FDP gegen Zusatzbeiträge der Krankenkassen
Berlin (dpa) - Im Koalitionsstreit um den Gesundheitskurs stellt die FDP Zusatzbeiträge für Kassenpatienten infrage. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) will hingegen derzeit nichts an der Gesetzeslage ändern. Auch Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) lehnt Schnellschüsse ab.
Meinungsunterschiede gibt es auch zu möglichen künftigen Steigerungen des Arbeitgeberbeitrags. Erstmals genehmigte das zuständige Bundesversicherungsamt Zusatzbeiträge bei drei Krankenkassen.
FDP-Chef Guido Westerwelle wandte sich am Montag in Berlin gegen die Zusatzbeiträge. "Von uns aus können sie weg." Sie seien "das Ergebnis von Planwirtschaft". Zuerst hatte FDP-Vize Andreas Pinkwart gefordert, die FDP solle mit der Union darüber sprechen, diese Beiträge zu stoppen. "Damit wir darüber nachdenken können, wie wir das besser machen", sagte der Vize-NRW-Ministerpräsident weiter. Westerwelle zeigte sich offen für den Vorstoß: Wenn die Union eine solche Initiative starte, stünden die Liberalen für Gespräche zur Verfügung. "Wir werden diese Erblast von Schwarz-Rot ganz gewiss nicht verteidigen."
Dagegen hält Merkel die Ankündigung von Zusatzbeiträgen bei bislang acht Kassen für normal. Es sei geltende Rechtslage, sagte Vize-Regierungssprecherin Sabine Heimbach. "Die Zusatzbeiträge sind ja ein Teil der seinerzeitigen Gesundheitsreform gewesen." Sie betonte, es betreffe eine kleine Zahl der rund 160 Kassen.
Das Gesundheitsministerium will sich nicht weiter unter Druck setzen lassen. "Es kann jetzt nicht um Aktionismus gehen", sagte eine Sprecherin Röslers. Die Reform werde sorgfältig vorbereitet. Die Zusatzbeiträge seien unsozial und müssten weiterentwickelt werden. Im Februar oder März werde dazu die geplante Regierungskommission ihre Arbeit aufnehmen. Der Deutsche Gewerkschaftsbund will mit einer eigenen Reformkommission ein Gegenkonzept vorlegen.
Anträge der ersten drei Kassen auf Zusatzbeitrag hätten der Prüfung standgehalten, sagte eine Sprecherin des Bundesversicherungsamts der Deutschen Presse-Agentur dpa in Berlin. Vier weitere Anträge würden noch geprüft. Weitere dürften folgen. Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn (CDU), verteidigte in der ARD abermals die Zusatzbeiträge.
Entgegen dem Koalitionsvertrag von FDP und Union hält Spahn eine Beitragserhöhung auch zulasten der Arbeitgeber künftig wieder für möglich. Sparen gehe nur in begrenztem Maß, sagte er in der ARD. Früher oder später werde man "auch bei den Arbeitgebern" über Erhöhungen nachdenken müssen. Die Koalition will diesen Beitrag auf sieben Prozent festschreiben. Spahn: "Aber das ist dann kein Gesetz auf alle Ewigkeit." Die Ministeriumssprecherin entgegnete: "Das steht überhaupt nicht auf der Tagesordnung."
Gegen den FDP-Plan einer einkommensunabhängigen Gesundheitsprämie mit Sozialausgleich wächst außer in der CSU der Widerstand auch in der CDU. "Derzeit kann niemand erklären, wie gleichzeitig Steuern gesenkt, Schulden abgebaut und auch noch zweistellige Millionenbeträge aus Steuermitteln zum Sozialausgleich in eine Gesundheitsprämie gesteckt werden können", sagte Sachsens Sozialministerin Christine Clauß (CDU) der dpa.
Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder (CSU) mahnte Rösler, kein Arznei-Sparpaket zu schnüren. "Ich möchte keine Hoppla-Hopp-Politik", sagte Söder der "Welt" (Dienstag). In München forderte er eine Geld-zurück-Garantie bei erfolgloser medikamentöser Behandlung.
Die Grünen kündigten einen verstärkten Kampf gegen die Gesundheitspolitik der Koalition an. "Wir werden in breiten Bündnissen gegen eine Politik mobilisieren, die spaltend in unserer Gesellschaft wirkt", sagte Parteichefin Claudia Roth. Merkel solle Klarheit schaffen: "Sie soll sagen: Ja oder Nein zur Kopfpauschale."
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