Kellner oder Drogenkurier?
Augsburg War er wirklich nur ein Kellner - oder ist er doch in Drogengeschäfte der Mafia verwickelt? Sandro Rizelli* (28) stammt aus Locri, einer Kleinstadt an der Stiefelspitze Italiens. Der Ort liegt direkt am Meer, er gilt als schönes Seebad. Doch er ist auch eine Hochburg der Ndrangheta, einer mächtigen, süditalienischen Mafiaorganisation. Zuletzt lebte Rizelli in Schwabmünchen, seit Ende März sitzt er in Untersuchungshaft.
Die Ermittler sind überzeugt davon, dass Rizelli als Drogenkurier gearbeitet hat. Im März tauchten Fahnder der Augsburger Polizei bei ihm zu Hause in Schwabmünchen auf, durchsuchten seine Wohnung und verhafteten ihn (wir berichteten). Geständig ist der 28-Jährige auch nach mehreren Wochen im Gefängnis nicht. Er bestreitet offenbar vehement, in illegale Drogengeschäfte verwickelt zu sein. "Mein Mandant gibt an, dass er lediglich als Kellner gearbeitet hat", sagt sein Rechtsanwalt Michael Weiss auf Anfrage.
Rizelli ist bislang der einzige Verdächtige aus dem Großraum Augsburg, bei dem im Zuge der aktuellen Mafia-Ermittlungen die Handschellen klickten. Weitere elf Verdächtige wurden Ende März ebenfalls verhaftet, sie lebten aber in Oberbayern. Auch die Umschlagplätze für die Drogen, es geht in erster Linie um Kokain, lagen in diesem Fall offensichtlich nicht in Augsburg, sondern in Oberbayern. Sandro Rizelli soll, so der Verdacht der Ermittler, ein Rad im System des Kokainhandels gewesen sein. Die weiße Droge wurde offenbar zunächst mit dem Auto von Süditalien nach Deutschland gebracht. Als Umschlagplätze dienten dann italienische Lokale.
Sandro Rizelli soll für seine Geschäfte meist ein Restaurant in Erding aufgesucht haben. Er fungierte demnach als eine Art "Zwischenhändler". Er war, so der Verdacht, dafür zuständig, dass das Kokain in Bayern zu den Dealern kam, die die Drogen dann an die Konsumenten verkauften. Die Ermittler gehen davon aus, dass sie dem Italiener mehrere Fälle nachweisen können, in denen er jeweils mit Kokaingemisch von bis zu einem Kilo unterwegs war. Gelingt der Beweis dafür vor Gericht tatsächlich, dann droht dem 28-Jährigen eine jahrelange Zeit hinter Gittern.
Im Vergleich zu anderen Verdächtigen, die bei der Aktion gegen die Ndrangheta verhaftet wurden, ist Sandro Rizelli offenbar ein eher kleines Licht. Er gehörte wohl nicht zum engeren Kern der Gruppe, der das Geld einsammelte und zu den Hinterleuten nach Süditalien brachte. Die Ndrangheta gilt als die brutalste unter den italienischen Mafia-Organisationen. Sie basiert besonders stark auf der Blutsverwandtschaft ihrer Mitglieder. Jungen Leuten fällt es auch deshalb sehr schwer, sich dem Einfluss des Clans zu entziehen. Schlagzeilen in Deutschland machte die Ndrangheta vor allem im Jahr 2007, als in einem Restaurant in Duisburg sieben Menschen erschossen worden. Offenbar ein Racheakt. Einer der mutmaßlichen Schützen steht seit wenigen Tagen vor Gericht. Der Prozess findet in Locri statt, der Heimat von Sandro Rizelli.
Mutmaßlicher Killer nutzte Augsburg als Rückzugsort
In Augsburg scheint die Ndrangheta - abgesehen von der aktuellen Festnahme - derzeit kein größeres Thema zu sein. Dass es aber auch hier mafiöse Strukturen gibt, bezweifeln Insider bei der Polizei nicht. Augsburg diente in der Vergangenheit auch schon einmal als Rückzugsort für einen mutmaßlichen Killer der Ndrangheta. Der Mann lebte in der Fuggerstadt völlig unauffällig mit seiner Familie. In Italien soll er aber mehrere Morde begangen haben. Der Mann wurde im Jahr 2001 von Spezialkräften der Polizei in seiner Wohnung in der Innenstadt festgenommen und später nach Italien ausgeliefert. *Name geändert
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