Wie Naturschützer die Wiesen für den Brachvogel verändern
Der Brachvogel hatte 2023 ein gutes Jahr. Damit es auch so weitergeht, passen Naturschützer die Umgebung in der Mertinger Höll speziell an.
Während das Hochwasser im Dezember vielerorts für Bedenken sorgt, freuen sich vier Männer besonders darüber. Sie stehen auf einem Schotterweg in der Mertinger Höll und blicken auf die überfluteten Wiesen, in denen das Wasser zum Teil knöcheltief steht. "Wenn es immer so nass wäre wie jetzt, bräuchte es das alles nicht", sagt Anton Burnhauser. Der Rentner beschäftigt sich wohl mit am längsten mit dem Schutz des Brachvogels und anderen Wiesenbrütern im Kreis Donau-Ries. Damit der Wunsch von Burnhauser näher an die Realität kommt, hat er, zusammen mit anderen Naturschützern, einiges an Mühen aufgewendet.
Bereits 2019 setzte der Bund Naturschutz die ersten Maßnahmen in der Mertinger Höll um, um den Lebensraum noch besser für den Brachvogel zu gestalten. Alexander Helber, Kreisvorsitzender der Gruppe Donau-Ries des Bund Naturschutz in Bayern, hat bei den Veränderungen geholfen. "2019 haben wir Gebüsche entfernt und auch einiges an Müll herausgefischt", sagt Helber. Der Brachvogel bevorzuge lieber offene Flächen, denn in den Sträuchern könnten sich Fressfeinde aufhalten.
Brachvogel nimmt weniger Gebüsch im Mertinger Ried gut an
Neben Helber und Burnhauser sind auch Rudolf Schubert und Michael Oblinger bei dem Ausflug in die Mertinger Höll dabei. Schubert ist begeisterter Vogelschützer und zweiter Vorsitzender der Kreisgruppe Donau-Ries des Bund Naturschutz. Er sagt: "Immer wenn etwas entfernt wurde, merkt man, wie sich die Wiesenbrüter tummeln." Der Vorteil an dem Gebiet speziell bei Mertingen sei, dass der Brachvogel dort viel Platz habe, um sich zurückzuziehen. So würden ihn auch Spaziergänger oder Radfahrerinnen nicht stören, solange sie sich an den Weg halten und nicht stehen bleiben.
Die Mertinger Höll umfasst ein Gebiet von etwa 1500 Hektar, dem Bund Naturschutz gehören davon knapp 180 Hektar. Diese Flächen hängen nicht zusammen. "Die meisten Maßnahmen gehen nur, weil wir die Flächen besitzen", sagt Schubert, "nur dann kann man beeinflussen, was da passiert". Michael Oblinger, Gebietsbetreuer im östlichen Donau-Ried und ebenfalls vom Bund Naturschutz, erklärt, wie es mit einigen der Wiesen weiterging, aus denen die Büsche entfernt wurden: "Das Ziel war es, eine Streuwiese anzulegen. Die wird nur einmal im Jahr gemäht". Der Vorteil: Dieser Wiesentyp sei lückig, das heißt die Pflanzen stehen in größerem Abstand nebeneinander. Das sei besonders wichtig für die jungen Brachvögel, die noch nicht fliegen können. Durch die seltene Mahd und viele Spätblüten biete diese Wiese zudem auch einen Lebensraum für Insekten.
Mulden dienen für Nahrung und Schutz der Wiesenbrüter
Generelles Ziel sei eine extensive Nutzung der Flächen, also ein Stück Land, in dem die Naturschützer nur wenige Eingriffe vornehmen. Burnhauser erläutert: "Das Gebiet hat durch die Entbuschung gewonnen, die Wiesen sind jetzt der Feinschliff". Dennoch sei es ein Prozess. Rudolf Schubert ergänzt: "Wir sind noch lange nicht im Idealzustand. Naturschutz ist eine Geduldsaufgabe".
2021 begannen die Naturschützer zusätzlich damit, spezielle Mulden in die Erde zu graben. "Die sind Nahrung und Deckung für den Brachvogel", sagt Burnhauser. Die Vertiefungen sind zwischen fünf und acht Meter breit und etwa 40 Zentimeter tief. Auf einer Länge von knapp 250 Metern baggerten die Naturschützer insgesamt neun Senken. Michael Oblinger betont: "Die Mulden werden nicht mit dem Grundwasser gefüllt, sondern es ist nur das Niederschlagswasser." Bei den Arbeiten würde die Lehmschicht nicht durchgebaggert.
Doch mit den derzeitigen Maßnahmen ist nicht alles dafür getan, dass sich der Brachvogel und andere Wiesenbrüter im Landkreis wohlfühlen. "Die Mulden funktionieren sofort, die Wiesen dauern ein paar Jahre bis sie so sind wie geplant", erklärt Burnhauser. Zudem blieben ein großer Anteil der entwickelten Flächen ein "Pflegefall". Michael Oblinger ergänzt: "Die Organisation ist ein größerer Aufwand. Man muss die Flächen permanent im Auge behalten." Zwar lernen die Naturschützer immer dazu, aber der Klimawandel bereite ihnen Kopfzerbrechen für zukünftige Verbesserungen im Wiesenbrüter-Gebiet.
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