericht ebenfalls zu diesem Schluss.
Demnächst schon wieder vor Gericht - als Zeuge
Der 32-Jährige verlässt den Saal als freier Mann, muss aber schon bald wieder dort erscheinen. Dann steht die Verhandlung gegen den 23-Jährigen an – und der vermeintliche Drogenhändler wird als Zeuge gehört. Zur Herkunft des Stoffs wird er nach aktuellem Stand nichts sagen können.
Lesen Sie auch:
Die Diskussion ist geschlossen.