CDU in Bremen erstmals seit 70 Jahren vor der SPD
Sozialdemokraten erleben eine historische Schlappe und müssen jetzt um die Macht bangen
Nach mehr als sieben Jahrzehnten scheint in Bremen eine Ära zu enden: Hochrechnungen vom späten Abend zufolge ist die SPD bei der Landtagswahl hinter der CDU gelandet und muss womöglich die Macht in der eigentlich roten Bastion abgeben. Die SPD von Bürgermeister Carsten Sieling fuhr demnach ihr schlechtestes Wahlergebnis seit 1946 ein. Zulegen konnten Grüne und Linke. Die AfD schaffte es ebenfalls ins Landesparlament, die FDP wohl auch knapp. Welche Koalition künftig das kleinste deutsche Bundesland regiert, blieb allerdings zunächst offen.
Schon 2015 hatten die Bremer Sozialdemokraten mit 32,8 Prozent einen historischen Tiefstwert erreicht, nun ging es noch einmal deutlich abwärts. Sieling sagte nach der neuen Schlappe: „Die Zahlen sind absolut enttäuschend.“ Persönliche Konsequenzen lehnte er in einer ersten Reaktion ab. SPD-Bundeschefin Andrea Nahles sagte: „Rot-Rot-Grün ist in Bremen möglich.“ Die Grünen stünden nun vor einer Richtungsentscheidung. „Wollen sie eine progressive Mehrheit, ja oder nein?“ Die Spitzenkandidatin der Bremer Linken, Kristina Vogt, betonte, dass ihre Partei für ein rot-rot-grünes Bündnis zur Verfügung stehe.
CDU-Spitzenkandidat Carsten Meyer-Heder erhob seinerseits Anspruch auf den Posten des Regierungschefs. „Ich will Bürgermeister werden“, sagte der 58-jährige Unternehmer. CDU-Landesgeschäftsführer Heiko Strohmann nannte eine Jamaika-Koalition aus CDU, Grünen und FDP „realistisch“. Auch CDU-Vizelandeschef Jens Eckhoff kündigte an, seine Partei wolle Grünen und FDP schon in der anstehenden Woche Sondierungsgespräche anbieten. Offenbar gibt es bereits Interesse bei den Liberalen: FDP-Chef Christian Lindner sagte, das erste Mal könne die Stadt ohne die SPD regiert werden. Bremen ist ein Land mit Widersprüchen. Es hat mit knapp zehn Prozent die höchste Arbeitslosenrate bundesweit. Die Wirtschaft wächst zugleich stärker als im Bundesdurchschnitt. (AZ)
"Porträt und Politik
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