
Ins Eis eingebrochen: So haben die Retter den Einsatz am Weitmannsee erlebt

Plus Am Samstag bricht ein 50-Jähriger durch die Eisdecke des Weitmannsees in Kissing. Auch seine Frau muss gerettet werden. Helfer berichten über den Einsatz.

Gefrorene Seen können tückisch sein. Das hat sich am Samstag in Kissing am Weitmannsee gezeigt. Ein Ehepaar brach durch die Eisdecke und musste mit Unterkühlungen ins Krankenhaus gebracht werden. Stefan Paul vom DLRG Kreisverband Augsburg und Aichach-Friedberg zog die 50-Jährige aus dem eiskalten Wasser.
Mit drei weiteren Kollegen habe er an dem Tag Dienst am Weitmannsee gehabt, wie er berichtet. Er selbst habe mit einem weiteren Ehrenamtlichen im Stützpunkt am Westufer die Stellung gehalten, während die zwei anderen am Seesteg nach dem Rechten sahen. Etwa um 14.15 Uhr sei dann im Stützpunkt die Nachricht eingegangen, dass zwei Leute auf dem Eis eingebrochen seien. Also habe Paul sich sofort in das Einsatzfahrzeug gesetzt und sei in Richtung der Einbruchsstelle gefahren. "Unterwegs habe ich noch die Leitstelle informiert, die aber auch bereits einen Anruf bekommen hatte."
Unfall Kissing: Zwei Frauen ziehen 50-Jährigen aus dem Weitmannsee
In dieser Zeit hätten bereits zwei Passanten mit Unterstützung seiner DLRG-Kollegen vom Steg den 50-jährigen Mann aus dem Wasser gezogen. Laut dem Rettungsschwimmer nutzten sie unter anderem eine Holzleiter, die für Notfälle am Ufer bereitsteht. "Die Frau lag zu dieser Zeit flach auf dem Eis, um das Gewicht möglichst breit zu verteilen", sagt Paul. Der Rettungsschwimmer habe sich auf einem aufblasbaren Rettungsschlitten, ähnlich einem Schlauchboot, zu ihr vorgearbeitet - soweit es ging. Eine Kollegin Pauls habe ihn dabei eingewiesen. "Das Eis war da schon sehr dünn", sagt Paul. Mit einem Wurfsack sei es ihm gelungen, die 50-Jährige zu sich zu ziehen. Dabei sei dann auch das Eis um die beiden herum eingebrochen. Die Feuerwehr Kissing habe sich aber derweil mit einem Aluminiumboot zu der Einbruchstelle vorgearbeitet und darin die 50-Jährige und die Retter letztlich ans Ufer gebracht. "Dort ist dann die Frau an den Rettungsdienst übergeben worden."
Matthias Rawein, Kommandant der Freiwilligen Feuerwehr Kissing, erklärt, dass er und seine Kameraden ein Flachwasserschubboot genutzt hätten, um die Frau und die DLRG-Leute aus dem See zu holen. "Das hat Rollen und schwimmt einfach, wenn das Eis einbricht." Das sei dann auch am Ende, kurz bevor die Feuerwehrleute die Rettungsstelle erreicht hatten, passiert: Das Boot brach zur Hälfte durch die Eisdecke. Mit einem langen Seil hätten es die Feuerwehrleute vom Ufer aus wieder an Land gezogen. "Die Zusammenarbeit zwischen DLRG, Wasserwacht und Feuerwehr hat hervorragend funktioniert", sagt Rawein. Was dem Kommandanten aber übel aufstieß, war das Verhalten einiger Schaulustiger. "Schon beim Einsatz sind die Leute zum Teil nicht zur Seite gegangen", sagt er. Als die Feuerwehr dann in Absprache mit der Polizei und dem Bürgermeister Spaziergänger anwies, die Eisfläche zu räumen, seien die Einsatzkräfte rüde angegangen worden. "Teilweise hieß es, ob wir unsere Übung nicht an einem anderen Tag abhalten können. Die hatten gar nicht mitbekommen, was da vorher passiert war. Andere warfen uns vor, dass wir sie vom Eis schicken, weil sie keine Masken trugen", sagt Rawein.

Augenzeuge Wolfgang Sailer aus Königsbrunn war zusammen mit seiner Ehefrau direkt vor Ort, als sich der Unfall am Samstagnachmittag ereignete. "Ich konnte der Frau nur meinen Eishockeyschläger reichen, um Schlimmeres zu verhindern", schildert er. Der Mann sei bereits ins Eis eingebrochen gewesen. Sailer hebt vor allem das Engagement der beiden Passantinnen hervor, die geistesgegenwärtig die Eisleiter holten und sich an den Mann heranrobbten, um ihm zu helfen. "Die Ehefrau des Mannes war zu diesem Zeitpunkt noch nicht im Wasser", betont er. "Was die beiden Frauen da geleistet haben, verdient eine Auszeichnung", sagt Sailer. Die Retter hätten sich jedoch um den Mann, der ins Wasser gefallen war, seiner Meinung nach noch besser kümmern können. "Bis der mit einer warmen Decke versorgt wurde, da verging eine ganze Ewigkeit und das, obwohl ein Großaufgebot an Einsatzkräften vor Ort war", so Sailer.
Eisunfall: Bürgermeister lässt Warnschilder am Weitmannsee aufstellen
Bürgermeister Reinhard Gürtner hat bereits veranlasst, dass Warnschilder am Weitmannsee aufgestellt werden, damit niemand mehr das Eis betritt. Laut Wolfgang Müller, Pressesprecher des Landratsamtes, sind die Kommunen, in deren Gebiet sich die Seen befinden, für die Warnschilder verantwortlich. "Das ist sinnvoll, weil die Gemeinden sich besser vor Ort auskennen und besser bewerten können, wo Gefahrenstellen sind." Müller bittet um Verständnis, dass es nicht möglich sei, ganze Seen abzusperren. "Es ist nur möglich, durch die Beschilderung an die Spaziergänger zu appellieren, dass sie die Eisflächen nicht betreten."
Die Rettungsorganisationen im Landkreis warnen ebenfalls eindringlich davor. Beispielsweise richtet sich die Wasserwacht Friedberg bei Facebook mit einem Appell an die Spaziergänger: "Ihr gefährdet euch und die Einsatzkräfte. Schlimm genug, dass wir das in einem normalen Winter oft erleben müssen, aber in diesem Winter trifft uns das noch härter. Wir wollen keinem die frische Luft und die paar Sonnenstrahlen verbieten, aber bitte geht um den See und nicht auf den See."
Kissinger Weitmannsee: Im Eis eingebrochenes Paar nicht schwer verletzt
Unterkühlung ist eine große Gefahr beim Eiseinbruch. Laut Michael Jakob von der Pressestelle des Polizeipräsidiums Augsburg hat das Paar, das auf dem Weitmannsee eingebrochen ist, aber nichts Ernsteres davongetragen. "Sie sind nur zur Vorsorge ins Krankenhaus gebracht worden", sagt er.
Die Kosten für den Einsatz werden laut Markus Motzke, stellvertretender Bezirksvorsitzender der Wasserwacht, von der Krankenkasse der Betroffenen getragen. "Allerdings trifft das nur für die Organisation zu, die die Rettung durchgeführt hat", sagt er. Alle anderen beteiligen Einsatzkräfte müssten die Kosten aus ihrem eigenen Etat stemmen. Bei den Feuerwehren werde der beispielsweise ganz von den Kommunen getragen. Andere Organisationen wie die Wasserwacht seien zusätzlich auf Spenden und Mittel, die sie durch Dienste einnehmen, angewiesen. (mit sev)
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Fakt ist: Dieser Einsatz hätte unter den herrschenden Umständen nicht besser laufen können. Die beiden waren in einem Bereich eingebrochen, der schon 50m vorher extrem gefährlich war. So konnten nicht einmal die Einsatzkräfte ohne sich selbst in Lebensgefahr zu bringen an die Einbruchstelle. Ich würde mir wünschen, dass die beiden einen Beitrag leisten müssen, der dem Aufwand ihrer Rettung gerecht wird. Da könnten z.B. 200-300 ehrenamtliche Stunden nicht schaden. Von Geldstrafen halte ich hier nichts. Natürlich freuen sich die Hilfsorganisationen immer über einen freiwillige Spende.
Bedanken möchte ich mich bei den zwei Passanten mit der Eisleiter. Sie haben sich ebenfalls unter eigener Lebensgefahr für andere Menschen in Not eingesetzt. Das war vorbildhaft.
Wahnsinn war, dass sich lange nach dem Einbruch noch Menschen in unmittelbarer Nähe auf dem Eis befanden. Erst durch mehrmalige massive Zurufe konnten sie von der Einbruchstelle wegbewegt werden. Die letzte Person ging erst 2 Stunden später nach mehrmaliger Bitte vom Eis. Ihr Unwille war deutlich vernehmbar.
Auch wenn ich die Sehnsucht der Menschen nach Natur und Eislauf gut verstehe, das Eis wäre in diesem Jahr gut befahrbar gewesen, wenn es die doppelte Stärke erreicht hätte. Was garnicht geht, dass Einsatzkräfte angepöpelt, belehrt oder sogar missachtet werden.
Denkt doch mal nach was Ihr erwarten würdet, wenn Ihr in einer Notlage wärt?
Michael Beltran