EU-Parlamentsvize Barley will Orban Stimmrecht entziehen
Im Streit um die Sanktionen der EU gegen Russland hat sich Ungarn immer wieder quergestellt. EU-Parlamentsvizepräsidentin Barley will dem Land nun das EU-Stimmrecht entziehen.
Die Vizepräsidentin des Europäischen Parlaments, Katharina Barley (SPD), hat gefordert, Ungarn das Stimmrecht in der Europäischen Union zu entziehen. In einem Interview mit MDR Aktuell sagte Barley am Donnerstag, dass das Land das Einstimmigkeitsprinzip der EU als Erpressungsmittel einsetze. Die Aussetzung des Stimmrechts eines Mitgliedsstaats sei bei Verstößen gegen die Rechtsstaatlichkeit möglich, argumentierte Barley. Die Vizepräsidentin fand deutliche Worte für die rechtsstaatlichen Zustände in Ungarn. "Gerade in Ungarn kann man von demokratischen und rechtsstaatlichen Verhältnissen nicht mehr sprechen", sagte sie. Regierungschef Viktor Orban habe das Land "Stück für Stück in seine Hände gebracht".
Das Einstimmigkeitsprinzip der EU sei veraltet, aber schwer aufzuheben
Ungarn hatte am Donnerstag wiederholt das geplante neue Sanktionspaket gegen Russland blockiert. Auf Orbans Geheiß wird die EU nun doch keine Strafsanktionen gegen das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, den Patriarchen Kirill, erhoben. Orban hatte sein Veto mit religiösen Gründen gerechtfertigt. Auch beim Öl-Embargo stellte sich Orban - neben anderen Ländern - quer, weshalb es nun nur ein partielles Verbot für die Einfuhr von Öl aus Russland in die EU gibt.
Wenn die EU über wesentliche Dinge wie Sanktionen entscheiden muss, muss sie einstimmig abstimmen. Das sei nicht mehr zeitgemäß, so Barley im Interview. "Dieses Prinzip stammt aus Zeiten, als die EU aus sechs Ländern bestand. Jetzt sind wir 27 und da ist es einfach überhaupt nicht mehr praktikabel." Das Problematische daran sei aber, dass dieses Prinzip der Einstimmigkeit nur mit Einstimmigkeit aufgehoben werden könne, so die Politikerin weiter.