Heino Ferch über Tanzeinlage: „Das war ein kleiner Blindflug“
Heino Ferch überzeugt seit Jahrzehnten als Schauspieler und zuletzt als Tänzer bei „Wetten, dass..?“. Tanz und Sport prägen sein Leben – auch beim Älterwerden.
Herr Ferch, Sie sind ja ein begnadeter Tänzer!
Heino Ferch: Ha, ha, ha. Sie heben auf diese kleine verwegene Nummer ab?
Ja, bei der „Wetten, dass..?“-Jubiläumsshow haben Sie mit Schauspielerin Svenja Jung eine heiße Sohle wie einst Uma Thurman und John Travolta in „Pulp Fiction“ hingelegt.
Ferch: Das war ein kleiner Blindflug, als Thomas (Gottschalk, d. Red.) von meiner Filmpartnerin Svenja Jung und mir diesen Tanz einforderte. Wir kannten die Tanzszene beide, obwohl sie schon einige Jahre zurückliegt und Svenja ja noch ziemlich jung ist. Allerdings hatte sie so enge Klamotten an, dass sie kein Telefon dabei hatte und ich im Smoking auch nicht, sodass wir uns das noch mal hätten anschauen können.
Dann tauchte doch ein Handy auf.
Ferch: Ja, ich habe Joko (Winterscheidt, d.Red.), der auch in der Sendung war, zugeflüstert, ob er mir sein Handy leihen könne. Da hat der mir sein iPhone rübergeschoben, wir haben die Tanzszene gegoogelt und uns das noch ganz schnell reingezogen, während das Publikum schaute, wie auf der anderen Seite der Bühne die Wette stattfand. Und dann hieß es: Let’s go!
Trainieren Sie regelmäßig Tanzen?
Ferch: Nein, nicht wirklich. Aber ich habe viel Sport und Fitness in meinem Leben gemacht. Das brauche ich als Lebensgefühl. Ich muss immer körperlich aktiv sein. Auch bei Dreharbeiten absolviere ich mein Programm. Getanzt habe ich in meiner Jugend sehr viel. Während meiner Turnerei, so mit 15 oder 16, die mich auch zum Schauspiel gebracht hat, habe ich sehr viel Ballett gemacht. Die haben damals im Dreispartentheater in meiner Heimatstadt Bremerhaven händeringend nach Tänzern gesucht. Die haben gesagt, ihr springt wie die Stiere, habt Power in den Armen und könnt die Damen heben, es sieht alles ein wenig sportlich aus, aber das bekommen wir schon hin. Und so war es dann auch.
Ihr neues Filmprojekt „Der Palast“, eine Fernsehserie im ZDF ab 3. Januar, handelt von Zwillingsschwestern, die durch den Bau der Berliner Mauer auseinandergerissen worden sind. Aber das Thema Tanz im Friedrichstadtpalast hat eine wichtige Nebenrolle, oder?
Ferch: Ja, über das Thema Tanz laufen viele Handlungsstränge zusammen. Letztlich ist die große Geschichte aber die Klammer zwischen 1961 und 1989, als die Berliner Mauer errichtet worden und wieder gefallen ist. Es war eine großartige Idee, dass man nicht wie so oft eine klassische Mauerfallgeschichte erzählt, sondern nach dem Adlon ein weiteres Berliner Gebäude sozusagen haptisch in den Mittelpunkt rückt. Denn viele werden den Friedrichstadtpalast kennen und sagen: Schau, da sind wir auch schon vorbeigefahren.
Sie spielen den Vater der Schwestern. Er ist mit einer Tochter am Tag des Mauerbaus zurück in den Westen geflohen. Was mochten Sie an der Rolle?
Ferch: Na, diesen Konflikt, der sich in meiner Figur auftut. Dieser Mann hat ja damals intuitiv gehandelt und ist mit einer seiner Töchter aus Ostberlin nach Westberlin unterwegs. Doch bald merkt er, dass das eine total bescheuerte Idee ist, seine Frau mit einer Tochter zu verlassen, um sie zu zwingen, zu ihm in den Westen zu ziehen. Als er aber zurückwill, kann er das auf einmal nicht mehr, weil gerade der Stacheldraht ausgerollt wird. Es war ein tragisches Timing. Diese Schuld, die dieser Mensch dann Jahrzehnte mit sich herumgetragen hat, hat mich gereizt an dieser Rolle. Wie geht man mit so einer Situation um? Das sind für einen Schauspieler schöne Herausforderungen.
Warum sind solche Filmprojekte wichtig?
Ferch: Weil die Jugend, zwischen 15 und 25 beispielsweise, diese Zeit gar nicht erlebt hat. Wenn man heute in Berlin ist, kann man diese Geschichte noch überall spüren. Das ist unsere Vergangenheit und unsere Zukunft hat immer etwas mit dem Umgang mit der Vergangenheit zu tun. Berlin ist in der ganzen Welt sicher einmalig. Nirgendwo sonst ist Politik und Geschichte so zu erleben. Und der Film ist ja auch nach wahren Begebenheiten entstanden.
Haben Sie vor dem Fall der Mauer mal die DDR besucht?
Ferch: Die Schwester meines Vaters lebte mit ihrer Familie an der Ostsee. Wir waren fast jedes Jahr drüben und hatten Pakete mit Jeans dabei. Zurückbekommen haben wir Dresdner Christstollen.
Eine Besonderheit in der Serie: Sie spielen, wie auch bei der Allmen-Reihe, mit Perücke. Wie kam das?
Ferch: Ja. Ich liebe es, Figuren mit Veränderungen auszustatten. Den Züricher Dandy Allmen spiele ich mit großem Genuss. Da war letztlich Bryan Ferry der Pate. Auch bei der Ku’damm-Serie hatte ich eine Perücke. Ich finde, das gehört dazu, wenn es passt.
Käme es für Sie auch privat in Frage?
Ferch: Nein, brauche ich nicht. Ich habe Gott sei Dank einen ganz guten Kopf für raspelkurze Haare. Und das ist ja irgendwann auch die einzig machbare Frisur.
Sie sind inzwischen 58 Jahre alt. Haben Sie ein wenig Bammel vor dem Alter und dass der Körper mal nicht mehr so macht, wie man will?
Ferch: Na ja, das wird irgendwann sowieso kommen. Wir zögern das ja hinaus, so gut es geht. Aber vermeiden lässt es sich nicht. Ein Freund von mir sagt: Alter ist kein Kampf, sondern ein Massaker. Der ist über 80 und lacht über diesen Satz, denn man kann eh nichts dagegen machen, sondern nur so gut es geht auf sich aufpassen.
Apropos Alter: Sie gehören allem Anschein nach zu den Social-Media-Verweigerern. Gibt es da einen Grund?
Ferch: Ich bin immer noch der klassischen Auffassung, ein Schauspieler gibt schon in seinen Rollen viel von sich her. Da muss ich nicht ständig posten, was ich gerade gekauft habe oder durch welche Stadt ich gehe. Die Öffentlichkeit, die ich habe, ist sowieso schon groß. Mein Privatleben habe ich aber immer gedeckelt, es gibt auch keine Homestorys. Da will ich meine Familie nicht zu Markte tragen.
Machen aber viele.
Ferch: Das brauche ich nicht. Dieses ständige On-Air-Sein ermüdet und nutzt sich ab. Die Kids, die machen das ständig. Der Kampf mit den eigenen Kindern um Handyzeit, der ist schon anstrengend genug.
Ist vielleicht keine ganz moderne Einstellung, aber eine gesunde, oder?
Ferch: Das weiß ich nicht. Tatsächlich gibt es viele Kollegen am Set, die nur damit beschäftigt sind, den richtigen Winkel fürs nächste Foto zu checken und bei jeder Gelegenheit fragen, ob sie das online stellen können. Da frage ich mich manchmal, ob man nicht besser auf das Wesentliche konzentriert sein sollte. Das nimmt in der Tat manchmal groteske Züge an.
Zur Person Heino Ferch, 58, hatte seinen Durchbruch 1997 mit „Comedian Harmonists“. Es folgten große Kino- und TV-Rollen. Er lebt mit seiner Frau und drei Kindern am Ammersee.
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