Neu-Ulm: Wie starb die junge Sabrina wirklich?
Fünf Jahre nach dem tödlichen Balkonsturz der 21-jährigen Sabrina aus Neu-Ulm muss jetzt ein möglicher Schuldiger vor Gericht - ihr Ex-Freund. Von Roland Ströbele
Fünf Jahre, nachdem eine damals 21 Jahre alte Frau vom Balkon einer Wohnung "Am Steg" in Neu-Ulm 13 Meter in die Tiefe gestürzt ist und dabei getötet wurde, muss sich ihr damaliger Freund vor dem Landgericht in Memmingen verantworten.
Die Staatsanwaltschaft wirft ihm "Aussetzung mit Todesfolge" vor, weil er den tödlichen Sturz nicht vereitelt hat. Damit hat sich der jahrelange Kampf gelohnt, den die trauernde Mutter der getöteten Sabrina gegen die Justiz in Memmingen geführt hat. "Ich hoffe auf Gerechtigkeit und darauf, dass der Tod meiner Tochter geklärt wird", sagte Andrea Steinmetz, die jetzt in Mainz wohnt und in dem auf vier Verhandlungstage anberaumten Prozess als Nebenklägerin auftritt.
Der Fall liegt nun inzwischen fünfeinhalb Jahre zurück. In der Nacht zum 12. April 2005 war die nur mit einem Tanga-Höschen bekleidete Frau vom Balkon eines Hauses "Am Steg" - unweit des Neu-Ulmer Donauufers - in die Tiefe gestürzt, nachdem sie sich zuvor mit ihrem damals 28 Jahre alten Lebensgefährten gestritten hatte. Augenzeugen für das Geschehen gibt es nicht. Nachbarn hatten in der fraglichen Nacht gegen 2.45 Uhr nur die Hilferufe der jungen Frau gehört und die Polizei alarmiert. Die Beamten fanden die tote Frau in einer Blutlache liegend.
In der Nähe der Wohnung nahm die Polizei den Lebensgefährten fest, der damals als Beruf "Dramaturg" angab. Der arbeitslose Mann stand unter Drogen- und Alkoholeinfluss. Nach Zeugenaussagen sollen sich die beiden vor dem tödlichen Sturz lautstark gestritten haben.
Die in Hessen lebende Mutter glaubte von Anfang an nicht an einen Unglücksfall, sondern war der felsenfesten Überzeugung, dass ihr Kind von ihrem damaligen Freund nach einem Streit vom Balkon gestoßen worden war. Polizei und Staatsanwaltschaft haben jedoch keine ausreichenden Beweise für diese Theorie gefunden, weshalb der Fall sehr bald zu den Akten gelegt worden war.
Damit aber wollte sich die Mutter von Sabrina nicht abfinden, sie führte einen zeitraubenden und kostenintensiven Kampf auch gegen die Justiz, den sie nun gewonnen hat. Auch wenn dies ihr einziges Kind nicht wieder lebendig machen kann, will sie den Hauptverdächtigen dieses Falles vor Gericht sehen. "Ich wünsche ihm alles, nur nichts Gutes", sagte sie gestern gegenüber unserer Zeitung. Andrea Steinmetz ist der felsenfesten Überzeugung, dass der inzwischen 32-jährige Mann, der Sabrina zuletzt lebend gesehen hat, etwas mit dem Tod ihrer geliebten Tochter zu tun hat.
Beweise dafür fehlen. Nachbarn hatten zwar in jener Nacht die Hilfeschreie der jungen Frau gehört, Augenzeugen für den Sturz gibt es jedoch nicht. Auch haben die Beamten der Kriminalpolizei Neu-Ulm keine Spuren gefunden, die auf einen Kampf zwischen Sabrina und ihrem damaligen Freund hingedeutet hätten.
Zu einer Anklage wegen Mord oder Totschlag hat das nicht gereicht, was die Ermittler zusammengetragen haben. Deshalb wird Sabrinas damaliger Freund wegen "Aussetzung mit Todesfolge" angeklagt.
Oberstaatsanwältin Renate Thanner glaubt, dass die junge Frau hilflos am Balkongeländer des Gebäudes hing und ihr Freund sie nicht aus dieser misslichen Lage gerettet hat. "Er hat sie im Stich gelassen und ihr nicht geholfen", fasst Oberstaatsanwalt Dr. Johann Kreuzpointner den Sachverhalt zusammen. Die Mutter will den Prozess, der am Mittwoch, 17. November, um 8.30 Uhr am Landgericht Memmingen beginnt, verfolgen.
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