Regierung verteidigt HRE-Strategie
Berlin (dpa) - Dramatische Notoperation ohne Alternative: Aus Sicht der Bundesregierung sind bei der milliardenschweren Rettung der Krisenbank Hypo Real Estate (HRE) vor gut einem Jahr keine schweren Fehler passiert.
Vor dem HRE-Untersuchungsausschuss des Bundestages verteidigten Kanzlerberater Jens Weidmann und Finanzstaatssekretär Jörg Asmussen am Mittwoch das Krisenmanagement der Regierung. Am Donnerstag wird Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) vernommen.
Bis zur dramatischen Rettungsaktion Ende September 2008, als ein erstes 35-Milliarden-Hilfspaket für die HRE geschnürt wurde, habe es keine Hinweise auf eine "existenzbedrohende Schieflage" gegeben, sagten die beiden Top-Beamten. Inzwischen gehört die marode Bank fast komplett dem Staat und wird mit Finanzhilfen von 102 Milliarden Euro - 87 Milliarden Euro kommen vom Staat - am Leben gehalten.
FDP, Grüne und Linkspartei hielten auch nach der mehrstündigen Vernehmung der beiden Hauptzeugen an ihren Vorwürfen fest und forderten erneut die Entlassung Asmussens. Die Regierung habe kopflos und auf Kosten der Steuerzahler schlecht verhandelt. Asmussens Auftritt war mit Spannung erwartet worden. Die Opposition sieht ihn als Hauptschuldigen für den teuren HRE-Staatseinstieg. Bundesbank, Aufsicht und Banken hatten den Staatssekretär mit SPD-Parteibuch im Ausschuss zuvor gestützt.
Asmussen selbst sagte in seiner mehrstündigen Vernehmung, die Verhandlungsstrategie des Bundes sei keinesfalls fahrlässig gewesen. Er sei auch nicht unvorbereitet in die Krisengespräche eingestiegen. Ziel der Regierung sei es gewesen, den Finanzmarkt zu stabilisieren und von der Bankenwelt eine möglichst hohe Summe zur HRE-Rettung einzufordern. "Ich denke, wir haben das erreicht."
Die Opposition kritisiert auch, dass frühere Berichte der Finanzaufsicht BaFin an das Finanzministerium aus dem Jahr 2008, in denen auch die HRE erwähnt wurde, nicht die Spitze des Ministeriums erreicht hätten. Nach Darstellung von Asmussen hätten die Berichte nichts geändert. Die Liquiditätssituation der HRE sei noch im August 2008 als "angespannt, aber beherrschbar" beschrieben worden. Die spätere drastische Beschreibung der Lage durch BaFin-Chef Jochen Sanio - etwa im Bundestags-Haushaltsausschuss oder im HRE-Ausschuss - habe sich mit den Ergebnissen der früheren Prüfberichte und Mitteilungen an das Ministerium nicht gedeckt. Sanio hatte im Ausschuss von "Saustall", "Falle" und "Schneeball HRE" gesprochen.
Grünen-Experte Gerhard Schick sagte, viele Aussagen von Sanio seien für Asmussen neu gewesen. Es gebe "eklatante Widersprüche", ein präventives Vorgehen sei nicht möglich gewesen. Es hätten sich massive Defizite in der Finanzaufsicht und im Ministerium gezeigt. Auch laut Volker Wissing (FDP) hat Asmussen erst durch den Ausschuss von der BaFin-Darstellung erfahren, die HRE sitze in der "Falle". Nina Hauer von der SPD nannte die Rücktrittsforderungen haltlos. Für Axel Troost von den Linken war die Regierung unvorbereitet, ein Rettungsszenario sei nicht durchgespielt worden.
Merkel-Berater Weidmann rechtfertigte das späte Eingreifen der Politik am ersten Krisenwochenende. Die Sachlage sei zuvor von Banken und Aufsicht geklärt worden. Erst dann hätte die politische Entscheidung getroffen werden müssen, ob der Staat der HRE hilft und wie die Lastenteilung ist. "Wir wollten bis zum Maximum den Beitrag der Finanzwirtschaft ausreizen." Weidmann nannte das 35-Milliarden-Paket eine "erfolgreiche Rettungsaktion". Den Großteil der Ausfallrisiken übernahm der Bund. 8,5 Milliarden Euro schulterte die Finanzbranche. Das erste Rettungspaket musste aufgestockt werden.
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