Der Mittelstand im Landkreis Donau-Ries ist im Krisenmodus
Krisen über Krisen: Energiekosten steigen, Material ist knapp, Aufträge drohen einzubrechen. Mittelständische Unternehmen aus der Heimat leiden darunter, überlegen sich aber auch Lösungen.
Um im Wasser Bagger zu bewegen, die zehn Meter hoch und 30 lang sind, dazu 100 Tonnen wiegen, ist jede Menge Energie notwendig. Dass die Preise dafür in den vergangenen Monaten in astronomische Höhen geschossen sind, stellt Oliver Klauser vor Probleme. Seit 20 Jahren ist er Chef des Kieswerkes Klauser-Wensauer in Bäumenheim. Eine Krisensituation wie die aktuelle habe er noch nicht erlebt, sagt er. Auch Material und Ersatzteile werden teurer. Mittelständische Unternehmen im Landkreis Donau-Ries trifft das hart. Dabei sind es nicht die einzigen Krisen. Lieferengpässe und Personalmangel, Probleme, die zu Zeiten der Corona-Lockdowns immer stärker wurden, machen einigen noch zu schaffen.
Viele Kieswerke gehören zum bayerischen Mittelstand
20.000 Tonnen Kies baut Klausers Unternehmen im Monat ab. Dafür sind 50.000 Kilowattstunden Strom nötig, außerdem jede Menge Diesel für die Fahrzeuge und Heizöl für Aggregate. Beim Diesel ist der Preis in den vergangenen zwölf Monaten um mehr als 30 Prozent gestiegen. Extremer ist es beim Strom. Für dieses Jahr habe er einen bestehenden Vertrag, sagt Klauser. Für die Zeit danach rechnet er mit einer Vervier- bis Verfünffachung des Preises. "Ich hoffe verzweifelt auf einen Strompreisdeckel", sagt der Unternehmer.
Die Kostenexplosion wird auch immer mehr zum Problem für Häuslebauerinnen und Häuslebauer. Das Material wird teurer und teurer. Schon jetzt werden Grundstücke zurückgegeben, weil die Baukosten zu stark gestiegen seien, sagt Klauser.
Lieferengpässe machen Unternehmen im Donau-Ries zu schaffen
Lieferengpässe bei Ersatzteilen für die großen Maschinen machen die Lage noch dramatischer. "Es ist schon vorgekommen, dass Kollegen bei einer Bestellung eine Wartezeit von 56 Wochen hatten", sagt der Unternehmer. Üblich seien rund zehn Wochen.
Immerhin: Einen Teil des Stroms für den großen Bagger wird Klausers Unternehmen bald selbst erzeugen. Mit 600 Quadratmetern schwimmenden Solar-Feldern auf dem firmeneigenen Baggersee. Einen Prototyp gibt es bereits, die große Version wird gerade entwickelt.
Die Unsicherheit in der Baubranche spürt auch das Donauwörther Ziegelwerk Stengel. Juniorchef Johannes Stengel berichtet von Bauunternehmen, die bei ihm große Mengen an Ware auf Vorrat bestellen, weil sie befürchten, dass die Preise explodieren. "Die würden mir am liebsten den Hof leer räumen", erzählt er.
Das klingt amüsant, doch zum Lachen zumute ist keinem mehr. Stengel wird seine Preise zwar bis Ende des Jahres nicht verändern. Doch er sagt: "Die Unsicherheit, wie es weitergeht, ist Gift für die Wirtschaft: Kunden, Bauunternehmer, Großhändler - alle fürchten weiter steigende Preise."
85 Mitarbeiter hat Stengel in Donauwörth und Neuburg. Für seine Produktion verbraucht er pro Jahr unvorstellbare 35 Millionen Kilowattstunden Gas. "Unser Ofen geht nie aus", sagt er bei der Tour durchs Werk. Deshalb wäre auch eine Rationierung von Gas nicht möglich. "Entweder wir produzieren auf Volllast - oder gar nicht. " Bei 880 Grad Hitze werden aus den Lehmformen die typischen Ziegelsteine gebrannt.
Die Firma Stengel setzt immer mehr auf alternative Energiequellen
Stengel hat die vergangenen Jahre bereits viel umgerüstet: Gabelstapler fahren elektrisch, die Abwärme des Brennofens wird noch effektiver genutzt. Er plant, eine Biogasanlage zu bauen, in der er Holzpaletten - sie gelten bisher als Abfall - verwerten kann. Doch das braucht noch Vorarbeiten. Für jetzt hat Stengel das Glück, dass er auf Flüssiggas setzen kann. Eine alte Butan-Gas-Anlage im Werk wurde reaktiviert. Statt Gas aus der Leitung kommt jetzt dreimal die Woche ein Tanklaster aus Ingolstadt. "So ist das Gas nur dreimal teurer statt zehnmal", sagt Stengel. Langfristig sieht er Wasserstoff als Energie der Zukunft.
Erwin Gufler ist Schreinermeister und Geschäftsführer der Wörnitzostheimer Firma Herrmann, die Möbel herstellt und Inneneinrichtungen baut. 37 Menschen arbeiten hier. Auch dieses Unternehmen bekommt die steigenden Energiepreise, vor allem beim Strom, zu spüren. Alle Branchen treffe die Krise unterschiedlich, und sogar innerhalb des gleichen Handwerks seien nicht alle gleichermaßen betroffen, betont Gufler. Aber betroffen sind alle. Ein Problem: "Wir können die Kosten nicht voll durchreichen." Es gebe etwa Aufträge, die vor einem halben Jahr mit fixen Preisen vergeben wurden, aber erst jetzt ausgeführt werden können. Auf den Mehrkosten beim Material bleibt der Handwerker sitzen.
Einen Vorteil hat Guflers Unternehmen beim Heizen. Das Material dafür liefern Holzreste, die ohnehin übrig bleiben. Das macht die Firma Herrmann zumindest in diesem Bereich unabhängig von rasant steigenden Preisen.
Von der Politik fordert Gufler wie so viele seiner Mittelstandskollegen Kontinuität statt vorübergehende Maßnahmen wie Tankrabatt und Neun-Euro-Ticket. "Um die erneuerbaren Energien werden wir nicht herumkommen. Aber man kann erst ein Kraftwerk abschalten, wenn man einen Ersatz hat." Trotz allem Grund zur Sorge ist es Gufler wichtig, Optimismus zu bewahren. "Wir müssen schauen, dass wir miteinander durch diese Krisen kommen."
Die Diskussion ist geschlossen.