Ein Problem stinkt zum Himmel
Landgraben Ex-Naturschutzwächter schlägt Kloaken-Alarm: „Das Gewässer ist tot“
Witzighausen/Illerberg Der Fall stinkt buchstäblich zum Himmel. Seit Wochen wird der Landgraben entlang der Bahnlinie zwischen Witzighausen und Weißenhorn von einer noch unbekannten Substanz verschmutzt. Inzwischen ist das kleine Gewässer deshalb zu einer stinkenden Kloake geworden, in der so gut wie kein Lebewesen mehr existieren kann. Die zuständigen Behörden sind alarmiert, sichtbare Abhilfe aber wurde nicht geschaffen, sagt Paul Thurm. Der 80-Jährige beobachtet die Situation am Landgraben seit mehreren Wochen und hat auf den in seinen Augen unhaltbaren Zustand aufmerksam gemacht. Jetzt reagieren die Behörden.
Ein geschultes Auge für Umweltsünden
Paul Thurm war zwei Jahrzehnte lang ehrenamtlicher Naturschutzwächter in Diensten des Landratsamtes und hat daher ein geschultes Auge für Umweltsünden. Täglich unternimmt er zusammen mit seinem Hund ausgedehnte Spaziergänge, die ihn auch zum Landgraben entlang der Bahnlinie zwischen Witzighausen und Weißenhorn geführt haben. Am Bahnübergang südwestlich von Witzighausen ist er auf das gestoßen, was er eine „Sauerei“ nennt. Aus einem Kanalrohr fließt eine stinkende Brühe, die nach seiner Ansicht nach Gülle riecht. Im Verdacht hat er ein nur wenige Meter weiter westlich liegendes Fahrsilo eines Landwirtes. Möglicherweise seien dort Sickerwässer ausgetreten und durch den angrenzenden Acker hindurch bis zum Landgraben geflossen, vermutet der Eisenbahn-Pensionär.
In Sorge um die Umwelt hat der 80-Jährige daher Alarm geschlagen. Er hat die Weißenhorner Polizei verständigt und den Fall dem Landratsamt gemeldet.
Gerüchteweise hat Paul Thurm vernommen, dass vonseiten des Wasserwirtschaftsamtes zwar ein Strafbefehl gegen den Landwirt beantragt worden sei. Den aber habe die Staatsanwaltschaft niedergeschlagen, weil sich nicht zweifelsfrei nachweisen lasse, dass die Schmutzfracht tatsächlich aus dem Silo stammt. „So was ärgert mich“, sagt der rüstige Pensionär.
Nüßlein soll seinen Einfluss geltend machen
In seiner Not und in der Sorge hat er schließlich auch noch den Jagdpächter auf dem fraglichen Gebiet alarmiert. Der ist zwar für Sünden an der Umwelt nicht zuständig, könnte die stinkende Angelegenheit aber an höhere Stellen weiterleiten. Immerhin gehört die dortige Jagd dem CSU-Bundestagsabgeordneten Georg Nüßlein. Möglicherweise könne der seinen Einfluss und seine Beziehungen geltend machen und „etwas Bewegung“ in die offenbar festgefahrene Angelegenheit bringen, hofft Thurm.
Wenn nicht bald etwas geschehe, könne der Schaden für die Umwelt beträchtlich sein. „Der Landgraben ist schon tot, da ist kein Leben mehr drin“, sagt Thurm und erinnert sich an frühere Beobachtungen, als dort noch Enten gebrütet haben. Auch Rehe halten sich inzwischen von der Kloake fern.
Möglicherweise droht noch eine weitere Gefahr. Schließlich mündet der Landgraben nördlich von Weißenhorn in die Leibi. Gelangen organisch stark belastete Sickerwässer in diesen Fluss, dann drohe im Extremfall dort ein Fischsterben, fürchtet Thurm. Betroffen seien aber auch andere Lebewesen.
Deshalb fordert Thurm die Behörden auf, den in seinen Augen unhaltbaren Zustand schnellstens zu beenden: „Man kann doch nicht tatenlos zusehen, wie ein Lebensraum stirbt.“
Das Landratsamt hat gestern reagiert. Ein Beamter machte sich ein Bild vom Ausmaß der Belastung. „Das Problem ist massiv“, musste Gerhard Wieser, Fachbereichsleiter Wasserrecht und Bodenschutz im Landratsamt, zugeben. Im Laufe des heutigen Mittwochs werden Vertreter des Wasserwirtschaftsamtes zusammen mit Polizeibeamten am Landgraben Proben der schmutzigen Brühe ziehen und analysieren lassen. Erhärtet sich Wiesers Verdacht, dass nur das Fahrsilo Verursacher der Verschmutzung sein kann, dann muss der betreffende Landwirt mit einer Anzeige rechnen. Seine Fahrsiloanlage war zuletzt vor drei Jahren kontrolliert worden, damals war alles in Ordnung. Wieser kündigte an, der Zustand werde schnellstens behoben, sobald der Verursacher bekannt ist.
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