Franziska Lachmann und ein Leben zwischen Krumbach und Buenos Aires
Franziska Lachmann aus Krumbach ist vielen weniger bekannt als ihre Schwester Hedwig. Ihr Leben zwischen zwei Kontinenten steht für die Brüche der Geschichte.
Sie starb 1947 weit entfernt von ihrer deutschen Heimat, in Buenos Aires/Argentinien. Doch das Leben von Franziska Lachmann (1874 bis 1947) ist auf eine intensive Weise mit Krumbach verbunden. Weniger bekannt als ihre Schwester, die Lyrikerin Hedwig Lachmann, hat auch Franziska Lachmann bleibende Akzente gesetzt. Eine Krumbacher Gedichtesammlung spielt dabei eine tragende Rolle. In einem umfassenden Projekt greifen das Krumbacher Simpert-Kraemer-Gymnasium und der Heimatverein Krumbach jetzt dieses Thema auf.
In Krumbach kam 1874 Franziska Lachmann als viertes Kind des bekannten jüdischen Kantors Isaak Lachmann (1838 bis 1900) zur Welt. Sie war Sprachlehrerin, Erzieherin und Lyrikerin. Aus ihrem argentinischen Nachlass stammen zahlreiche deutschsprachige, bislang unveröffentlichte Gedichte. Durch die Kontakte des Heimatforschers Herbert Auer kamen die Gedichte nach Krumbach. So stehen sie auch dem Heimatverein und dem Krumbacher Simpert-Kraemer-Gymnasium zur Verfügung.
Die Bedeutung von Herbert Auers Lebenswerk
Die Sammlung von Herbert Auer zur jüdischen Geschichte Krumbachs ging 2017 als Schenkung an den Heimatverein. Sein Lebenswerk solle bewahrt und teilweise zugänglich gemacht werden, erklärt Beate Hamp-Wohllaib, Beirätin im Krumbacher Heimatverein.
Beate Hamp-Wohllaib steht in engem Kontakt mit der Münchner Autorin Rita Steininger, die 2020 eine umfassende Biografie über Gustav Landauer veröffentlichte. Landauer (1870 bis 1919) spielte bekanntlich in der Revolution in München 1918/19 eine entscheidende Rolle. Er war mit Hedwig Lachmann verheiratet, das Paar lebte 1917/18 in Krumbach. Mit Blick auf all diese besonderen Zusammenhänge reifte bei den Beteiligten die Idee, die Familiengeschichte Landauer-Lachmann in einem besonderen Projekt zu würdigen und dabei die Lebenswege von Franziska und Hedwig Lachmann (1865 bis 1918) in den Mittelpunkt zu stellen.
Vor einigen Monaten war Veronika Schmidtke-Sieben (Göttingen) in Krumbach zu Gast. Ihre Großmutter ist Hedwig Lachmanns Schwester Franziska. Franziska Lachmann war seit 1907 mit Adolf Otto, einem bedeutenden Berliner Sozialreformer des frühen 20. Jahrhunderts, verheiratet. Sie hatten zwei Töchter, Agathe und Ulrike. 1924 wurde Otto Vorsitzender des Reichverbandes Deutscher Baugenossenschaften, er brachte in Berlin und Umgebung zahlreiche genossenschaftliche Wohnbauprojekte auf den Weg. Nach der Machtergreifung der Nazis musste Otto sein Amt aufgeben. Er ging nach Großbritannien, später nach Frankreich, seine Frau Franziska wanderte in die USA und dann nach Argentinien aus, wo sie 1947 starb. Nach der Besetzung Frankreichs durch die Wehrmacht wurde Adolf Otto 1942 gezwungen, nach Berlin zurückzukehren, er starb im Januar 1943 in einer S-Bahn. Tochter Agathe (verheiratete Sieben) war Tänzerin, sie blieb in Berlin.
Ihre beiden Töchter Veronika Schmidte-Sieben (Göttingen) und Irene Ritgen-Sieben (Berlin) kommen im Oktober nach Krumbach, um mit Schülerinnen und Schülern der SKG-Akademie ein Zeitzeugengespräch zu führen. Der Akademie gehören rund 20 Schüler an, die eine Begabtenförderung erhalten.
Franziska Lachmanns weitere Tochter Ulrike Otto (verheiratete Blum) studierte Jura und emigrierte mit ihrem Mann über Paris nach Buenos Aires (dort verbrachte auch Franziska Lachmann ihren Lebensabend). Die Tochter von Ulrike Blum, R. Elena Blum, lebt heute in Berlin und kommt wohl ebenfalls im Oktober nach Krumbach. Betreut wird dieses Zeitzeugen-Projekt von SKG-Pädagogin Monika Losher-Bschorr, die sich zusammen mit Schülerinnen und Schülern des SKG schon seit Jahren intensiv mit zeitgeschichtlichen Themen beschäftigt.
Es gibt auch eine wichtige musikalische Komponente
Am Projekt beteiligt ist auch der stellvertretende Leiter des Krumbacher Simpert-Kraemer-Gymnasiums, Jochen Schwarzmann. Er ist städtischer Kulturbeauftragter, Beisitzer im Vorstand des Heimatvereins – und zudem Musiklehrer. In Franziska Lachmanns Texten stecke eine unglaubliche Poesie, sagt er. So entstand die Idee eines Kompositionswettbewerbs für Schüler und Jugendliche. Man habe dabei auch die Berufsfachschule für Musik und das Ringeisen-Gymnasium in Ursberg beteiligt.
Nach dem Zeitzeugengespräch am Donnerstag, 14. Oktober soll es als Höhepunkt des Projekts am Freitag, 15. Oktober im SKG eine öffentliche Abendveranstaltung geben. Mitwirken werden dann die Zeitzeuginnen, Schülerinnen und Schüler der Akademie des SKG, der Kompositionswettbewerb wird eine wichtige Rolle spielen. Geplant ist für den Abend auch ein Vortrag/eine Lesung der Münchner Autorin Rita Steininger. Mitwirken wird wohl auch die bekannte Musikgruppe Mesinke mit Jürgen Groß. Die Formation kann in diesem Jahr ihr 30-jähriges Bestehen feiern. Die Veranstaltung findet im Rahmen des Literaturherbstes statt und wird in diesem Zusammenhang auch von der Volkshochschule mit Johanna Herold an der Spitze (sie ist eine der maßgeblichen Organisatorinnen des Literaturherbstes) unterstützt.
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