Demjanjuks Sohn: "Er wird das nicht überleben"
Der Sohn des angeklagten mutmaßlichen NS-Verbrechers Demjanjuk erhebt schwere Vorwürfe gegen die deutsche Regierung. Diese würde den Tod seines Vaters beschleunigen.
Der Sohn des wegen Beihilfe zum Mord an 27.900 Juden angeklagten mutmaßlichen NS-Kriegsverbrechers John Demjanjuk ist von der Unschuld seines Vaters überzeugt.
"Wir wissen in unseren Herzen, dass mein Vater niemals irgendjemandem ein Leid zugefügt hat. Und wir wissen auf Grundlage des vorliegenden Materials, dass es absolut keinen Beweis dafür gibt, dass er jemandem Leid zugefügt hat", sagte John Demjanjuk junior in einem Telefonat mit der Nachrichtenagentur AFP in Chicago. Der nun in Deutschland angeklagte Fall sei bereits vom Staat Israel und vom höchsten israelischen Gericht verworfen worden - und dies nicht aus rein formellen Gründen.
Der in der Ukraine geborene 89-jährige Demjanjuk soll als sowjetischer Kriegsgefangener, als sogenannter Trawniki, 1943 Wächter im Vernichtungslager Sobibor gewesen sein. Der Prozess beginnt am Montag vor dem Landgericht München II. Demjanjuk jr. zweifelt die Echtheit des SS-Ausweises an, der den Einsatz seines Vaters beweisen soll. Die eingetragene Körpergröße seines Vaters sei falsch, die Echtheit der Unterschrift zweifelhaft. Außerdem habe der Trawniki-Ausweis seines Vaters nicht die gleiche Lochung, die sein Foto aufweise.
Aber selbst wenn jemand den Ausweis für echt halte, dürfe sein Vater nicht bestraft werden, sagte Demjanjuk jr.. Denn es gebe zahlreiche Zeugenaussagen, wonach die in Sobibor eingesetzten Trawniki als Gefangene nicht anders handeln konnten als den dort befehlenden SS-Männern zu gehorchen. Jeder, der sich widersetzte und fliehen wollte, sei erschossen worden. Demjanjuk jr. verglich die Situation der Trawniki mit der Situation von Juden, die in Konzentrationslagern zu Hilfseinsätzen gezwungen wurden. Er frage sich, worin der Unterschied bestehe zu einem ukrainischen Kriegsgefangenen, der sich fürs Überleben entschieden habe.
Zugleich zeigte sich der Sohn des Angeklagten empört darüber, dass die deutsche Regierung den Fall eines ukrainischen Kriegsgefangenen nun so forciere, während viele deutsche KZ-Wärter nie verurteilt wurden. "Einen Ukrainer zu verurteilen hilft ihnen, die Schuld wegzuschieben", sagte Demjanjuk jr. und drohte der Bundesregierung mit einer Klage.
Er hoffe, einen Weg zu finden, die deutsche Regierung wegen des Vorgehens gegen seinen Vater verklagen zu können. "Sie beschleunigen seinen Tod. Er wird das nicht überleben", sagte Demjanjuk jr. über den zunächst bis Mai angesetzten Prozess. Die Familie wird während des Prozesses nicht in München sein. afp
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