Briten sollen über EU-Austritt abstimmen
Premier Cameron will die Bürger über den Verbleib in der EU entscheiden lassen. An seinem Vorstoß gibt es heftige Kritik.
Die britischen Bürger sollen bis spätestens 2017 über einen Verbleib in der Europäischen Union abstimmen. Das erklärte Großbritanniens Premierminister David Cameron in seiner seit Langem erwarteten Rede zur Europa-Politik. In dem Referendum werde es um eine klare „Drinnen-oder-draußen-Entscheidung“ gehen. In Brüssel, aber auch in vielen europäischen Hauptstädten erntete der Premier für seine Ankündigung heftige Kritik.
"Politik des Rosinenpickens"
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erklärte, dass Deutschland, aber auch sie „ganz persönlich“ sich wünschten, dass Großbritannien „aktives Mitglied“ der EU bleiben würde. Allerdings müsste das Land auch mehr „Kompromissbereitschaft“ an den Tag legen. Außenminister Guido Westerwelle warnte die Briten davor, weitere Ausnahmeregelungen zu fordern: „Eine Politik des Rosinenpickens wird nicht funktionieren.“
Cameron versicherte zwar grundsätzlich, dass er persönlich auf eine Zukunft Großbritanniens in der EU hoffe. Gleichzeitig beschwor er die Gefahr, dass „Europa scheitern“ könnte und die „Briten in Richtung Ausstieg driften“ würden. Um dieses Szenario zu verhindern, forderte Cameron grundlegende Neuverhandlungen über die Bedingungen der britischen EU-Mitgliedschaft. Allerdings müsste seine konservative Tory-Partei dafür zunächst die für Mai 2015 vorgesehenen Wahlen gewinnen. Beobachter glauben denn auch, dass die Rede des Premiers in erster Linie an den starken antieuropäischen Flügel in seiner Partei gerichtet war. Von dort aus wird er – flankiert von Attacken der EU-kritischen Presse – für eine zu europafreundliche Politik kritisiert.
Warnung vor einer gefährlichen Dynamik
Gereizt fielen die Reaktionen in Paris aus. Mit Blick auf Camerons Forderung, die Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien neu regeln zu wollen, verglich Frankreichs Außenminister Laurent Fabius Europa mit einem Fußballverein: „Man tritt diesem Klub bei, aber wenn man einmal drinnen ist, kann man nicht sagen: ,Ich spiele jetzt Rugby.‘“ EU-Parlamentspräsident Martin Schulz nimmt dem Premier zwar ab, dass er für eine britische EU-Mitgliedschaft sei. „Aber Cameron ähnelt immer mehr dem Zauberlehrling, der die von ihm gerufenen Kräfte nicht mehr bändigen kann – und die zum Nachteil der Briten die EU verlassen wollen“, warnt der SPD-Politiker vor einer gefährlichen Dynamik, die sich in Großbritannien entwickeln könnte.
„Wenn die Briten weiterhin bei allen großen Reformprojekten blockieren, ist es konsequent zu sagen, ,dann geht halt raus‘“, sagte der Chef der CSU-Europa-Gruppe im EU-Parlament, Markus Ferber, unserer Zeitung. Doch Cameron solle auch die Folgen eines Austritts für sein eigenes Land bedenken: „Auf sich alleine gestellt kann Großbritannien nicht mehr viel ausrichten. Wir sind nicht im Viktorianischen Zeitalter, als das Empire ein Sechstel der Erde beherrschte.“
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