Eine Perle Mittelschwabens
Gotteshaus wurde vor 300 Jahren geweiht. Eine wechselvolle Geschichte
Edelstetten „Ja, wir Edelstetter sind schon stolz auf unsere Pfarrkirche“, sagt Brigitte Gebele. Sie ist für die Sauberkeit in der ehemaligen Damenstiftskirche zuständig. Auch an diesem Samstag geht sie ihrer Arbeit nach. Vor 300 Jahren, am 18. September 1712, wurde das Gotteshaus durch Weihbischof Kasimir Röls geweiht. Am Sonntag, 23. September, findet um 9.30 Uhr ein Pontifikalgottesdienst aus Anlass dieses Weihejubiläums mit Weihbischof Josef Grünwald statt.
Imposant liegt die ehemalige Damenstiftskirche und jetzige Katholische Pfarrkirche St. Johannes Baptista und St. Johannes Evangelista in Edelstetten im Haseltal. Im Verbund mit der dreiflügeligen Schlossanlage gehört sie zu den herausragenden Bauwerken im Landkreis Günzburg. Die Pläne stammen von dem Ottobeurer Christoph Vogt. Baumeister war Simpert Kraemer.
Die Bauzeit betrug vier Jahre
Nach einer vierjährigen Bauzeit wurde das Gotteshaus 1712 geweiht. In dem dominanten Gebäude glänzt an diesem Samstag der Boden, die Bänke sind staubfrei. Es herrscht eine ungewöhnliche Stille. Hin und wieder sind die Schritte der Reinemachefrau zu hören. Es ist nicht das erste Mal, dass ich diesen andächtigen Ort betrete. Doch diesmal betrachte ich das Kircheninnere aus einem anderen Blickwinkel. Ich stehe inmitten der 45 Meter langen und 14 Meter breiten Pfarrkirche und blicke in alle Richtungen des lichtdurchfluteten Innenraumes. Ich suche nach Spuren der Erbauerin Maria Carolina von Westernach.
Zunächst fasziniert mich der reiche Stuck in der Gewölbezone. „Weiß auf weißem Grund“, stelle ich fest. Um die Fresken erkenne ich im Scheitel jeden Jochs kranzförmige Rahmen im Wechsel mit Blättern und Blumen. Es handelt sich um ein Frühwerk des Wessobrunner Meisters Johann Baptist Zimmermann. Im Einklang mit den Fresken von Arbogast Thallheimer und den Altären, geschaffen von Johann Michael Fischer, entstand ein harmonisches Gesamtbild. Kunstexperten sprechen hier von einem „üppigen Formenreichtum im schwäbischen Rokoko“. Ich blicke zum Hochaltar. Ein vertrautes Bild. Er zeigt ein Gemälde von „Mariä Himmelfahrt“. Es fertigte der Augsburger Maler Johann Christoph Storrer. Es heißt, dass dieses Altarbild aus der Vorgängerkirche stammt.
Meine Augen führen mich jetzt auf ein Fresko im Chorgewölbe: „Jesus am Kreuz“. Aus einer Herzenswunde strömen Blutstrahlen auf eine im Mittelpunkt stehende Monstranz und auf die darunter im Fegefeuer Stehenden.
Auf meiner Spurensuche werde ich an der Orgelempore fündig. An der Brüstung wurden Messingkartuschen mit Wappen der Stiftsdamen und auf einer größeren Mittelkartusche die Bauinschrift mit folgendem Text angebracht: „Die hoch edle Frau Maria Carolina von Westernach, 21. Äbtissin dieses Frauenstiftes Edelstetten, ließ im Jahre 1709 dieses Gotteshaus zur Ehre der Allerheiligsten Dreifaltigkeit erbauen und im Jahre 1712 einweihen“.
Fast 11000 Euro Gulden verschlang der Bau
Die neun Kartuschen wurden im Jahre 1712 um 200 Gulden gefertigt. Die Gesamtkosten für den Bau der Kirche betrugen 10910 Gulden. An der nördlichen Chorbogenlaibung erinnert ein in dunklem Rot gehaltenes Epitaph (Denkmal) aus Stuckmarmor an die Erbauerin. Direkt gegenüber wurde wohl aus Gründen der Symmetrie in hellerem Marmor ein Denkmal an die verstorbene Äbtissin M. Anna Franziska von Bubenhofen nachgeahmt.
Die Grundsteinlegung war am 14. Mai 1709 durch Abt. Joseph II. Hoeld von Ursberg in Anwesenheit des Schutzherrn, Christoph Marquard Alexander Freiherr von Heidenheim auf Münsterhausen. Bereits im Jahre 1706 wurde der Kirchturm mit einem Aufwand von 1800 Gulden erbaut. Die Grundsteininschrift befindet sich an der Orgelempore.
Im Jahr 1126 begann die wechselhafte Geschichte der Edelstetter Pfarrkirche und des mit ihr verbundenen Klosters und heutigen Schlosses. Ermöglicht hatte die Gründung eine Stiftung der Edlen von Schwabeck und Balzhausen. Aus diesem Geschlecht stammte auch die erste Äbtissin, Gräfin Gisela von Schwabeck und Balzhausen. 1153 wurde die selige Mechthild von Dießen und Andechs als Äbtissin nach Edelstetten berufen. Sie formte das geistliche Klosterleben des Chorfrauenstiftes nach der „Regula Augustini“ entscheidend und brachte Kirche und Kloster auch baulich auf einen hohen Stand.
Mehrmals wurde das Chorfrauenstift in den folgenden Jahrhunderten zerstört. Erst im späten 17. und bis Mitte des 18. Jahrhunderts fand das Kloster zu seinem heutigen Aussehen. Unter den Äbtissinnen Katharina Franziska (1681-1691) und Maria Carolina (1691-1726) erlebte das Chorfrauenstift seine Blütezeit. Sie ließen ganze Teile des Klosters abreißen und von Grund auf neu aufbauen. Etwa um 1690 war der Bau abgeschlossen. Die innere Ausgestaltung sollte noch bis 1705 andauern.
Der Neubau der Kirche wurde 1708 beschlossen. Baubeginn war mit der Grundsteinlegung am 14. Mai 1709 durch Abt Joseph II. Hoeld von Ursberg. Nur drei Jahre später, 1712, konnte die Kirche geweiht werden. Nach einer weiteren Renovierung in den Jahren 1884/85 wurde das Kircheninnere erst in den Jahren 1971 bis 1974 erneut instand gesetzt.
Nach der Außenrenovierung von 1997 hatten die Edelstetter wieder ein strahlendes Gotteshaus. Zuletzt wurde im vergangenen Jahr der Westgiebel der Pfarrkirche saniert, nachdem Risse im stuckierten Mauerwerk festgestellt wurden. Das ehemalige Damenstift, jetzt Schloss, ist seit 1804 mit dem zugehörigen Grundbesitz bis heute im Besitz der Fürsten Esterhazy.
Seit 1298 sind in Edelstetten 35 Pfarrer bekannt. Wegen der Bedeutung Edelstettens als ehemaliges Kloster und adeliges Damenstift gab es hier neben den 35 Pfarrern als Hauptseelsorger noch weitere 47 Frühmesser, Kapläne, Benefiziaten und Kuraten. Während der Bauzeit wirkte hier von 1696 bis 1722 Pfarrer und Kammerer Martin Schmid von Dillingen. Pfarrer Ernst Bußigel war der letzte Pfarrer von Edelstetten, der hier von 1927 bis 1961 wirkte und im Pfarrhof noch wohnte. Die Marktgemeinde Neuburg widmete Bußigel die Straßenbezeichnung „Pfarrer-Bußigel-Straße“ . Seit 1968 betreut Pfarrer Karl Fritz die Katholiken in Edelstetten.
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