CSU für Volksentscheide im Bund
Wenn CSU und SPD an einem Strang ziehen, ist das etwas Besonderes: Beide wollen, dass bundesweite Volksentscheide eingeführt werden sollen. Doch nicht jede Partei ist dafür. Von Michael Kerler
Der SPD-Vorstoß über die Einführung bundesweiter Volksentscheide findet die Unterstützung der CSU. Für den Europaabgeordneten Markus Ferber könnte damit eine Lücke in der deutschen Demokratie geschlossen werden: "Wir kennen Volksentscheide auf kommunaler Ebene, auf Landesebene und seit kurzem auf europäischer Ebene, nur auf Bundesebene fehlen sie", sagte der schwäbische CSU-Chef unserer Zeitung. Die Bürger seien ausreichend politisch emanzipiert, um verantwortlich mit dem Instrument der direkten Abstimmung umzugehen.
Auch CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt sprach sich dafür aus. Er möchte die Wähler an europapolitischen Weichenstellungen beteiligen: "Wenn Deutschland wichtige Kompetenzen unwiderruflich an Europa abgibt oder neue Staaten in die EU aufgenommen werden sollen, sollte darüber das Volk abstimmen können", sagte er.
Ferber dagegen ist vorsichtiger, wenn es darum geht, die Bürger beispielsweise über einen EU-Beitritt der Türkei entscheiden zu lassen: Derartige Abstimmungen förderten oft die Bildung antieuropäischer Parteien, argumentierte er.
SPD-Chef Sigmar Gabriel hatte nach den beiden erfolgreichen Volksbegehren zum Nichtraucherschutz in Bayern und zur Beibehaltung der vierjährigen Grundschulzeit in Hamburg die Einführung eines bundesweiten Volksentscheids ins Gespräch gebracht: "Alle vier Jahre ein Kreuzchen zu machen ist doch nicht der Gipfelpunkt der Volksherrschaft", sagte er und spielte darauf an, dass die Bürger auf Bundesebene bisher nur bei Bundestagswahlen abstimmen können.
Um einen deutschlandweiten Volksentscheid einzuführen, müsste das Grundgesetz geändert werden. Nötig ist dazu eine Zweidrittelmehrheit. Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin signalisierte bereits die Zustimmung seiner Partei.
Worüber die Bürger aber einmal abstimmen könnten, darüber haben die Parteien sehr unterschiedliche Vorstellungen: Baden-Württembergs SPD-Generalsekretär Peter Friedrich nannte beispielsweise die Abschaffung der Wehrpflicht oder die Einführung der Pkw-Maut, Grünen-Chefin Claudia Roth die umstrittene Laufzeitverlängerung für Kernkraftwerke. Schwabens CSU-Chef Ferber warnte dagegen davor, Themen nach parteipolitischen Interessen auszusuchen.
Dass es bald eine Mehrheit für eine Grundgesetzänderung gibt, ist ohnehin fraglich. Denn CDU und FDP sind sehr zurückhaltend. Schleswig-Holsteins FDP-Fraktionschef Wolfgang Kubicki sprach sich gegen bundesweite Plebiszite aus: "Da kommen schnell zu viele Emotionen rein." Als Illustration führte er die Todesstrafe bei Kindesmord an, für die es sofort eine breite Mehrheit geben würde. Von Michael Kerler
Die Diskussion ist geschlossen.