In Katakomben dem Bau-Pfusch auf der Spur
Rudolf Hartberger ist hinabgestiegen in das Reich der Akten, tief in den Katakomben der Neu-Ulmer Kupferburg. Dort, so hofft der Kreisbaumeister, finden sich Antworten auf Fragen, die sich Fachleute, Politiker und Bürger stellen, seit in der Illertisser Illertalklinik offenbar jahrzehntealte Bausünden zum Vorschein gekommen sind. Wie konnte es dazu kommen?
Von Bernhard Junginger, Illertissen/Neu-Ulm
Rudolf Hartberger ist hinabgestiegen in das Reich der Akten, tief in den Katakomben der Neu-Ulmer Kupferburg. Dort, so hofft der Kreisbaumeister, finden sich Antworten auf die Fragen, die sich Fachleute, Politiker und viele interessierte Bürger stellen, seit in der Illertisser Illertalklinik offenbar jahrzehntealte Bausünden zum Vorschein gekommen sind. Wie konnte es dazu kommen? Was kostet es, die Mängel zu beheben? Wer sind die Verantwortlichen? Und können sie noch zur Rechenschaft gezogen werden?
Wie berichtet steht der neue Anbau an die Illertalklinik kurz vor der Vollendung. Bei den Arbeiten zum Durchgang vom alten zum neuen Bereich zeigte sich dann, dass die offenbar in den 1960er Jahren errichtete Bausubstanz gravierende Mängel im Brandschutz aufweist. Decken könnten einem Feuer nicht lange standhalten, auch die damaligen Vorschriften waren laut Rudolf Hartberger nicht eingehalten worden. Zudem zeigten sich statische Mängel an zwei Stellen.
Als Landrat Erich Josef Geßner und Kreisbaumeister Hartberger, die Klinik-Leitung, Bauleiter Anton Gürtner und Illertissens Zweiter Bürgermeister Alfred Kuisle vor wenigen Tagen den Bau besichtigten, war mehrfach von "Pfusch" die Rede. Doch wer waren die "Pfuscher"? Hartberger hat die Antwort noch nicht gefunden, sagt er.
Denn das Krankenhaus, das laut dem Kreisbaumeister auf einen Bau aus dem Jahr 1908 zurückgeht, ist immer wieder umgebaut und saniert worden. 1965/66 fand ein größerer Umbau statt, aus dieser Zeit datieren wohl die jetzt gefundenen Mängel. Für die Zeit vor 1965 hat Hartberger keine Akten gefunden.
In den zehn Jahren zwischen 1986 und 1996 dann haben in zwei Abschnitten umfangreiche Sanierungs- und Neubaumaßnahmen stattgefunden. Es gestalte sich schwierig, sagt Hartberger, den zeitlichen Ablauf der verschiedenen Baumaßnahmen nachzuvollziehen. Noch komplizierter sei es, stichhaltig nachzuweisen, welcher Architekt, welcher Tragwerksplaner, welcher Bauleiter, welche Einzelfirma für einzelne Fehler verantwortlich sei.
Selbst wenn dies gelänge, bliebe dies wohl ohne Konsequenzen: "Nach meinem Rechtsverständnis sind die Geschichten aus den 1960er Jahren hundertprozentig verjährt." Noch dazu gebe es viele der damaligen Baufirmen heute gar nicht mehr und manche der beteiligten Personen seien inzwischen gestorben. Möglicher Pfusch aus den Jahren 1986 bis 1996 dagegen könnte unter Umständen noch ein juristisches Nachspiel haben, für sehr wahrscheinlich hält Hartberger dies allerdings nicht. "Da müsste der Vorsatz nachgewiesen werden, die Erfahrung zeigt, dass das sehr schwierig ist."
Was Aufsicht und Kontrolle bei Baumaßnahmen des Landkreises betreffe, sei es üblich, "dass ein Architekt die Bauleitung übernimmt". Etwa einmal in der Woche sei auch ein Experte aus dem Landratsamt vor Ort, sagt Hartberger. Seit 2002 sei er Kreisbaumeister, also ebenso wenig wie Landrat Geßner, der 1996 gewählt wurde, zum Zeitpunkt der Vorfälle im Amt gewesen.
Manche der Akten, die Licht ins Dunkel bringen könnten, befinden sich laut Hartberger im Staatsarchiv in Augsburg. Ob sich alles aufklären lasse, könne er derzeit nicht sagen. Wichtiger sei ihm der Blick nach vorn. Zusammen mit Bauleiter Anton Gürtner habe er sich die Mängel noch einmal genau angeschaut. Den Brandschutz und die statischen Mängel in Ordnung zu bringen, werde nach seiner Schätzung jedenfalls keine Million Euro kosten.
Bis zur Sitzung des Krankenhausausschusses des Kreistags am 5. Oktober will Hartberger genauere Zahlen und einen Plan zur Behebung der Mängel parat haben. Die Kreisräte werden sich dann mit der Frage beschäftigen müssen, woher die Mittel für die erheblichen Mehrkosten kommen sollen und ob deshalb möglicherweise andere Projekte zurückgestellt werden müssen.
Und auch wenn bei den Verantwortlichen laut Rudolf Hartberger wohl nichts mehr zu holen ist, dürfte es die Kreisräte brennend interessieren, wer die Urheber des jetzigen Pfusch-Debakels sind. Um dies herauszufinden, muss der Kreisbaumeister wohl noch das eine oder andere Mal hinabsteigen in die Katakomben des Landratsamts.
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