
An wen liefert Deutschland Waffen? Daten und Fakten zu Rüstungsexporten

Wie viele Waffen exportiert Deutschland? Wo steht die Bundesrepublik im internationalen Vergleich? Wie viele Waffen gehen an Saudi-Arabien? Wir haben Antworten.
Der brutale Mord am saudischen Journalisten Dschamal Kaschoggi hat in Deutschland eine neue Diskussion über Waffenexporte entflammt. Nachdem Angela Merkel sich öffentlich dafür ausgesprochen hat, alle Waffenlieferungen nach Saudi-Arabien vorerst zu stoppen, äußerten sich auch eine Reihe weiterer Politiker. SPD-Vizekanzler Olaf Scholz teilte in einer Erklärung des Bundesfinanzministeriums mit, die Bundesregierung sei sich einig, dass es vorerst keine Waffenexporte nach Saudi-Arabien geben kann.
Im Falle des Wüstenstaates ist die Information alles andere als unerheblich. Nach einer Untersuchung des Instituts Sipri, das sich mit Themen rund um Frieden, Sicherheit und Rüstung beschäftigt, lag Saudi-Arabien zwischen 2012 und 2016 mit einem Weltmarktanteil von 8,2 Prozent auf Platz zwei der größten Waffenimporteure der Welt. Deutschland wiederrum war fünftgrößter Exporteur.
Wer sind die größten Rüstungsimporteure- und exporteure der Welt?
Die von Sipri veröffentlichten Zahlen basieren zum Teil auf Schätzungen. Im seinem Jahrbuch von 2017 schreibt das Institut dazu: "Wie in den Jahren zuvor, blieb [...] die Transparenz von Rüstungstransfers enttäuschend."
Welche Rüstungsexporte hat die deutsche Regierung in 2018 schon genehmigt?
Bundesaußenminister Heiko Maas kündigte nun an, bereits genehmigte Lieferungen noch einmal zu überprüfen. Auf Anfrage des Grünen-Politikers Omid Nouripour schreibt das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi), dass die deutsche Regierung bis zum 30. September 2018 Lieferungen in Höhe von rund 3,62 Milliarden Euro genehmigt hat. Allein auf Saudi-Arabien, das als Drittstaat kein Nato-Vertragspartner ist, entfallen knapp 416 Millionen Euro. Unter die genehmigten Güter fallen zum Beispiel Patrouillenboote. Das sind Rüstungsgüter, die von Haus aus größer und teurer sind und deshalb erheblich zu Buche schlagen.
In dem offiziellen Zwischenbericht des BMWi zu Rüstungsexporten (1. Januar bis 30. Juni) ist von einem Exportvolumen in Höhe von 2,57 Milliarden Euro die Rede, eine knappe Milliarde weniger als im Vorjahresbericht. Bei der Entscheidung, ob eine Lieferung genehmigt werden kann, spielt der Status des Empfängerlandes eine zentrale Rolle. Die deutsche Regierung untergliedert seine Geschäftspartner so: EU-Länder, Nato- oder Natogleichgestellte Länder und Drittländer.
Laut Zwischenbericht verteilt sich das Exportvolumen wie folgt: Auf EU-, Nato- und Natogleichgestellte Länder entfällt weniger als die Hälfte der genehmigten Lieferungen (1,03 Milliarden Euro). Der Rest geht an Drittländer (1,53 Milliarden Euro) wie Algerien und Saudi-Arabien.
Einzelgenehmigungen machen den Großteil der Rüstungsexporte aus. Darüberhinaus gibt es beispielsweise "Genehmigungen von Kleinwaffen", die im ersten Halbjahr 2018 ein Exportvolumen von 14,8 Millionen Euro aufweisen und damit kaum ins Gewicht fallen. Aus Gründen der Übersichtlichkeit werden in den interaktiven Karten nur die Einzelgenehmigungen berücksichtigt.
Nach welchen Regeln werden Rüstungsexporte genehmigt?
Die deutsche Regierung hat sich strenge Regeln für Waffenexporte auferlegt. Die Bundesregierung entscheidet nach der Grundlage mehrerer Gesetze. Dazu zählen die rechtlichen Vorgaben des Gesetzes über die Kontrolle von Kriegswaffen, des Außenwirtschaftsgesetzes und der Außenwirtschaftsverordnung sowie die politischen Grundsätzen der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern aus dem Jahr 2000. Konkret bedeutet das, dass deutsche Waffenlieferungen beispielsweise keine bewaffneten Konflikte verstärken dürfen. Zu den Kriterien schreibt das BMWi auch: "Die Beachtung der Menschenrechte im Empfängerland wird bei Rüstungsexportentscheidungen ein besonderes Gewicht beigemessen."
Über bestehende Gesetze hinaus haben CDU, CSU und SPD im Koalitionsvertrag festgehalten: "Wir werden ab sofort keine Ausfuhren an Länder genehmigen, solange diese unmittelbar am Jemenkrieg beteiligt sind." Deutsche Waffenlieferungen nach Saudi-Arabien sind schon seit Jahren umstritten, auch weil das Königreich aktiv am Krieg im Jemen beteiligt ist.
Wie hat sich der Lieferumfang entwickelt?
Im Jahr 2007 lag das Exportvolumen bei knapp 3,7 Milliarden Euro. Im Jahr 2015 erreichen die Exporte ein Allzeithoch von knapp 7,8 Milliarden Euro und sinken seitdem wieder.
An der Karte unschwer zu erkennen: Die Rüstungsexporte in Drittländer wie Saudi-Arabien entsprechen jedes Jahr in etwa der Hälfte des Exportvolumens. Nach einem Einbruch im Jahr 2014 bleibt der Wert konstant bei über drei Milliarden Euro an genehmigten Rüstungslieferungen.
Was exportiert Deutschland?
2017 betrug das Geldvolumen für Einzelgenehmigungen rund 6,24 Milliarden Euro. Auffällig hohe Posten sind große Rüstungsgüter wie militärische Ketten- und Radfahrzeuge, also Panzer, und Kriegsschiffe. Darauf entfällt knapp die Hälfte des Exportvolumens. Das BMWi nennt zwei Beispiele: eine Fregatte für die algerische Marine und ein U-Boot für die ägyptische Marine. Besonders hohe Stückzahlen erreicht die deutsche Regierung beim Verkauf von Handfeuerwaffen.
Wie viele Arbeitsplätze schafft die Rüstungsproduktion?
Die Hans-Böckler-Stiftung hat eine Liste deutscher Rüstungsunternehmen erstellt. Kriterien dafür sind, dass der Umsatz aus einem erkennbar größeren Rüstungsanteil besteht oder dauerhaft Umsätze aus Projekten im militärischen Bereich stammen.
Laut Stiftung ist die deutsche Rüstungsbranche auf einige wenige wichtige Unternehmen begrenzt, die gemeinsam den größten Umsatz erwirtschaften - auch wenn die Kriterien auf insgesamt 94 deutsche Firmen zutreffen. Gemeinsam mit den Zulieferern ergeben sich sogar 300 bis 400 deutsche Unternehmen. Im Jahr 2015 arbeiteten nach Schätzungen der Stiftung in Deutschland etwa 55.000 Menschen in Firmen, die an der Produktion von Rüstungsgütern beteiligt waren. Im selben Jahr gab es in Deutschland knapp 43 Millionen Erwerbstätige. (mit dpa)
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