Steht die Kindergrundsicherung vor dem Aus?
5000 neue Stellen zum Bürokratieabbau? Da will die FDP nicht mitmachen. Und auch die SPD bremst. Jetzt streitet die Ampel erneut um die Kindergrundsicherung.
Der Ampelstreit um die Kindergrundsicherung flammt ein weiteres Mal auf – und zwar so heftig, dass Familienministerin Lisa Paus sogar ein komplettes Scheitern ihres Lieblingsprojekts befürchten muss. Weil die Grünen-Politikerin für die Verwaltung der im Grundsatz von der Bundesregierung bereits beschlossenen Sozialreform 5000 zusätzliche Stellen aufbauen will, stellt sich der Koalitionspartner FDP quer. Stephan Thomae, Parlamentarischer Geschäftsführer der Liberalen im Bundestag, sagte unserer Redaktion: „Ziel der Kindergrundsicherung muss es doch sein, bestehende Sozialleistungen zu bündeln und Abläufe zu automatisieren und zu digitalisieren, damit Familien sie einfach und unbürokratisch beantragen können. Das ist eine zentrale Verwaltungsreform der Ampelkoalition, die neue Chancen für Kinder schafft.“ Dafür brauche es aber „keine zusätzliche, aufgeblähte Behörde, die finanziell überhaupt nicht abbildbar ist und die genau das Gegenteil von Entbürokratisierung darstellt“.
Bringschuld des Staates – oder Eigenverantwortung?
Paus hatte zuvor bekräftigt, das zusätzliche Personal für den geplanten „Familienservice“ bedeute „eine Bürokratieentlastung für die Bürger“. Diese trügen im Moment die Bürokratielast, müssten von „Pontius zu Pilatus rennen“. Die Familienministerin weiter: „Mit den 5000 Stellen wollen wir von der Holschuld der Bürger zur Bringschuld des Staates kommen.“ FDP-Mann Thomae kritisiert die Grüne dafür scharf. Es sei „sehr befremdlich, wenn der Vorschlag eines solchen unsinnigen Personalaufbaus auf Steuerkosten mit einer Bringschuld des Staates begründet wird“. Denn der Sozialstaat entbinde nicht von Eigenverantwortung.
In der Kindergrundsicherung will Paus mehrere familienpolitische Zahlungen wie Kindergeld, Kinderzuschlag sowie Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket oder dem Bürgergeld bündeln. Kerngedanke ist, dass die Kindergrundsicherung möglichst unkompliziert von einer zentralen Stelle ausgezahlt werden soll. Doch von Anfang an hatte es um das Projekt massiven Streit in der Ampelkoalitiongegeben. Für die FDP stand der Gedanke der Vereinfachung und Digitalisierung der Leistung im Vordergrund; Erhöhungen der Leistungen, wie von Paus geplant, wollte sie nicht mittragen. Statt der von Paus geforderten zwölf Milliarden Euro bewilligte der liberale Finanzminister Christian Lindner nach zähem Ringen 2,4 Milliarden Euro.
Im vergangenen September einigte sich die rot-grün-gelbe Regierungskoalition im Grundsatz auf die Einführung der Kindergrundsicherung zum Beginn des Jahres 2025. Doch nach der ersten Beratung des Bundestags blieben zahlreiche Unstimmigkeiten, für die weitere Befassung gibt es noch keine Termine. Die FDP wirft Paus vor, bisher keinen tragfähigen Gesetzentwurf vorgelegt zu haben. Auch SPD-Chef Lars Klingbeil forderte kürzlich Änderungen am Grundsicherungskonzept, und Parteivize Sönke Rix bezweifelt, dass der für Anfang 2025 geplante Start der Kindergrundsicherung überhaupt noch zu schaffen ist.
Die Zeit läuft davon, und die Union will Neustart
Nicht ausgeschlossen scheint, dass die Reform sogar komplett scheitert. Denn im Herbst 2025 sind Bundestagswahlen. Und die Union, die derzeit in den Umfragen führt, hat angekündigt, die sozialen Projekte der Ampel wie Bürgergeld und Kindergrundsicherung im Falle eines Wahlsiegs auf den Prüfstand zu stellen. Die familienpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Silvia Breher, sagte unserer Redaktion: „Die Kindergrundsicherung ist die größte sozial- und familienpolitische Mogelpackung der Ampel. Sie verspricht viel, hält aber nichts von dem.“ Im parlamentarischen Verfahren helfe da keine Nachbesserung, so die CDU-Politikerin: „Es braucht einen kompletten Neustart.“
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>> (CHRISTOPH S.) ...vielleicht sollte der Staat gleich noch ein paar Tausend Beamte mehr einstellen, ... und der Staat auch die Anträge für Bauvorhaben und die notwendigen Anträge für staatliche Förderung bei der Gebäudesanierung gemäß neuem Gebäudeenergiegesetz gleich selbst ausfüllt ? <<
Praktisch läuft es ja auch so, nur dass das keine Beamten sind...
BAFA Energieberater die überwiegend vom Staat bezahlt werden (80% Zuschuss) sind im wesentlichen dafür ausgebildet, die Antragswege und Formulare für sämtliche Sanierungszuschüsse richtig auszufüllen und formale Fehler im Zeitablauf zu vermeiden - echte Kompetenz was geht und was sich finanziell lohnt kann nur aus der Vorausbildung kommen.
Einfach mal ansehen:
https://www.youtube.com/watch?v=RQ99BwtOijI
Die zu Grunde liegende Denkweise ist nicht sonderlich grün sondern im Politikbetrieb Deutschlands weit verbreitet. Die gültigen Regeln haben auch CDU/CSU fabriziert.
Es gibt zum Thema Energieberater auch einen guten Beitrag von Bay. Rundfunk:
https://www.youtube.com/watch?v=KIFiHpwAVzU
P.S: Aktuell geht es ja auch nicht mehr um die Bündelung von Leistungen für Kinder, sondern Frau Paus steht als Ministerin des linken Flügels der Grünen in grundsätzlicher Kritik. Steuergeld für Marxisten als "Demokratieförderung" werden jetzt halt bei Familienleistungen neu verhandelt ;-)
Die beste Kindergrundsicherung: Gehälter und Löhne von denen man leben kann.
Wer nicht grade Astrophysiker ist sollte bis zu einer Obergrenze überhaupt keine Einkommenssteuer zahlen.
Da bliebe Geld für Kitas, Schulfahrten und Lehrmittel über. Ebenso bricht keine Katastrophe über die Leute herein wenn ein Verdiener mal ausfällt.
Dank an die FDP, ohne deren Mitwirkung eine neue, riesengroßes Bürokratiemonster nebst Ausgabewelle das Land überollen würde, alles auf mehr Pump aufgebaut (Aushebeln der Schuldenbremse), Ausquetschen der Bürger (neues Heizungsgesetz in seiner ursprünglichen Fassung) und unsäglichen Aufbau von nochmal 5000 bestens dotierter Staatsdiener nebst Pensiobsansprüchen (Kindergrundsicherung). Wobei letzteres Vorhaben der Grünen Familienministerin an Unsinnigkeit kaum noch zu toppen ist: Damit der Bürger, der ja immerhin vom Staat und damit vom Steuerzahler Geld für den Nachwuchs will, von Bürokratie entlastet wird, soll der Bürokratische Aufwand doch bitte beim Staat selber erfolgen. Sehr Edel, Frau Ministerin, vielleicht sollte der Staat gleich noch ein paar Tausend Beamte mehr einstellen, damit die Firmen von den Dokumentationspflichten beim Lieferkettengesetz entlastet werden könnten und der Staat auch die Anträge für Bauvorhaben und die notwendigen Anträge für staatliche Förderung bei der Gebäudesanierung gemäß neuem Gebäudeenergiegesetz gleich selbst ausfüllt ?
Natürlich ist der Gedanke scheinbar charmant: Dem Bürger wird im Dickicht der Vorschriften geholfen: Bringschuld des Staates und nicht Holschuld der Familien mit Kinder.
Allerdings stellt sich Paus damit komplett gegen die Grundsätze der Digitalisierung. Digitalisierung bedeutet, dass der Bürger/Kunde arbeiten muß/Sich erkundigen/Daten eingeben muss u.s.w. damit es für den Staat/das Unternehmen kostensparend wird. Der Staat hat beispielsweise keinerlei Interesse an Papiersteuererklärungen, da er die ja dann abtippen müsste usw.. Der Bürger muss alles digital bereitstellen.
Vielleicht würde es "schon reichen" (kostet bestimmt auch Milliarden), wenn man eine KI/Software in Auftrag gibt, die den Familien hilft an alle Geldleistungen heranzukommen. Evtl. müsste man dazu auch den Föderalismus und sonstigen Bürokratismus beseitigen usw.
Wahrscheinlich will die FDP aber gar nicht, dass die Familien alles abrufen, weil das auch wieder kostet.
Ein Paradebeispiel für die Abgehobenheit der grünen Gedankengänge. Weltfremder und losgelöster von der Realität kann man Gedanken nicht in die Praxis umsetzen wollen. Und solche Leute sind als Ministerin in Deutschland tätig.