Ex-Profi Robert Strauß: Vom Platz ins Funktionärsgeschäft
Der Großsorheimer Robert Strauß arbeitet seit seinem Karriereende im Management des 1. FC Heidenheim. Ein Gespräch über seine heutigen Aufgaben, die Euphorie um den Bundesliga-Aufstieg und die Entwicklung des FCH.
Nach Ihrem Karriereende als Fußball-Profi im Sommer 2020 wurden Sie Assistent des Vorstands, jetzt heißt die Position Bereichsleiter Sport. Was sind dabei Ihre Aufgaben?
Robert Strauß: Mein Aufgabenfeld ist relativ vielseitig. Das macht es aber gerade auch spannend und interessant. Es ist ganz grob in zwei Teile untergliederbar. Auf der einen Seite ist der Lizenzspielerbereich. Zu den Hauptaufgaben gehören hier unter anderem das Vertragswesen im Lizenzspielerbereich, der regelmäßige Kontakt mit Spielervermittlern, die Kaderplanung im Lizenzspielerbereich in Abstimmung mit dem Cheftrainer Frank Schmidt und dem Vorstandsvorsitzenden Holger Sanwald, das regelmäßige Abstimmen mit unseren Scouts über potenzielle Neuzugänge, die Analyse von Daten in Bezug auf potenzielle Neuzugänge, das Verwalten der Transfersysteme TOR (DFL) und TMS (FIFA) sowie die Begleitung der Lizenzspielermannschaft zu ihren Spielen. Auf der anderen Seite steht der Bereich des Hartmann-Nachwuchs-Leistungs-Zentrums (NLZ). Hier bin ich verantwortlich für die Leitungsebene und für die Koordination der wichtigen Themen zur Vorstandsebene. Das Führen von Personalgesprächen, die Prüfung der Arbeitsverträge, aber auch die Identifizierung von jungen Talenten in Zusammenarbeit mit der Leitung des NLZ sind hier weitere Tätigkeitsfelder.
Wie kann man sich einen typischen Arbeitstag vorstellen? Sind Sie auch bei den Heim- und Auswärtsspielen mit eingebunden?
Strauß: Es gibt im Fußball kaum typische Arbeitstage. Alles ist geprägt durch eine Mischung aus tagesaktuellen und strategischen Aufgaben. Eines ist klar: Man braucht Zeit und Flexibilität dafür. Hier muss ich mich vor allem bei meiner Familie und zuvorderst bei meiner Frau Diana bedanken, die mich immer unterstützt und mir den Freiraum für die zeitintensive Arbeit gibt. Eine der wichtigsten Aufgaben für mich ist das Begleiten der Lizenzspielermannschaft zu ihren jeweiligen Spielen. Auf diese Highlights arbeiten wir alle unter der Woche hin und als Bereichsleiter Sport ist es extrem wichtig, vor Ort zu sein und alle Eindrücke der jeweiligen Begegnung mitzuerleben. Ein Spiel im Stadion ist ein ganz anderes Erlebnis als zu Hause am TV-Bildschirm und es ist für mich wichtig, die Leistung der Mannschaft zusammen mit Cheftrainer Frank Schmidt und Vorstandsvorsitzenden Holger Sanwald vor Ort im Gesamtkontext zu beurteilen.
Trainieren Sie hin und wieder noch bei der Mannschaft mit oder wie halten Sie sich seit dem Karriereende fit?
Strauß: Erstens würde das mein eigener Fitnesszustand nicht zulassen und zweitens bin ich bei der direkten täglichen Arbeit auf dem Platz nicht involviert. Dies ist klar die Aufgabe unseres Cheftrainers. Hier gilt es für uns als Verein jedes Störgeräusch zu vermeiden, sodass sich unsere Mannschaft voll auf ihre Aufgabe konzentrieren kann. Diese lautet Spiele zu gewinnen und Punkte zu sammeln. Aus diesem Grund haben wir im Profibereich auch keine Trainingsgäste auf dem Platz. Seit meinem Karriereende habe ich mich, ehrlich gesagt, aus Zeitgründen kaum fit halten können. Der Job, meine Familie und ein (mittlerweile abgeschlossenes) paralleles Fernstudium haben mich voll ausgelastet. Die mir verbleibende freie Zeit verbringe ich fast ausnahmslos mit meiner Frau und meinen beiden Kindern.
Im Mai gelang dem FCH in einem dramatischen Finale der erstmalige Aufstieg in die Bundesliga. Wie haben Sie diese Tage und die Wochen seither wahrgenommen?
Strauß: Ich saß auf der Tribüne neben Holger Sanwald inmitten zahlreicher FCH-Mitarbeiter und -Fans. Dieser Tag, der 28. Mai 2023 in Regensburg, wird allen Menschen rund um den FCH für immer in Erinnerung bleiben. Ich bekomme heute noch Gänsehaut, wenn ich an den unglaublichen Spielverlauf denke mit zwei Toren in der Nachspielzeit, die uns zum Meistertitel in der 2. Bundesliga führten. Am nächsten Tag gab es eine unvergessliche Meister- und Aufstiegsfeier in der Voith-Arena mit 13.000 FCH-Fans. Aber schon einen Tag später begann die Vorbereitung unserer ersten Bundesligasaison. Seitdem ist ein riesiger Hype rund um den FCH entstanden. Beispielsweise Ticketnachfrage, Mitgliederzahl und Merchandising-Nachfrage haben für uns bisher ungeahnte Dimensionen angenommen. Unsere Aufgabe ist es, nun alles dafür zu tun, diese Begeisterung aufrecht zu halten. Dazu brauchen wir zuallererst eine Mannschaft, die in der Bundesliga konkurrenzfähig ist. Daran haben wir in den vergangenen Tagen und Wochen gemeinsam gearbeitet.
Mit einem 0:2 beim VfL Wolfsburg und einem unglücklichen 2:3 zuhause gegen Hoffenheim begann nun die Bundesliga und dabei zahlte die Mannschaft viel Lehrgeld. Wie schätzen Sie die Chancen auf den Klassenerhalt ein?
Strauß: Eigene Fehler werden im Fußball-Oberhaus eiskalt ausgenutzt, das hat man jetzt ganz deutlich gesehen. Dennoch ziehen wir auch viel Positives aus diesen beiden Begegnungen. Wir haben gesehen, dass wir durchaus mit einem Team wie Wolfsburg mithalten können, das nach meiner Einschätzung um die internationalen Plätze mitspielt. Diese Eindrücke geben uns viel Mut und Zuversicht für die kommenden Aufgaben. Wenn wir unsere eigenen Fehler minimieren, den Respekt vor großen Namen von Spielbeginn an ablegen und unsere eigenen Stärken auf den Platz bringen, dann glaube ich fest daran, den Klassenerhalt erreichen zu können.
Als Sie 2012 nach Heidenheim kamen, spielte der Verein in der 3. Liga. Nun ist man in der Bundesliga angekommen und Trainer Frank Schmidt schießt im Sportstudio auf die Torwand. Sie haben diese Entwicklung begleitet, war dies vor gut einem Jahrzehnt irgendwie absehbar?
Strauß: 2012 waren wir ein Verein in der Dritten Liga mit der Vision und dem Ziel, in die Zweite Bundesliga aufzusteigen. Unsere große Stärke damals (wie auch heute) war der riesige Zusammenhalt im gesamten Verein. Jeder, der Teil dieser FCH-Reise sein wollte und alles für den Verein gab, war herzlich eingeladen, dabei zu sein. Aus diesem Grund haben wir damals alle an den möglichen Aufstieg in die Zweite Bundesliga geglaubt. Auch die folgenden Jahre gab es bei uns zu keiner Zeit Zweifel, das danach neu ausgerufene Ziel, Klassenerhalt in der Zweiten Bundesliga, zu erreichen. 2012 war die Bundesliga aber noch ein gutes Stück entfernt und davon zu sprechen, dass sie damals absehbar war, wäre mit Sicherheit absolut nicht richtig. Dennoch hatte ich persönlich von Anfang an das Gefühl, dass aufgrund der hier handelnden Personen Großes möglich ist. Spätestens mit der knapp verlorenen Relegation um den Bundesliga-Aufstieg 2020 mit zwei Unentschieden gegen Werder Bremen war allen klar, dass wir beim FCH, trotz der beinahe jährlichen Abgänge unserer Top-Leistungsträger, in einer perfekten Saison am Aufstieg in die Bundesliga schnuppern können. Diese perfekte Saison haben wir dann zu unserer aller Freude 2022/23 gespielt.
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