Kein Klo auf dem Marktplatz
Stadtrat spült das Thema weg. Schwellen sollen Raser bremsen
Lange haben die Illertisser über eine Toilette auf dem Marktplatz diskutiert – jetzt wurde das Thema kurzerhand in den Orkus gespült. Der Stadtrat hat in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause entschieden, ein WC für die Allgemeinheit werde nicht gebaut. Wilhelm Fischer (CSU), der als altgedienter Kommunalpolitiker über dieses Thema schon öfter debattieren musste, gab deutlich zu verstehen, dass er künftig mit dieser Thematik nicht mehr behelligt werden möchte: „Ich will nie mehr was über diese Toilette hören! Wir diskutieren schon seit Jahrzehnten darüber.“ Er meint, die Stadt brauche eine solche Bedürfnisanstalt.
Die Markplatzanlieger sahen das durchweg komplett anders. Bei einem runden Tisch mit den drei Bürgermeistern und Vertretern der Stadtverwaltung, zu dem rund 60 Anwohner gekommen waren, machten sie einhellig klar, dass sie kein Toilettenhäuschen wünschten – „Wildpinkler“ hin oder her. In der Versammlung herrschte Konsens darüber, dass denen mit solch einer Einrichtung ohnehin nicht beizukommen sei. Vielmehr sollte verstärkt auf das Konzept der „Netten Toilette“ gesetzt werden: Wer muss, kann einfach in ein Geschäft oder Lokal gehen, das ein entsprechendes Schild an der Tür trägt. Beim Café am Markt werden sie bereits fündig.
Die Confiserie stellt ihre Klos ebenfalls zur Verfügung, wie deren Chef Andreas Lanwehr in der Stadtratssitzung sagte: „Jeder, der kommt, kann reingehen, egal, ob er einen Cappuccino trinkt oder nicht.“ Das soll künftig zudem im Gasthaus Oberland sowie im Neubau des ehemaligen Mayer & Müller-Hauses möglich sein. Auch Stadträtin Susanne Kränzle-Riedl (CSU) erklärte spontan, sie werde sich mit ihrem Geschäft „Scharfe Spitzen“ in der Apothekerstraße beteiligen.
Das Votum der Marktplatzanlieger war für Bürgermeister Eisen, der bereits im März als CSU-Fraktionsvorsitzender den Runden Tisch beantragt hatte, ein guter Grund, das Toilettenprojekt fallen zu lassen. Niemand im Ratsrund wollte ihm widersprechen, auch die SPD nicht, die vor knapp zwei Jahren mit ihrem Wunsch nach einer öffentlichen WC-Anlage die jüngste Debatte ins Rollen gebracht hatte. Helga Sonntag (ÖDP/AB/Grüne) merkte noch kritisch an: „Jeder braucht ein WC, aber keiner will es vor seiner Haustür.“ Sie räumte aber ein, die bisher gemachten Vorschläge seien nicht sehr attraktiv.
Eine Rolle spielten bei der Entscheidung wohl auch die Kosten. Nach Berechnungen der Bauverwaltung würde ein öffentliches „Häusle“ in der Anschaffung rund 250000 Euro kosten. Hinzu kommt noch der Aufwand für Reinigung und Reparatur. Ebenso einig wie in der Toilettenfrage waren sich die Ratsmitglieder bei einem weiteren Marktplatz-Dauerthema: der Verkehrsberuhigung. Seit Jahren häufen sich die Klagen über heulende Motoren und knatternde Auspuffe vor allem zur Abend- und Nachtzeit. Ein erster Versuch mit steinernen Hindernissen hatte den Anwohnern keine Ruhe, dafür der Stadt vor allem Spott eingebracht. Nun sollen Bodenschwellen das motorisierte Ringelreihen einbremsen. Das wollten auch die Anlieger, wie sie beim Runden Tisch deutlich machten. Allerdings sperrt sich Städteplaner Prof. Ludwig Schegk aus optischen Gründen gegen Kunststoffschwellen, die sich im Winter wieder entfernen lassen, wie Bürgermeister Eisen erläuterte. Er wolle gepflasterte. Bei entsprechender Gestaltung seien sie auch kein Problem für den Winterdienst. „Das wird keine billige Lösung wie mit mobilen Schwellen“, räumte Hochbauamtschef Manfred Norrenbrock ein, „im Allgäu funktionieren sie auch, das kann nicht das Problem sein.“ Ansgar Batzner (FW) fand es unnötig, für die Planungen wiederum Ludwig Schegk ins Boot zu holen: „Mich stört, dass man einen Städteplaner braucht, um etwas zu machen, was es in ganz Deutschland gibt.“ Norrenbrock und der Bürgermeister hingegen argumentierten, es sei schon richtig, den Planer des Platzes zu beteiligen. Welche Lösung er vorschlägt, darauf ist CSU-Fraktionsvorsitzender Dietmar Haas gespannt, wie er sagte. Die Schwellen bringen zwar etwas zur Geschwindigkeitsreduzierung, seien aber lärmintensiv. Vor allem die Fahrer von Motorrollern „geben nach der Schwelle sofort wieder Gas.“ Einstimmig entschied sich der Stadtrat, Schegk solle Vorschläge für Schwellen erarbeiten.
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