Israel will Gaza-Blockade lockern
Luxemburg/Tel Aviv (dpa) - Auf wachsenden internationalen Druck will Israel die seit drei Jahren andauernde Blockade des Gazastreifens teilweise aufheben. Nur die Einfuhr von Waffen und Kriegsmaterial sollen noch verboten bleiben.
Das sagte der Sonderbeauftragte des Nahost-"Quartetts", Tony Blair, am Montag in Luxemburg nach Beratungen der EU-Außenminister. Israels Regierung beauftragte unterdessen eine Untersuchungskommission mit der Prüfung des blutigen Militäreinsatzes gegen die Gaza-"Solidaritätsflotte".
Die EU-Minister begrüßten die angekündigte Untersuchung unter nationaler Leitung, aber mit internationalen Beobachtern. Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu nannte die Untersuchung dagegen bedeutungslos für sein Land. Die Kommission soll die Vereinbarkeit der Seeblockade des Gazastreifens mit internationalem Recht klären. Außerdem soll die Übernahme des türkischen Hilfsschiffs "Mavi Marmara" durch israelische Soldaten untersucht werden, bei der am 31. Mai neun Aktivisten getötet worden waren.
Blair, der zuvor mit Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu gesprochen hatte, sagte: "Sie (die Israelis) werden die Blockade für Waffen und Kampfmittel aufrechterhalten, aber sie werden für das tägliche Leben wichtige Dinge hereinlassen." Er hoffe, dass Israel in den nächsten Tagen eine prinzipielle Selbstverpflichtung geben werde.
Bundesaußenminister Guido Westerwelle sagte: "Es geht um eine Öffnung der Grenzübergänge. (...) Die EU ist bereit, diese Schritte zu unterstützen." Israel war nach der Militäraktion gegen einen Hilfskonvoi, der die Blockade auf dem Seeweg durchbrechen wollte, international in die Kritik geraten. Die Außenminister bedauerten die Todesopfer bei der Aktion am Montag "zutiefst".
Israel will laut Blair eine bisherige Liste mit erlaubten Gütern durch eine Liste mit verbotenen Gütern ersetzen. Dies werde dazu führen, dass "Haushaltswaren, Lebensmittel und Dinge täglichen Bedarfs eingeführt werden können". Das Verbot der Einfuhr von Waffen in den Gazastreifen werde aufrechterhalten.
"Wir können eine ordentliche Wirtschaft im Gazastreifen bekommen statt der bisherigen Tunnelwirtschaft", sagte Blair mit Blick auf den Schmuggel von Gütern durch Tunnel. Allerdings gebe es noch "eine Reihe offener Fragen". So müsse die Palästinenserbehörde ein Teil der Vereinbarung mit Israel sein.
Die radikalislamische Hamas hatte 2007 die Macht im Gazastreifen an sich gerissen und lehnt eine Zuständigkeit der Fatah-geführten Palästinenserregierung ab. Israel verhängte die Sanktionen nach eigenen Angaben, um die Hamas zu stürzen. "Es wäre ein noch größerer Auftrieb für dieses Projekt, wenn auch Gilad Schalit bedingungslos freigelassen würde", sagte Blair. Der israelische Soldat wurde 2006 entführt und ist nach Angaben der Hamas in deren Gewalt.
Zunächst war unklar, in welcher Weise die EU dazu beitragen soll, dass die Grenzen zum Gazastreifen wieder geöffnet werden. Diplomaten sagten, die Erleichterungen bei der Ein- und Ausfuhr sollten zunächst am israelischen Grenzübergang Karni und am ägyptischen Übergang Rafah gelten. Dieser war nach der Machtergreifung der Hamas geschlossen worden. Die EU-Mission zur Kontrolle des Rafah-Übergangs besteht mit 15 Beamten weiterhin und könnte rasch auf bis zu 70 Beamte aufgestockt werden, hieß es.
Hintergrundpapier des Ministerrates: http://dpaq.de/ZsYHN
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