Auch wenn die Ampel bald Halbzeit hat, ist es für eine Bilanz zu früh
Die Ampelkoalition um Kanzler Olaf Scholz steht praktisch vor ihrer Halbzeitpause. Für eine Bilanz ist es allerdings aus verschiedenen Gründen noch zu früh.
Wenn die parlamentarische Sommerpause im September vorbei ist, hat die Ampelkoalition die erste Hälfte ihrer Regierungszeit fast hinter sich gebracht. Volle vier Jahre wird nie durchregiert, die letzten Wochen einer jeden Legislaturperiode stehen im Zeichen des Wahlkampfes. Ob SPD, Grüne und FDP in 2025 dann wieder die Regierungsbank drücken werden? Den aktuellen Umfragen zufolge sieht es nicht besonders gut aus. Wäre am Sonntag Bundestagswahl, könnten die drei Ampelparteien aufgrund mangelnden Zuspruchs keine Regierung bilden. Aber sie haben noch reichlich Zeit, diesen Zustand zu ändern.
Denn die schlechten Umfragewerte, die übrigens für fast alle Bundestagsparteien gelten, sind nicht wirklich erklärbar. Dem Land geht es insgesamt gut, Scholz wies in seiner Sommerpressekonferenz zu Recht darauf hin. Es gab keinen Horror-Winter mit Kältestuben für die Armen, es musste niemand erfrieren und die Heizkostenabrechnungen sind vielfach weniger hoch, als befürchtet.
Das Heizungsgesetz als schlechtes Beispiel der Ampelkoalition
Es gibt Grund zur Klage über die Koalition, keine Frage. Das Heizungsgesetz ist ein fast schon groteskes Beispiel dafür, was eine Regierung alles falsch machen kann. Eine miserable Kommunikation und viele inhaltliche Fehler schürten den Frust in der Bevölkerung. Anderseits kommt die Ampel mit dem Gebäudeenergiegesetz dem Wählerauftrag nach, etwas für den Klimaschutz zu tun. Wenn es im Herbst tatsächlich beschlossen wird und sich die Hoffnung bewahrheitet, dass in Deutschland ab Mitte dieses Jahrhunderts CO₂-neutral geheizt wird, dann ist die ganze Aufregung nur noch eine Anekdote.
Man müsse sich auf den Weg machen und nicht immer nur Ziele formulieren, erklärte Scholz, der davon überzeugt ist, dass seine Ampel den Stillstand der Vorgänger-Regierungen überwunden hat. Einige Reformen stehen bereits auf der Haben-Seite von Rot-Grün-Gelb, bei anderen bedeutenden Projekten wie der Kindergrundsicherung bewegt sich die Ampel noch im Soll. Ein häufiger Reflex ist, daraus voreilig ein Scheitern des Bündnisses abzuleiten. Scholz hat auch da richtig beobachtet. Wenn die Politik, erklärte er, ein Ziel formuliere, dann komme garantiert zwei Minuten später schon jemand und frage: Und, Ziel erreicht?
Beim Blick auf die Politik können mehr Geduld und Gelassenheit sicherlich nicht schaden. Die Probleme sind zwar da und müssen angepackt werden. Aber existenzielle Not herrscht nicht. So ganz eilig, wie oftmals getan wird, ist es dann vielleicht doch nicht.
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