Hartfrid Neunzert ist gestorben: "Ein Mann, der wusste, dass Kunst auch politisch sein kann oder muss"
Der frühere Museumsleiter Hartfrid Neunzert ist im Alter von 80 Jahren gestorben. Er unterstützte besonders die jungen Künstler und Künstlerinnen.
Hartfrid Neunzert war ein besonderer Museumsleiter. Er war nicht nur der Vergangenheit und der Landsberger Geschichte verpflichtet, er setzte sich für die Künstler und Künstlerinnen der Gegenwart ein und auch in seinem Ruhestand war er stets der Kultur verpflichtet. Im Alter von 80 Jahren ist er nach einer längeren Krankheit am Freitag verstorben. Sein Engagement war einzigartig und er wird der Kulturszene sehr fehlen. "Mit großer Betroffenheit hat die Stadt Landsberg am Lech vom Tod ihres langjährigen Museumsleiters Hartfrid Neunzert erfahren. Hartfrid Neunzert hat sich durch seine herausragenden Verdienste um die städtischen Museen bleibende Anerkennung erworben. Seine Arbeit und sein leidenschaftliches Engagement haben das Kunst- und Kulturleben in Landsberg maßgeblich bereichert und nachhaltig geprägt – weit über seine Tätigkeit bei der Stadt hinaus." Das ist die Stellungnahme der Stadt Landsberg zum Tode Neunzerts. Die Stadt Landsberg am Lech verliere Hartfrid Neunzert einen wertvollen Förderer und Gestalter der Kultur. „Unser Mitgefühl gilt seinen Angehörigen und allen, die ihn geschätzt haben“, heißt es weiter.
Er hatte noch viele Pläne und wollte ein Buch schreiben
Auch der Freundeskreis der städtischen Museen Landsberg trauert: „Wir sind alle sehr betroffen, er hatte noch viele Pläne und wollte ein neues Buch schreiben", sagt die Vorsitzende Ursula Schaller. Ruth Sobotta beschreibt ihn als jemand, der mit Herz und Verstand für sein Museum gearbeitet hat, und auch Dinge, die er nicht machen musste, auch selbst getan habe. "Zum Beispiel erinnere ich mich noch, wie er auf der Lechbrücke Plakate geklebt hat", erzählt die frühere SPD-Stadt- und Kreisrätin Sobotta: "Ein guter Kenner der Kunstszene und in unserer Region immer im Einsatz, eine Scholle-Ausstellung nach Landsberg zu holen, was leider nicht geklappt hat."
Neunzert war immer im Einsatz für die Kunst. Ob als Lehrer, Museumsleiter oder Buchautor. Hartfrid Neunzerts große Verbundenheit galt dem Lech-Maler Johann Mutter (1902 bis 1974), dem er 1992 eine große Ausstellung widmete und über den er einen großen Bildband herausbrachte. 2021 erschien das Buch „Johann Mutter Grafik“. Viele der gegenwärtigen Landsberger Maler durften in seiner Ära das Museum mit seinen historischen Räumen und Ausstellungsstücken mit moderner Kunst bereichern.
Unter ihm war das Stadtmuseum lebendig und besonders und man kann sich an viele besondere Ausstellungen von den Landkreismalern wie Martin Paulus, Klaus Schröter oder Ernst Heckelmann erinnern. Zur überregionalen Beachtung des Museums trugen aber auch Ausstellungen mit Werken von Willi Sitte, Lubo Kristek oder Samuel Bak bei. Hier fanden regelmäßig besondere Vernissagen statt, sodass sich der Weg auf den Berg lohnte. Auch das Landsberger Tagblatt unterstützte der Kunsthistoriker mit großem Engagement. Es gab Ausstellungen zu den Auktionen, die dann im Rathaus stattfanden, und er half tatkräftig mit, die Kunst für den guten Zweck, die Kartei der Not, zu versteigern. Für Neunzert war das Museum kein verstaubter Ort, er füllte es mit Leben.
Neunzert, der in Cottbus zur Welt kam und Kunstgeschichte an der LMU und Pädagogik an der Hochschule in München studierte, arbeitete schon 1987 für das Landsberger Museum. Als Mitglied des Museumsarbeitskreises in Landsberg hatte er die Möglichkeit, ein Konzept zu erarbeiten und zu verwirklichen. Im Neuen Stadtmuseum wurden seitdem Objekte aus der Vor- und Frühgeschichte des Mittelalters und der Neuzeit präsentiert. 1990 stellte er das Herkomer Museum der Öffentlichkeit vor. Als Leiter der beiden Museen setzte Neunzert bis 2008 in 250 Ausstellungen Schwerpunkte heimischer und überregionaler Kunst- und Kulturthemen.
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In 23 Jahren 250 Ausstellungen organisiert
In 23 Jahren als Museumsleiter organisierte er rund 250 Ausstellungen. Zum hundertjährigen Bestehen des Mutterturms in Landsberg fand 1988 eine Ausstellung im Rathaus mit Herkomergemälden aus der ganzen Welt statt. Diese Ausstellung zählte rund 10.000 Besucherinnen und Besucher. Auch dem in Amerika lebenden jüdischen Maler Samuel Bak war 2002 eine große Ausstellung gewidmet. Er unterstützte viele junge Künstler und Künstlerinnen und begleitet sie auf ihrem Weg. Einer von ihnen ist Franz Hartmann, der jetzt in Landsberg mit einem Künstleratelier und großen Kunstevents im ehemaligen Atelier des Malers Fritz Paulus gezeigt hat, wie vielschichtig und lebendig die Landsberger Kulturszene immer noch ist. Neunzert hatte den Künstler von Anfang an unterstützt und ließ sich auch, so Hartmann, "von der lokalen Kritik gegen das Projekt Ehrenfriedhof für Bundestagsabgeordnete nicht abschrecken". " Neunzert sei immer jemand gewesen, der sehr über seinen Tellerrand geschaut habe und als Leiter eines kleinen Museums sehr fortschrittlich und modern agierte. " Neunzert wusste, Kunst kann und muss politisch sein und fördert junge Künstler auch in seiner privaten Zeit, so Hartmann. "Er war immer da, wenn man Rat gebraucht hat."
Die Beerdigung findet am 7. Juni ab 10 Uhr am Alten Friedhof in Landsberg statt.
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