Von einem Rebellen und einem General
Die Liberalen Frank Schäffler und Christian Lindner streiten über Wege aus der Euro-Krise. Sie schonen sich nicht. Und von der tief gespaltenen Parteibasis kommen scharfe Worte.
Der Saal ist voll. Selbst wer pünktlich kommt, muss suchen, um einen Platz zu ergattern. Ausgerechnet die FDP, die in München gerade mal 1047 Mitglieder hat, schafft es am Montagabend, rund 400 Anhänger aus Stadt und Umland zu mobilisieren. Sie kommen mit Fragen zur Zukunft des Euro, zur Zukunft Deutschlands in Europa und zur Zukunft der eigenen Partei, die in Umfragen flächendeckend unter die Fünf-Prozent-Marke gestürzt ist.
Der Streitbare und der Wortgewaltige
Es ist ein besonderer Abend im Münchner Kolpinghaus. Erstmals in der Debatte um den Mitgliederentscheid, der der FDP die Regierungsbeteiligung kosten könnte, trifft der streitbare FDP-Rebell Frank Schäffler auf den wortgewaltigen FDP-Generalsekretär Christian Lindner. Sie schonen sich nicht. Und von der tief gespaltenen Parteibasis kommen scharfe Worte – gegen den einen wie den anderen.
Schäffler darf anfangen. Er wettert gegen Eurobonds und die „Zerstörung unserer Währung“, gegen „Knechtschaft“ und die „Enteignung von Sparvermögen von uns allen“. Mit immer neuen Brandmauern, die dann doch wieder nicht halten, würden „Gewinne privatisiert und Verluste sozialisiert“. Damit, so Schäffler, mache die FDP in dieser Bundesregierung „genau das, was uns die Linken sonst immer vorwerfen“. Rettung ist, davon ist er überzeugt, nicht in Sicht: „Die Politik des Zeitgewinns kann nicht funktionieren.“
Brandmauer aufbauen, um Deutschland zu schützen
Christian Lindner versucht, der Debatte die Schärfe zu nehmen. Er beginnt mit den Gemeinsamkeiten. Auch er wolle keine Eurobonds und keine „Vergemeinschaftung von Schulden“. Aber die FDP, so fährt er fort, müsse Verantwortung zeigen. „Wir können dieser Krise nicht entfliehen“, sagt Lindner. Ohne die FDP gäbe es im Bundestag sofort eine Mehrheit für Gemeinschaftsschulden. Es gehe darum, Arbeitsplätze zu schützen und die Währungsunion zu erhalten. „Was hilft es uns, die reine Lehre zu vertreten, wenn das Ergebnis ist, dass die Währungsunion insgesamt zusammenbricht?“ Einziger Ausweg sei der Vorschlag des Parteivorstands: Brandmauer aufbauen, um Deutschland zu schützen, über Umschuldung sprechen, Schuldenbremsen installieren und – ganz wichtig – die europäischen Verträge so erneuern, dass die Stabilitätskriterien politisch nicht mehr hintergangen werden könnten.
Deftige Vorwürfe der Basis
Ziemlich deftige Vorwürfe der Basis müssen sich beide anhören. Schäffler wird eine Spaltung der Partei zur Last gelegt, seine Glaubwürdigkeit wird angezweifelt und seine Wortwahl als Diffamierung kritisiert. Lindner muss die Attacke eines Unternehmers hinnehmen: „Mir geht es auf den Sack, dass niemand Schmerzen leiden soll, der jahrelang über seine Verhältnisse gelebt hat.“ Nur mit Mühe gelingt es, die Gemüter zu beruhigen.
Erst auf Druck der Fragesteller präzisiert Schäffler seinen Vorschlag zur Lösung der Krise. Überschuldete Länder müssten aus der Währungsunion austreten, eine eigene Währung einführen, abwerten und einen Schuldenschnitt vornehmen. Erst danach könne über Hilfen für diese Länder gesprochen werden. Lindner warnt im Gegenzug vor unkontrollierbaren Staatspleiten und kontert: „Ich glaube, dass unsere Lösung teuer ist, aber deine ist katastrophal.“
Und wie nebenbei kommen auch die Risiken für die FDP als Partei zur Sprache. Lindner sagt, das Thema Euro eigne sich nicht für einen „Neustart der FDP“, und erklärt unverblümt, dass ein Votum gegen den Parteivorstand beim Mitgliederentscheid für die FDP-Abgeordneten nicht bindend sein werde. „Es gibt für frei gewählte Abgeordnete kein imperatives Mandat.“ Dennoch werde die Entscheidung „besonderes Gewicht“ haben. Schäffler dagegen sieht in der Debatte die Chance, dass die FDP „den Rücken wieder gerade machen kann“.
Die Diskussion ist geschlossen.