Ingolstadt will mit dem Flugtaxi Richtung Zukunft
Die Digitalisierung durchdringt alles. Wie Ingolstadt sich auf die Herausforderung der kommenden Jahre einstellt.
Als in Ingolstadt jüngst der Futurologische Kongress, ein ziemlich furios inszeniertes „Infotainment-Spektakel aus Wissenschaft, Forschung, Kunst und Theater“, drei Tage lang die Massen anzog, hatten nicht wenige das Gefühl: Die Zukunft, sie ist jetzt. Zumindest ist sie irgendwie greifbarer als sonst.
Das lag nicht nur an den tanzenden Maschinen und den durchaus raffinierten Robotern. In Vorträgen, mit Performances, Theaterstücken und Ausstellungen wurden die Digitalisierung und die Mobilität von morgen verhandelt. Auch diese Debatten oszillieren ja zwischen Gestaltungswillen und Zukunftsangst. Und auch in Ingolstadt leuchtete die schöne neue Welt auf, während zugleich ihre Abgründe deutlich gezeichnet wurden. Was die nächsten Jahre wohl bringen? Peter Weibel, Direktor des Karlsruher Zentrums für Kunst und Medien, sagte es beim Kongress so: „Man kann die Zukunft voraussagen, wenn man sie gestaltet.“
Ingolstadts Bürgermeister will die Stadt zu einer „smart city“ machen
Diesen Satz hat Ingolstadts Oberbürgermeister Christian Lösel (CSU) schon länger verinnerlicht. Der Kongress des Stadttheaters und der Technischen Hochschule brachte den städtischen Diskurs in die Breite. Und er sorgte dafür, dass auch die Ingolstädter mehr und mehr darüber reden, wie sie ihre digitale Zukunft gestalten wollen. Denn das Stadtoberhaupt, das Ingolstadt schon länger zu einer „smart city“ machen möchte, ist diesbezüglich gedanklich oft ein paar Schritte weiter.
Im Februar hat der Stadtrat eine Digitalisierungsstrategie beschlossen, die die Bemühungen bündeln soll. Seither ist schon viel auf den Weg gebracht worden. Das nächste große Ding im Augenblick aber sind die Flugtaxis. Damit machte Ingolstadt vergangene Woche landesweit Schlagzeilen. Heute ist eine städtische Delegation in der bulgarischen Hauptstadt Sofia, um Vertretern der Europäischen Kommission ihre Ideen vorzustellen. Ingolstadt und die angrenzenden Landkreise bewerben sich darum, Modellregion zur Erforschung der Flieger von morgen zu werden. Dahinter steht das „Urban Air Mobility (UAM)“-Projekt der Europäischen Kommission. Es geht um die Verlagerung des städtischen Verkehrs von der Straße in die Luft, darum, neue Luftmobilitätskonzepte zu erforschen und zu entwickeln. Ingolstadt und seine Partner sind einer von insgesamt sechs Bewerbern aus ganz Europa. Deutscher Konkurrent ist Hamburg.
Bei der bayerischen Bewerbung sind nicht nur die Landkreise Neuburg-Schrobenhausen, Eichstätt und Pfaffenhofen, sondern auch große mit der Entwicklung von solchen Flugobjekten erfahrenen und bereits kooperierenden Unternehmen wie Audi und Airbus Defence & Space mit dabei. Mit an Bord ist die Technische Hochschule Ingolstadt, die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt und eine ganze Reihe weitere Institutionen, Firmen und Start ups. Weitere Partner werden gesucht. Das Ziel: Lösel möchte Ingolstadt und die Region als bundesweites Zentrum zur Erprobung digitaler und autonomer Mobilität profilieren.
Ingolstadt bekommt iPads für Kitas
Wenn das gelingt, könnte in einer nicht allzu fernen Zukunft der Krankenwagen (der fahren und fliegen kann) über den Stau beim Audi-Schichtwechsel düsen und so deutlich schneller sein als der Notarzt von heute. Auch der hochfrequentierte Shuttlebus zum Münchener Flughafen könnte durch einen Flieger ersetzt werden. Das ist nicht nur für Geschäftsleute interessant.
Die Flugtaxis sind eine Idee für die digitale Zukunft Ingolstadts. Es ist eines von mehreren „Eisen im Feuer“ der städtischen Standortpolitik, wie Lösel das – in diesem Fall – recht vorindustriell – ausdrückt. Ingolstadt bekommt iPads für die Kitas, ein Fraunhofer-Anwendungszentrum für Vernetzte Mobilität und Infrastruktur, gehört zum Kompetenznetzwerk „Künstliche maschinelle Intelligenz“, die THI wird ausgebaut, es hat ferner das digitale Gründerzentrum „brigk“, eine Art Mini-Silicon-Valley auf der Schanz. Das Gelände für den IN Campus, das Hochtechnologiezentrum von Audi, wird gerade saniert. Auf der sogenannten „ersten Meile“, der Strecke zwischen der Autobahn Ingolstadt Süd und dem IN Campus, wird künftig innerstädtisch das autonome Fahren getestet werden können. Zentraler Ansprechpartner wird ein städtischer Digitalisierungsbeauftragter im bald schon digitalen Rathaus sein. Und künftig soll es im Stadtrat einen eigenen Digitalisierungsausschuss geben. Dort sollen sich die futurologischen Kongress-Debatten quasi repräsentativ verstetigen. Damit weiter über Licht und Schatten der digitalen Zukunft diskutiert wird.
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