Benedetto ist für Jugend kein Grund zum Jubeln mehr
Sie hatten ihrem "Benedetto" aus ganzem Herzen zugejubelt auf den Weltjugendtagen in Köln und in Sydney. Jetzt ist die katholische Jugend, soweit sie in Verbänden organisiert ist, nur noch enttäuscht. Von Alois Knoller
Das Image der Kirche habe durch die umstrittenen jüngsten Entscheidungen des Papstes gelitten, Jugendliche "müssen etwas rechtfertigen, was sie zum Großteil weder verstehen noch mittragen können oder wollen", erklärte am Montag der Vorstand des Bunds der Deutschen Katholischen Jugend.
"So bitter, so traurig" titelt das Nachrichtenmagazin Spiegel über die Befindlichkeit vieler Katholiken. Mancher fürchte bereits, dass der so gelehrte Pontifex als Fehlbesetzung in die Annalen der Kirche eingehen könne. Nicht nur jüdische Vertreter in Italien, in Israel und in Deutschland sind entsetzt über die Wiederaufnahme eines bekennenden Antisemiten in den Schoß der Kirche. Ganze Katholisch-Theologische Fakultäten bringen in Erklärungen ihre Bestürzung zum Ausdruck.
Den Anfang machte Münster, wo Joseph Ratzinger in der Zeit des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) Dogmatik lehrte. Es folgten Tübingen und Freiburg. Irritiert, verärgert, besorgt - in der Diktion ähneln sich die Statements. Spürbar ist das Bemühen, den Papst selbst ein Stück aus der Schusslinie zu nehmen. Sein Bestreben um Einheit in der Kirche wird anerkannt und gewürdigt. Doch dass davon ausgerechnet die Traditionalisten profitieren sollen, stößt auf weitgehendes Unverständnis der Theologieprofessoren, die Errungenschaften des Konzils in Gefahr sehen.
Der Münchner Erzbischof Reinhard Marx trat am Montag Befürchtungen entgegen, dass sich die Kirche auf einen rückwärtsgewandten Kurs begebe. Die katholische Kirche komme aus einer großen Geschichte. "Tradition ist aber keine Restauration, sondern Glaubenserfahrung und Glaubenswissen, die für die Gegenwart fruchtbar gemacht werden", sagte Marx. Von der traditionalistischen Pius-Bruderschaft erwarte er ein "eindeutiges Bekenntnis zum II. Vatikanischen Konzil, zu Glaubens- und Gewissensfreiheit". Bisher gebe es noch keine kirchliche Gemeinschaft mit den Ultrakonservativen.
"Es sind Fehler gemacht worden"
Kurienkardinal Walter Kasper hat am Montag Versäumnisse des Vatikans bei der Aufhebung der Exkommunikation des Holocaust-Leugners und Traditionalistenbischofs Williamson eingeräumt. "Es sind sicher auch Fehler gemacht worden im Management der Kurie - das will ich ganz ausdrücklich sagen", sagte Kasper in Radio Vatikan und fügte hinzu: "Man hat da vorher im Vatikan zu wenig miteinander gesprochen und nicht mehr abgecheckt, wo die Probleme auftreten können."
Der Generalobere der Pius-Bruderschaft, Bischof Bernhard Fellay, will in den nächsten Tagen Sanktionen gegen Williamson bekannt geben. Fellay versicherte, Antisemitismus sei in der Bruderschaft nicht weit verbreitet: "Das sind Einzelne." Sein Mitbruder Bernard Tissier de Mallerais brachte sich indes deutlich in Stellung: "Wir werden unsere Positionen nicht ändern, sondern Rom bekehren", sagte er der Turiner Zeitung La Stampa. Das Forum Deutscher Katholiken will sich vom "durchsichtigen Manöver gegen den Papst" nicht einschüchtern lassen.
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