EU will Nabucco-Pipeline rasch vorantreiben
Budapest (dpa) - Nach dem jüngsten russisch-ukrainischen Gasstreit will die EU den Bau der Pipeline Nabucco zügig vorantreiben. Dafür plädierte der tschechische Regierungschef und derzeitige EU-Ratspräsident, Mirek Topolanek, am Dienstag bei einem internationalen Treffen zum Nabucco-Projekt.
Es gelte, über das Projekt "nicht mehr nur zu reden, sondern es in die Tat umzusetzen", sagte Topolanek in Budapest. Alle Konferenzteilnehmer waren sich einig, dass es dazu baldmöglichst eine Vereinbarung der Regierungen der beteiligten Länder geben müsse.
Die Pipeline soll unter Umgehung Russlands Gas vom Kaspischen Meer nach Europa bringen. Europas Energiesicherheit hänge davon ab, sagte Topolanek. Gleichwohl richte sich das Projekt nicht gegen Russland. Die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung (EBRD) und die Europäische Investitionsbank (EIB) stellten finanzielle Hilfe für das Projekt in Aussicht, ohne aber Zahlen zu nennen.
EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso sagte in einer Videobotschaft, die Notwendigkeit, die Energiequellen zu diversifizieren, sei nach dem Lieferstopp aus Russland "dringender denn je". Er hoffe, dass schon 2015 über Nabucco Gas nach Europa fließen werde. Nach letzten Schätzungen könnte der Bau der 3300 Kilometer langen Pipeline acht Milliarden Euro kosten. Sie würde über die Türkei, Bulgarien, Rumänien und Ungarn nach Österreich führen.
Die EIB stellte in Aussicht, 25 Prozent der Baukosten zu finanzieren, sagte ihr Präsident Philippe Maystadt. Auch die EBRD versprach Unterstützung. Beide Institutionen betonten aber, dass dies vom Zustandekommen einer Vereinbarung der Regierungen der beteiligten Länder abhänge. Ungarns Ministerpräsident Ferenc Gyurcsany sagte, nunmehr habe das Projekt "den toten Punkt verlassen". Er hatte vorgeschlagen, dass sich die EU mit insgesamt zwei Milliarden Euro an dem Projekt beteiligt. Für den Anschub der Bauarbeiten würden schon 200 bis 300 Millionen Euro genügen, meinte er.
EU-Energiekommissar Andries Piebalgs sagte, bis spätestens Ende März müsse der Text für eine Vereinbarung zwischen den Regierungen ausgearbeitet werden, andernfalls sei das Projekt gefährdet. Noch gebe es rechtliche Probleme, die auf EU-Ebene gelöst werden müssten.
Auch Reinhard Mitschek, Vorstandsvorsitzender des multinationalen Nabucco-Konsortiums, sieht die geplante Regierungsvereinbarung als wichtigsten Schritt zur Realisierung des Projekts. Nicht die Finanzierung sei das Hauptproblem. "Es muss sich noch erweisen, ob bei der Budapester Konferenz ein Durchbruch erzielt worden ist", sagte er. Das Konsortium habe alle Machbarkeitsstudien fertiggestellt. Zum Nabucco-Konsortium gehört der Essener RWE- Konzern, die Gaskonzerne OMV (Österreich), MOL (Ungarn), Transgaz (Rumänien), Bulgargaz (Bulgarien) und Botas (Türkei).
Der Essener RWE-Konzern bezeichnete den Bau der geplanten Nabucco-Pipeline als "Schlüssel zu mehr Versorgungssicherheit für alle Europäer". Angesichts schwindender Eigenförderung und wachsenden Verbrauchs müsse Europa seine Gasbezugsquellen und Gasbezugswege verbreitern, sagte Stefan Judisch, der bei der RWE-Tochter Supply & Trading für den Bereich Gasbeschaffung zuständig ist. "RWE hat keinen Zweifel daran, dass Nabucco kommen wird", sagte Judisch. Die Planungen für das Projekt seien auf einem "guten Weg". Es gebe auch keine Finanzierungsprobleme. Judisch begrüßte auch den ungarischen Vorschlag zu einer Anschubfinanzierung durch die öffentliche Hand.
An der Budapester Nabucco-Konferenz haben außerdem der bulgarische Ministerpräsident Sergej Stanischew teilgenommen, sowie die für Energie zuständigen Minister aus Rumänien, der Türkei und Österreich. Von den potenziellen Gaslieferanten-Staaten war Aserbaidschans Präsident Ilcham Alijew vertreten, sowie Energiepolitiker aus Kasachstan, Turkmenistan, Irak und Ägypten, sowie Vize-Ministerpräsident Nika Gilauri aus dem Gas-Transitland Georgien.
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