Romantik, Zoff und Fremdschämen: So lief das Bachelor-Finale 2019
Das Bachelor-Finale ist unerwartet nett - bis zu einem bestimmten Zeitpunkt. Die Romantik macht RTL mit einem Zusammentreffen der Kandidatinnen zunichte.
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Kritik am Format "Der Bachelor" ist berechtigt. Das Frauenbild, das in der RTL -Kuppelshow vermittelt wird: lächeln, hübsch aussehen, auf den Traumprinz warten - ist im Jahr 2019 ganz sicher nicht mehr zeitgemäß. Frauen werden noch immer vor laufender Kamera aufgestachelt, sich gegenseitig schlecht zu machen. Statt wünschenswerter Solidarität unter Frauen und einem humanen, freundlichen Umgangston, forciert RTL mit dem Format, und das kann man nicht anders sagen, Neid, Missgunst und Zwietracht unter Frauen - nur, um den voyeuristischen Trieb seiner Zuschauer zu befriedigen.
Bereits die allererste Staffel wurde heftig kritisiert. So schrieb der Journalist Oliver Fuchs 2004 in der Süddeutschen Zeitung , die Show sei "menschenverachtend" und "die verkommenste TV-Sendung seit Menschengedenken". SPD-Politikerin Sabine Bätzing erklärte: "Das Frauenbild, das dem Publikum vermittelt wird, ist erschreckend und erinnert mich an den Kamelhandel."
Seit mittlerweile 15 Jahren hat Jahr für Jahr wieder ein Junggeselle (meist groß, muskulös, mit Dreitagebart) die Qual der Wahl: 2019 war Andrej Mangold der RTL-Bachelor, der sich unter 22 Frauen eine passende herauspicken konnte. Das hat er nun im Finale der aktuellen Staffel getan. Von den anfangs mehr als 20 Kandidatinnen hatten sich zwei bis dorthin gekämpft: die 25-jährige Jennifer "Jenny" Lange, Sport- und Gesundheitsmanagerin aus Bremen sowie die ein Jahr ältere Flugbegleiterin Evanthia "Eva" Benetatou aus Düsseldorf.
"Bachelor 2019": Das Finale läuft am Mittwochabend im TV
Im Fernsehen wird das Finale erst am Mittwochabend ausgestrahlt, über das Bezahlportal TV Now war die Folge bereits ab Dienstagabend abrufbar. Dass RTL Inhalte schon vor der Ausstrahlung im Fernsehen auf dem Bezahlkanal TV Now zur Verfügung stellt, sei "für vereinzelte Formate der Fall, wo immer es möglich ist und Sinn macht", erklärt Sprecherin Mandy Berghoff.
Aller Kritik am Format zum Trotz ist das Finale erstaunlich nett - zumindest, bis zu einem bestimmten Punkt. Statt halbnackter, devoter Frauen, die sich im Kampf um den einen Mann gegenseitig Gemeinheiten an den Kopf werfen, bekommen die Zuschauer die ungemein sympathisch und bodenständig wirkenden Eltern des Bachelors zu sehen. Mutter Monika und Stiefvater Carsten sollen Andrej Mangold dabei helfen, die richtige Wahl zu treffen.
"Meine Mama ist mein bester Freund", erklärt der Bachelor, bevor die Treffen mit Jenny und Eva anstehen. Zuerst tritt Jennifer zur Familienvorstellung bei Andrejs Eltern an und bringt brav Blumen mit. Die erste Reaktion von Mama Monika: "Wow. Attraktive Frau." Stiefvater Carsten meint: "Angenehm unsicher, das finde ich sympathisch."
Bachelor-Mutter Monika trifft auf Finalistinnen Jenny und Eva
Im Vier-Augen-Gespräch möchte die Bachelor-Mutter dann das wissen, was sich wohl viele fragen, die die Show vor dem Fernseher und nicht als Teilnehmerin verfolgen: "War es nicht schlimm für dich zu wissen, dass es da noch so viele andere Frauen gibt?" Jenny überlegt kurz und antwortet dann: "Wir haben uns auch tagelang mal nicht gesehen. Dann habe ich von anderen Frauen gehört, dass sie ein schönes Date mit ihm hatten. Dann hat er die zweite geküsst, dann die dritte."
Man muss sich das mal auf der Zunge zergehen lassen: Wenn eine Frau im realen Leben so über einen Mann sprechen würde, den sie kennengelernt hat und interessant findet, würde ihr doch jeder halbwegs vernünftige Mensch raten, bloß die Finger von "so einem" zu lassen. Nicht so beim Bachelor...
Das Fazit von Mutter Monika: "Ich denke, ich weiß, was sie möchte. Sie ist bestimmt verliebt."
Anschließend steht das Kennenlernen mit Eva an. Für die Eltern eine merkwürdige Situation: "Im normalen Leben mit zwei Menschen eine Beziehung aufbauen, ist nicht normal", stellt Stiefvater Carsten fest.
Das süßeste Paar im Bachelor-Finale: Mutter Monika und ihr Ehemann Carsten
Doch Eva kann die Bachelor-Eltern schnell von sich überzeugen. "Ich habe das Gefühl, dass sie reifer ist, erfahrener ist", findet Mutter Monika. "Ich habe das Gefühl, dass er mit Eva eine Partnerin hat, mit der er sich austauschen kann. Mit Jenny bestimmt auch, aber sie ist einfach so ein liebes Püppchen, nicht ganz so reif." Stiefvater Carsten bleibt das Treffen mit Eva ebenfalls positiv in Erinnerung: "Das hätte ruhig noch ein paar Stunden weitergehen können", sagt er.
Und was meinen nun die Eltern? "Eva ist deutlich mehr Frau", sagt Stiefvater Carsten. Mutter Monika meint: "Bei der Action, die in deinem Leben passiert, macht Eva den kompetenteren Eindruck, dich dabei zu begleiten." Und obwohl seine Eltern eine recht klare Meinung haben, wirkt Bachelor Andrej erschöpft: "Das hat mir irgendwie so gar nicht geholfen."
Ob Andrej und Eva oder Andrej und Jenny: Das überzeugendste Paar in dieser Runde sind ganz klar Andrejs Mutter Monika und ihr Mann Carsten, der nach dem Treffen mit den beiden potenziellen Schwiegertöchtern seine Frau anblickt und grinsend sagt: "Ich wähle Moni!"
In beiden Einzeldates, die Andrej in der finalen Folge von "Der Bachelor" 2019 dann noch mit Jenny und Eva hat, meint der Zuschauer, doch tatsächlich so etwas wie Romantik zu verspüren. "Du hast einen Platz in meinem Herzen. Einen ganz schön großen Platz", sagt Jenny. "Geht mir genauso", sagt er und verrät anschließend im Interview: "Es fühlt sich so an, als würde sich daraus etwas Großes entwickeln. Genau das, was ich suche. Es ist schwer jetzt zu wissen, morgen hast du dasselbe nochmal mit einer Frau, die dir viel bedeutet." Beim Abschied fließen bei beiden Tränen.
Bachelor Andrej Mangold gibt die letzte Rose an Jenny
Doch auch im Gespräch mit Eva macht der Bachelor romantische Geständnisse. "Seit unserem Dreamdate in Havanna hat sich ganz viel bewegt in meinem Herzen. Das kann nur ein Gefühl sein: begeistert, aufgeregt, glücklich, verliebt", sagt er. Und Eva verrät im Einzelinterview: "Ja, ich bin verliebt."
Andrej wirkt ehrlich zerrissen zwischen beiden Frauen. Mehrfach wird er mit rot-verweinten Augen gezeigt, verrät, dass er kaum geschlafen hat. "Das ist emotional kaum zu handlen für mich", sagt der 32-jährige Basketballer. "Ich bin mental sehr stark eigentlich. Aber das ist etwas anderes, mentale Toughness im Profisport, wenn du auf dem Feld bist und mit deinem Gegner kämpfst. Aber in der Liebe, da gibt es keine mentale Stärke."
Dann steht die Entscheidung an. "Mein Gefühl ist, dass ich gleich eine feste Freundin habe", sagt Bachelor Andrej mit schüchternem Grinsen. Zuerst kommt Eva: "Ich wusste, dass ich mich in dich verliebt habe", gesteht der Bachelor. "Aber ich weiß auch, zu einem Zeitpunkt, der falscher nicht sein könnte, dass mein Herz einfach ein wenig mehr für die Jennifer schlägt und ich dir nicht die letzte Rose geben kann."
Extrem gefasst murmelt Eva "okay". Schweigend begleitet der Bachelor sie zum Auto. "Ich hoffe, du hast für dich das Richtige getan", gibt sie ihm mit auf dem Weg und man ist erstaunt, so viel Klasse in diesem Format zu finden.
Auch im Auto lässt sie sich nicht zu Bosheiten hinreißen: "Sehr widersprüchliche Worte, die er da gerade von sich gegeben hat", sagt sie. Lediglich ein kleiner Seitenhieb: "Er hat sich für das Mädchen entschieden und nicht für die Frau."
Anschließend empfängt Andrej Jenny. Noch einmal rekapituliert er ihre gemeinsame Zeit und fragt sie dann "Möchtest du diese letzte Rose annehmen?". Statt einer Antwort küsst sie ihn und schiebt anschließend hinterher: "Natürlich will ich." Selbst der Bachelor-kritische Zuschauer ist an dieser Stelle auf wundersame Weise gerührt.
Fremdschämen darf auch im Bachelor-Finale 2019 nicht fehlen
Der unangenehme Part, bei dem man sich Fremdscham-erfüllt wahlweise Ohren und Augen zuhalten oder einfach abschalten will, kommt erst nach dem eigentlichen Finale. Im Beisein von Moderatorin Frauke Ludowig trifft Bachelor Andrej Mangold auf einige Ex-Teilnehmerinnen - darunter auch Finalistin Eva. Sie trägt die Abfuhr zunächst mit Klasse, auch wenn sie immer noch nicht verstehen mag, warum Andrej erst vom Verliebtsein sprach und sie dann doch nach Hause schickte.
Deutlich weniger Klasse zeigen Isabelle und Steffi. An einer Stelle, an der man sich über Solidarität unter Frauen freuen würde, bekommen sie sich - erwartungsgemäß - in die Haare. Grund dafür ist, dass Isabelle Steffi in einer der ersten Folgen als "Bauer" bezeichnete. Was man höflich überspielen oder - in heutigen Zeiten ungewöhnlich - einfach mit einem "Entschuldigung, war doof von mir" beilegen könnte, führt zu einem lautstarken Streit über die Art und Weise, wie sie jeweils mit Bachelor Andrej getanzt haben. "Time-Out" fordert dieser schließlich sogar persönlich und fügt an: "Ihr redet euch hier um Kopf und Kragen."
Auch die Konfrontation zwischen Eva und Jenny ist - es lässt sich nicht anders sagen - unangenehm. Natürlich provoziert RTL an dieser Stelle die Begegnung der Gewinnerin und ihrer schärfsten Konkurrentin. Dennoch: Im Wissen um das Format hätte man sich von beiden eine souveränere Reaktion gewünscht. "Wir hatten keine Connection und waren nicht auf einer Wellenlänge. Ich habe das nicht verstanden, was Andrej an dir findet", sagt Jenny zu Eva.
Mit einer vieldeutigen Aussage über die Nacht, die sie mit Andrej verbracht hat, provoziert Eva im Gegenzug und macht das bis dahin so positive Bild von ihr zunichte. Die beiden Finalistinnen und Bachelor Andrej Mangold, die bei der letzten Rosenvergabe noch erwachsen und ernsthaft emotional beteiligt schienen, wirken an dieser Stelle allesamt wie schnippische Teenager. Wie so oft hätte auch in diesem Fall gegolten: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold. (sli)
Ob Bachelor Andrej Mangold und seine Herzdame Jennifer noch zusammen sind, lesen Sie hier.
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