Stefan Mappus Favorit für Oettinger-Nachfolge
Stuttgart/Berlin (dpa) - Kanzlerin Angela Merkel hat mit der überraschenden Nominierung von Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) zum neuen EU-Kommissar auch für Wirbel in Baden-Württemberg gesorgt. Der 43-jährige CDU-Fraktionschef Stefan Mappus bewirbt sich um die Nachfolge als Regierungschef.
Merkel zeigte sich überzeugt, Oettinger werde "ein politisches Schwergewicht in Brüssel". EU-Parlamentarier warnten aber, Oettinger müsse um eine Mehrheit kämpfen.
Bei der Opposition stieß die Entscheidung am Wochenende auf Kritik. Die Südwest-SPD sprach von einer "Flucht nach Brüssel" des seit einiger Zeit politisch angeschlagenen Regierungschefs. Die Grünen nannten Oettinger ein europäisches Leichtgewicht.
An diesem Montag will die Landes-CDU die Weichen für die baldige Neuwahl des Ministerpräsidenten stellen. Allerdings gab es auch vereinzelte Rufe nach einer Mitgliederbefragung. Der als möglicher Gegenkandidat zu Mappus gehandelte Finanzminister Willi Stächele verzichtete wie auch andere CDU-Politiker auf eine Kandidatur.
Der 56-jährige Oettinger soll Günter Verheugen (SPD) beerben und angeblich auch Industriekommissar werden. Er wäre nach 18 Jahren der erste deutsche CDU-Kommissar in Brüssel. Er muss noch vom Europaparlament bestätigt werden. Verheugens Amtszeit endet am 31. Oktober.
Oettinger wird im EU-Parlament nach Ansicht deutscher Abgeordneter um die notwendige Mehrheit kämpfen müssen. "Oettingers Bestätigung ist kein Selbstläufer", sagte der FDP-Parlamentarier Alexander Graf Lambsdorff der "Financial Times Deutschland" (Montag). Auch der SPD-Politiker Martin Schulz äußerte sich zurückhaltend. "Im Gegensatz zu anderen CDU-Politikern in Brüssel und Berlin ist Oettinger bei Europafragen bislang nicht aufgefallen", sagte Schulz der Zeitung. Die anstehende Anhörung werde eine schwierige Sache für Oettinger werden.
Als Ministerpräsident will Oettinger (CDU) erst abtreten, wenn er das Amt als EU-Kommissar übernehme, sagte er. Dies könne bereits am 1. Dezember sein oder erst Anfang des Jahres 2010. Zu seiner Nachfolge wollte sich der CDU-Landeschef nicht äußern.
Oettinger sagte nach einer Sitzung des Bundesvorstands in Berlin: "Ich sehe mich als Dienstleister für den europäischen Gedanken und für die Interessen Deutschlands in Brüssel und Straßburg." Er räumte ein, das Angebot Merkels sei für ihn unerwartet gekommen. "Ich bin überrascht worden." Merkel habe ihn von ihrer Absicht erst vor der abschließenden Koalitionsrunde am Freitag informiert. Die Kanzlerin sagte: "Er wird ein politisches Schwergewicht in Brüssel sein." Der Wirtschaftsexperte werde ein "interessantes und wichtiges Ressort" in der EU-Kommission übernehmen. "Ich bin sehr, sehr froh, dass er Ja gesagt hat zu diesem Angebot."
Bereits im November könnte ein neuer Regierungschef im Landtag gewählt werden. Oettinger war seit 2005 im Amt. Er setzte sich seinerzeit in einer Urwahl gegen die damalige Kultusministerin Annette Schavan durch.
Der Vorsitzende der Grünen-Bundestagsfraktion, Jürgen Trittin, sieht durch die Personalentscheidung das deutsche Ansehen in der EU beschädigt. "Einen Landesfürsten da hinzuschicken, ist außerordentlich problematisch." Die Linkspartei forderte eine Neuwahl des Landtags.
Die Südwest-SPD sieht in dem Wechsel einen Offenbarungseid der CDU. "Kanzlerin Angela Merkel zieht einen angeschlagenen Ministerpräsidenten aus dem Verkehr", sagte SPD-Landtagsfraktionschef Claus Schmiedel der dpa. Die Grünen im Landtag sprachen von Flucht vor der Verantwortung. "Ein Kapitän verlässt das Schiff nicht, wenn Sturm aufkommt, sondern führt es", sagte Grünen-Fraktionschef Winfried Kretschmann der dpa.
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