Heute Nacht ist Zeitumstellung – dabei sollte sie längst Geschichte sein
Am Sonntagmorgen werden die Uhren um eine Stunde zurückgestellt. Damit sollte es längst vorbei sein, doch selbst nach Jahren können sich die 27 EU-Staaten auf keine gemeinsame Position einigen.
Ein Wort fehlt in der Beschreibung der Saga um die Zeitumstellung nie: „eigentlich“. Denn eigentlich dürfte es diesen Text überhaupt nicht geben. Die Zeitumstellung sollte schon abgeschafft und damit das halbjährlich wiederkehrende Ritual in der Europäischen Union mit der Uhrendreherei längst Geschichte sein.
Dem ist nicht so. In der Nacht von Samstag auf Sonntag werden abermals die Uhren von 3 Uhr auf 2 Uhr zurückgestellt – dann gilt wieder die winterliche Normalzeit. Obwohl dies eine Stunde mehr Schlaf bedeutet, sorgt das Thema nicht nur bei vielen Bürgern für Ärger, sondern auch in Brüssel herrscht zuverlässig zweimal im Jahr Empörung. Denn das EU-Parlament votierte bereits im März 2019 mit breiter Mehrheit für das Ende des Mini-Jetlags. Doch seitdem ist so gut wie nichts passiert. Der Grund: Die Regierungen in den Mitgliedstaaten können sich nicht auf eine gemeinsame Position einigen.
Das letzte Mal wurde 2019 über eine gemeinsame Position zur Zeitumstellung diskutiert
Mittlerweile scheinen sie nicht einmal mehr nach einem Konsens zu suchen. Das letzte Mal, dass der Rat darüber diskutierte, war im Jahr 2019 während der finnischen EU-Ratspräsidentschaft. Sie hätten das Thema „auf den Sankt-Nimmerleinstag verschoben“, kritisierte der CSU-Europaparlamentarier Markus Ferber. Dabei müsse es zurück auf die Agenda. „Wir können Fortschritte in diesem Thema nicht auf ewig vertagen und damit den Mehrheitswillen der Bevölkerung ignorieren.“
Heute unterteilt sich die Gemeinschaft in drei Zeitzonen. Die Entscheidung, welche Zeit gelten soll, ist jedem Mitgliedstaat selbst überlassen. Dementsprechend herrscht Chaos. Um beim neuen Status quo ein Durcheinander zu verhindern, sei laut Ferber vor allem die Absprache und Koordinierung der Standardzeiten unter den 27 Ländern wichtig. „Ansonsten erhalten wir in unserem Binnenmarkt einen Flickenteppich an Zeitzonen, den es unbedingt zu vermeiden gilt“, so der CSU-Politiker.
Ende der Zeitumstellung: Deutschland favorisiert die Sommerzeit
Derzeit gibt es eine Gruppe, darunter die Niederlande und Dänemark, die eine ständige „Normalzeit“, die oft als Winterzeit bezeichnet wird, befürwortet. Unter anderem Deutschland, die baltischen Staaten und Polen favorisieren dagegen die Sommerzeit. Das wiederum hieße beispielsweise für Spanien, dass es im Winter bis kurz vor 10 Uhr dunkel bliebe. Zum jetzigen Stand der Dinge tendiert derweil Griechenland.
Ein Sprecher der EU-Kommission schien sich diese Woche ebenfalls in der Halbjährlich-grüßt-das-Murmeltier-Zeitschleife gefangen zu fühlen. Wie schon sechs Monate zuvor wiederholte er, was er vor sechs Monaten wiederholt hatte: „Der Ball liegt im Feld der Mitgliedstaaten.“ In den Regierungszentralen aber wird er ignoriert. Die Lust scheint sich in Grenzen zu halten, sich mit dem unliebsamen Thema zu beschäftigen. Dabei klang einmal alles so schön, so einfach, so harmonisch.
Ewiger Sommer oder winterliche Normalzeit? Die Frage gab Brüssel sogar an die Wähler weiter und konnte damit so etwas wie Bürgernähe demonstrieren. 4,6 Millionen Menschen stimmten 2018 bei der Online-Befragung ab, drei Millionen allein aus Deutschland. Das war zwar weder repräsentativ noch bindend, aber der damalige Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker betrachtete das Ergebnis als Auftrag zur Abschaffung der Zeitumstellung. „Die Menschen wollen das. Wir tun das“, preschte er vor, um dann einen Satz nachzuschieben, der heute bemerkenswert absurd klingt: „Die Zeit drängt.“ Seine Behörde präsentierte im September 2018 einen Gesetzesentwurf, laut dem im März 2019 – eigentlich – zum letzten Mal verpflichtend alle EU-Staaten an der Uhr hätten drehen müssen. Trotz Zustimmung des EU-Parlaments blieben die Mitgliedstaaten unbeeindruckt.
Energieeinsparung durch die Zeitumstellung gibt es kaum
In Brüssel verweist man traditionell auf Verkehrsbetriebe und Unternehmen, die EU-weit tätig sind und für die es angeblich leichter wäre, wenn sie nicht zweimal pro Jahr mit dem Wechsel von alter und neuer Zeit hantieren müssten. Kritiker führen dagegen das an, das an das Argument aus den 1970er-Jahren erinnert, als man die Sommerzeit erfand und große Energieeinsparungen versprach.
Allerdings wurde dieses Ziel kaum erreicht. Laut Umweltbehörden wird zwar am elektrischen Licht gespart, dafür in den kühlen Monaten am Morgen mehr geheizt. Auch wenn viele Menschen von Problemen erzählen, wenn mal wieder an den Uhren gedreht wird und auch Tiere oft ihren Rhythmus verlieren. Dass die Sommerzeit beliebter ist, begründen die Befürworter vor allem mit einem Mehr an Lebensqualität aufgrund von langen hellen Abenden. Die sind ab Sonntag erst einmal vorbei.
Die Diskussion ist geschlossen.
Wenn sich die Leute nicht so dämlich anstellen würden bei der Zeitumstellung, bei der sie angeblich nie wissen, ob sie die Uhr vor- oder zurückdrehen müssen. Wenn sie sich nicht Beschwerden einbilden würden, die sie niemals haben, wenn ihnen Schlaf fehlt, weil sie zu lange gefeiert haben oder den Kindern, weil sie unter der Woche mit ins Fußballstadion zu einem Flutlichtspiel genommen wurden. Wenn man ganz nüchtern betrachtet, dass die Zeitumstellung im Großen und Ganzen einfach Vorteile hat, weil sie die Spitzen umverteilt (dass es im Sommer um 4.00 Uhr hell wird, brauchen die wenigsten und da ist es dann schon ganz hübsch, wenn es abends länger hell ist, aber ob es im Winter dann um 16.00 oder um 17.00 Uhr 'kuhnacht' ist, das ist vergleichsweise egal, weil der Freizeitgewinn dann doch eher nicht zum Tragen kommt, während es nicht so prickelnd ist, wenn die Schulkinder im Dunkeln zur Schule tappen).
Wenn man also der Zeitumstellung nüchtern neutral begegnen würde - was leider auch die Zeitungen nicht tun, weil sie zweimal im Jahr meinen ein tolles Thema zum zigten Male ventilieren zu müssen - dann könnte man es einfach bei dieser belassen. Sie hat sich ja eigentlich bewährt - bis auf die Leute, die sich zu sehr mit ihrem Biorhythmus beschäftigen. Ich persönlich bemerke sie kaum, weil ich kein Drama drum und kein Thema draus mache.
(Ich würde mich nicht wundern, wenn nach einer dauerhaften Einführung der Sommerzeit das Gejammere über die lange Dunkelheit am Morgen im Winter losginge).
Eine Stunde länger schlafen?
Dürfen ja, aber können bei 100 Glockenschlägen des Angelusläuten um 04:30 bei gekipptem Schlafzimmerfenster und 300m Luftlinie zum Glockenturm.
Sonst um 05:30, aber es wurde die Umstellung verschlafen.*grummel
So wie ich das verstanden habe kann man sich lediglich nicht einigen auf welche Zeit, Sommer oder Winter.
Ich präferiere auch die Winterzeit da es sonst im Winter bis morgens um 09:00 dunkel wäre.
Der böse Putin hat diese unsinnige Zeitumstellerei bereits vor 11 Jahren abgeschafft.
Genau. In Russland ist dauerhaft 'Winter'zeit.
Was ich im Falle einer Abschaffung der Zeitumstellung im Übrigen auch befürworte.
Scheinbar ein deutsches Problem, das im rest Europas nur eine Minderheit interessiert...
Unflexibel und zäh- um jede Entscheidung muss in den verschiedenen EU Gremien gerungen werden und jeder darf seine Einwände demokratisch breit ventilieren. Entscheidungsfreude sieht anders aus. Warum macht man nicht 3 Zeitzonen- West- Mittel - und Osteuropa in anderen Kontinenten geht das auch wie USA, Südamerika und Russland, aber nein in Europa geht das wohl überhaupt nicht- es könnte sich einer am Ende benachteiligt fühlen.
Die drei Zeitzonen habe wir ja bereits.
Es geht hier schlichtweg darum, dass sich die EU innerhalb all dieser drei Zeitzonen befindet.
Wie kann das vereinheitlicht werden?
Russland ist kein Kontinent und hat glaub mehr als 3 Zeitzonen...
@Von Martin M.: Wo ist das Problem, wenn es in der EU drei bis vier Zeitzonen gibt und jeder auf seinem Längengrad eine Uhrzeit hat, die halbwegs mit dem Sonnenstand zusammenpasst?
Das schreckliche sind nicht die eindeutig festgelegten Zeitzonen, sondern diese unsägliche "Zeitumstellung" zwei mal im Jahr. Wäre interessant herauszufinden, wie viel wirtschaftlichen Schaden diese "Energiesparmaßnahme" anrichtet.
An diesem Thema sieht man deutlich dass die EU mittlerweile viel zu gross und unflexibel geworden ist.