"Lupenreiner Demokrat": Altkanzler Schröder hält zu Putin
Altkanzler Schröder warnt in der Debatte um Wahlfälschungen in Russland vor Vorurteilen. Die CDU ist empört über "Gazprom-Gerd".
Altkanzler Gerhard Schröder (SPD) sieht in dem künftigen russischen Präsidenten Wladimir Putin trotz Protesten der Opposition gegen Wahlfälschungen weiter einen lupenreinen Demokraten. Schröder sagte am Mittwoch im Deutschlandfunk auf eine entsprechende Frage: "Ich habe nichts daran abzustreichen. Ich glaube, dass er ernsthaft sein Land auf eine wirkliche Demokratie hin orientiert." Dass da noch eine Menge zu tun sei, wisse niemand besser als Wladimir Putin selber. "Auch die Leute, die um ihn herum sind, wissen das."
Schröder will sich Debatte über Fälschungen nicht beteiligen
An der Debatte über Fälschungen bei der Präsidentenwahl am Sonntag wolle er sich nicht beteiligen, da er keine eigenen Erkenntnisse darüber habe, sagte Schröder. Er sei sich aber nicht ganz sicher, ob bei den Einschätzungen von Wahlbeobachtern aus Deutschland wie der Grünen-Politikerin Marieluise Beck "nicht Vorurteile größer sind als Urteile". "Ich finde es immerhin bemerkenswert, dass der gewählte Präsident (...) angeordnet hat, dass jedem Vorwurf, der einigermaßen substanziiert vorgebracht wird, auch nachgegangen wird."
Zugleich wies der Altkanzler darauf hin, dass Russland endlich den verabredeten Modernisierungskurs intensivieren müsse. Nach seiner Einschätzung ist sich Putin bewusst, "dass das, was an Modernisierung Russlands notwendig ist, dass das seine Amtszeit beherrschen muss". Die russische Wirtschaft müsse unabhängiger von Öl und Gas werden, "und da kann Deutschland eine Menge helfen".
Schröder gilt als Putins Freund
Gerhard Schröder gilt seit seiner Kanzlerschaft (1998 bis 2005) als Freund Putins. Beide hatten 2005 den Bau einer Ostsee-Pipeline auf den Weg gebracht. Zum Bau wurde ein Joint Venture gegründet, das seit 2006 Nord Stream heißt und seinen Sitz in Zug in der Schweiz hat. An Nord Stream ist der russische Gasmonopolist Gazprom mit 51 Prozent beteiligt. Schröder ist Vorsitzender des Aktionärsausschusses. Die Bezeichnung "lupenreiner Demokrat" hatte Schröder schon vor Jahren für Wladimir Putin gewählt.
CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe kritisierte Schröders Aussagen scharf. "Gerhard Schröder ist Putins bestbezahlter Minnesänger", sagte er "Spiegel online". "Angesichts der Manipulationen bei den Parlamentswahlen und der vielen Behinderungen im Vorfeld der Präsidentenwahl ist es blanker Hohn, wenn Schröder seinen alten Kumpel Wladimir weiterhin als lupenreinen Demokraten bezeichnet", sagte Gröhe und fügte hinzu: "Für Gazprom-Gerd gilt offensichtlich die alte Regel: Wes Brot ich ess, des Lied ich sing."
Die Grünen-Politikerin Beck, die die Wahl beobachtet hatte, betonte: "Ich bin mir nicht ganz sicher, ob bei der Einschätzung von manchen Putin-Spezeln aus Deutschland nicht die Wertschätzung für die eigenen Interessen größer ist als das Eintreten für die Interessen der Menschen in Russland." dpa/AZ
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