In zehn Stufen zu mehr Transparenz
Die Regierungskoalition geht mit einem eigenen Modell zur Offenlegung von Verdiensten aus Nebentätigkeiten in die Offensive. Für die Opposition geht der Vorschlag jedoch nicht weit genug
Augsburg Mehr Stufen – mehr Transparenz. Auf diese Formel läuft ein Modell hinaus, mit dem die schwarz-gelbe Regierungskoalition die Initiative im Streit um die Nebenverdienste von Bundestagsabgeordneten zurückgewinnen will.
„Wir handeln, andere reden“, verkündete denn auch der Parlamentsmanager der Union, Michael Grosse-Brömer, vollmundig. Nur eine halbe Stunde brauchte man am Donnerstagmorgen hinter verschlossenen Türen, um die Opposition praktisch vor vollendete Tatsache zu stellen. In den Tagen zuvor hatte die Koalition den Eindruck erweckt, sich nicht auf eine gemeinsame Linie zu einigen, während Politiker der Opposition sich mit weitgehenden Forderungen zu mehr Transparenz bei den Nebeneinkünften gegenseitig überboten.
So sieht nun das Modell von Union und FDP aus: Künftig sollten Abgeordnete ihre Zusatzeinkünfte in zehn Stufen publik machen. Die niedrigste Stufe soll danach für Einnahmen ab 1000 Euro gelten, die höchste für Beträge über 250000 Euro. Das Modell wurde in der Sitzung der Rechtsstellungskommission des Parlaments gegen die Stimmen von SPD, Grünen und Linkspartei als Grundlage für die parlamentarischen Beratungen durchgesetzt. Vorgesehen ist, dass die ersten beiden Stufen mit Nebeneinkünften von 1000 bis 3500 Euro sowie von 3500 bis 7000 Euro unverändert bleiben. Danach aber sollen Stufen bis 15000, 30000, 50000, 75000, 100000, 150000, 250000 und über 250000 Euro folgen.
Der Vizepräsident des Bundestages, Eduard Oswald (CSU), bezeichnete das Koalitionsmodell als „ausgewogen und richtig, um mehr Transparenz herzustellen“. Gleichzeitig wandte er sich im Gespräch mit unserer Zeitung gegen weitergehende Forderungen: „Es darf bei allem berechtigten Interesse an der Offenlegung von Nebeneinkünften nicht vergessen werden, dass das Bundesverfassungsgericht keineswegs den ,gläsernen Abgeordneten‘ gefordert hat.“
Das Wort „gläsern“ hört Ulrich Lange (CSU) auch nicht gerne. Der Begriff Transparenz sei ihm lieber. Dagegen habe er auch nichts einzuwenden. Wert legt er bei der aktuellen Diskussion vor allem auf eines: „Es ist wichtig, zwischen Lobby- und normalen Berufseinkünften zu unterscheiden“, sagt Lange unserer Zeitung. Der Jurist ist nach wie vor als Rechtsanwalt tätig. „Einem Politiker, der für eine bestimmte Zeit ein Mandat innehat, muss es erlaubt sein, in seinem Beruf weiterzuarbeiten.“ Er wisse schließlich nicht, wie lange er Abgeordneter sein werde. Für die Zeit nach seinem Bundestagsmandat wolle er vorsorgen.
Von den 20 Bundestagsabgeordneten der Region weisen immerhin sieben Parlamentarier – darunter fünf von der CSU sowie jeweils einer von der FDP und der Linken – Verdienste aus Nebentätigkeiten aus. Die obligatorischen, im Netz veröffentlichten Einträge sind nach den aktuell gültigen Vorgaben abgefasst: Danach werden die Einnahmen nur pauschal in drei Kategorien veröffentlicht: Stufe 1 für Beträge zwischen 1000 und 3500 Euro, Stufe 2 bis 7000 Euro und Stufe 3 für alle Nebeneinkommen über 7000 Euro.
Nach Ansicht der Opposition gehen die Vorschläge zwar in die richtige Richtung, aber noch nicht weit genug. „Die Koalition hat sich bewegt, ist aber immer noch nicht bereit, echte Transparenz zu schaffen“, sagte SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann. „Ich bin sicher: Dies ist noch nicht das letzte Wort“, fügte er mit Blick auf die weiteren Gespräche hinzu.
Die Grünen verlangen mindestens 13 Veröffentlichungsstufen. Zudem müssten Anwälte mit Bundestagsmandat, die nebenher auch als Unternehmensberater tätig sind, verpflichtet werden, Angaben über ihre Auftraggeber zu machen, erklärte Parlamentsgeschäftsführer Volker Beck.
Von einem „großen Fortschritt“ sprachen die Organisationen Transparency International, Lobby Control und Campact. Bedauerlich sei allerdings, dass die schwarz-gelbe Regierung den weitergehenden Vorstellungen der Opposition nicht gefolgt sei. (mit dpa)
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