Die Geschichte zeigt: Nicht jeder Skandal führt zum Rücktritt
Was wird aus Hubert Aiwanger? Nicht jeder Skandal mündet in einen Rücktritt. Und nicht jeder Rücktritt hätte auch sein müssen. Fünf ungewöhnliche Fälle aus anderen Parteien.
Politik ist Macht auf Zeit – nicht jeder Politiker aber erreicht auch das reguläre Ende seiner Amtszeit. Mal waren es erschlichene Doktortitel, mal kleine Gefälligkeiten für Freunde oder Verwandte, mal privat genutzte Bonusmeilen aus dienstlichen Flügen, die Politikerinnen und Politiker zum Rücktritt gezwungen haben. Kaum ein Fall ist dabei mit dem anderen vergleichbar, den folgenden Beispielen aber ist zumindest eines gemeinsam: Sie sind so ungewöhnlich, dass sich im Lichte des Falles Aiwanger ein Blick zurück auf sie lohnt. Und längst nicht jeder dieser Fälle endete mit dem Verlust des Amtes.
Joschka Fischer. „Ja, ich war militant“, gesteht der Außenminister Anfang des Jahres 2001, als der Stern schon etwas vergilbte Fotos veröffentlicht, auf denen Demonstranten einen Polizisten zu Boden werfen und auf ihn eintreten. Einer der Straßenkämpfer ist Fischer, der in den Siebzigerjahren in der Frankfurter Hausbesetzerszene aktiv war und nun einräumen muss: „Wir haben Steine geworfen, wir wurden verdroschen, aber wir haben auch kräftig hingelangt.“ Fischer war Mitglied der sogenannten Putztruppe, die als besonders schlagkräftig galt und im Taunus den Guerillakampf übte. Kann der Grüne, obwohl längst vom Staatsverächter zum Staatsmann gereift, mit dieser Vorgeschichte noch Minister bleiben? Er kann, weil Bundeskanzler Gerhard Schröder sich schützend vor ihn stellt.
Rudolf Seiters. Auf dem Bahnhof im mecklenburgischen Bad Kleinen gerät im Juni 1993 ein Anti-Terror-Einsatz außer Kontrolle. Beim Versuch, zwei Mitglieder der Roten Armee Fraktion zu verhaften, stirbt der als mehrfacher Mörder gesuchte Wolfgang Grams. Nachdem der Spiegel und das ARD-Magazin „Monitor“ behaupten, Grams sei durch die Kugel eines Polizisten regelrecht hingerichtet worden, als er schon wehrlos auf den Gleisen lag, nimmt der damalige Innenminister Rudolf Seiters (CDU) seinen Hut – gegen den ausdrücklichen Willen von Bundeskanzler Helmut Kohl. Die angebliche Staatsaffäre jedoch, in der Seiters mit seiner Entscheidung deeskalierend wirken will, hat es nie gegeben, sondern nur viele Pannen bei der Aufarbeitung des Einsatzes. Heute weiß man, dass Grams sich vermutlich selbst erschossen hat.
Otto Wiesheu. In der CSU feiern sie ihn schon als Apfel vom Stamm des Franz Josef Strauß, als der Bauernsohn aus Oberbayern 1983 Generalsekretär wird. Ein Mann mit Zukunft in der Partei – bis er sieben Monate später mit 1,99 Promille Alkohol im Blut auf der Autobahn zwischen München und Nürnberg einen Unfall verursacht, bei dem ein Mensch stirbt. Wiesheu tritt als Generalsekretär zurück, behält aber sein Landtagsmandat. In zweiter Instanz wird er zu einer Bewährungs- und einer Geldstrafe verurteilt. Fünf Jahre später holt ihn der damalige Ministerpräsident Max Streibl als Staatssekretär ins Bildungsministerium, 1993 befördert Edmund Stoiber ihn sogar zum bayerischen Wirtschaftsminister. Das bleibt Wiesheu zwölf Jahre, eher er in den Vorstand der Deutschen Bahn wechselt.
Hans Modrow. Nach dem Zusammenbruch der DDR werden mehrere Parteifunktionäre der SED für die Fälschungen bei der Kommunalwahl im Mai 1989 vor Gericht zur Verantwortung gezogen – darunter auch der ehemalige Ministerpräsident Hans Modrow, der in der Zeit der sowjetischen Perestrojka als Gesicht einer neuen, offeneren DDR gehandelt worden war. Später kommt noch eine Verurteilung wegen eines Meineides vor einem Untersuchungsausschuss dazu. Trotzdem sitzt der überführte Wahlfälscher Modrow für die damalige PDS, die Nachfolgepartei der SED, vier Jahre im Bundestag und fünf Jahre im Europaparlament. An Rücktritt denkt er nicht. Kurz vor seinem Tod im Februar versucht er noch, den russischen Angriff auf die Ukraine als innerukrainischen Konflikt kleinzureden.
Christian Wulff. Es geht um 719,40 Euro. Genauer: um 400 Euro für das Hotel, 110 Euro für den Babysitter und 209,40 Euro für ein Abendessen auf dem Oktoberfest. Indem er diese Kosten für den damaligen Bundespräsidenten übernommen hat, soll ein Filmproduzent sich dessen Unterstützung bei der Finanzierung eines Filmprojekts erkauft haben – der Höhepunkt einer Affäre, in der es auch um die Finanzierung von Wulffs Eigenheim und andere Reisen geht und die im Dezember 2012 im Rücktritt des Präsidenten gipfelt. Am Ende wird Wulff freigesprochen, bleibt aber doch ein Gescheiterter. Hätte die Staatsanwaltschaft nicht dem Druck aus Politik und Medien nachgegeben und das Aufheben seiner Immunität beantragt, sagt er nach dem Urteil, „wäre ich noch im Amt“.
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Wie windig und zusammengeschustert dieser Artikel ist zeigt sich auch darin, dass bei zweien persönliche Verfehlungen die Ursache für den Skandal sind, bei einem ein kleines Vergehen, nur sollte der vom Boulevard aus dem Amt geschrieben werden. Und bei zwei Weiteren, den Herren Seiters und Modrow wird politisches Handeln zur Grundlage gemacht. Und noch dazu, Seiters in diese Reihe zu stellen ist irrwitzig; der Mann hatte Charakter und trat wegen einem Desaster in seiner politischen Verantwortung zurück.
Joschka Fischer hat vergessen zu erwähnen, dass er BTP Richard Stücklen ein Arschloch nennen durfte und der amerikanischen Außenministerin politisch unterm Rock gekrochen ist, das unterstreicht seine charakterliche Qualität, Qualifikation und die politische Lage Deutschlands damals wie heute.
Dieser Artikel ist eigentlich eine Frechheit. Da werden Affären und Affärchen mit einer antisemitischen Hetze übelster Machart, die nach heutigen Maßstäben wohl den Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt, auf eine Stufe gestellt.
Das nennt man Wasser auf die Mühlen derer lenken, die vor lauter Pseudopatriotismus nicht mehr laufen können. Zum Fremdschämen!
Verstehe ich nicht. Hat Volksverhetzung gegenüber anderen Straftaten ein Alleinstellungsmerkmal? DIe schwerste Hammer ist hier die Sache mit Herrn Wiesheu, jemanden, der im Alkoholrausch einen Menschen getötet hat, auch noch ein politisches Amt zu geben.
Ausser ein paar Gutmenschen und die Medien scheint das keiner so dramatisch zu sehen.
@Michael K.: das denke ich mir nicht nur bei diesem ganzen Brimborium. Manche sollen ja neben den virtuellen auch noch reale, normale Kontakte haben ... . Und da hören sich manche "Skandale"/"Empörungen" und was weiß ich nicht alles, odt ganz anders an.
Wolfgang B.
Richtig, diese reale Erfahrung machen nicht nur Sie oder ich, sondern so ziemlich jeder.
Wenn ich manche Kommentare lese und diese mit meiner realen Erfahrung mit anderen Menschen vergleiche, scheine ich hier in eine andere Realität zu kommen.
@Wolfgang S.: Zum Fremdschämen ist eher Ihr Kommentar. Gefällt Ihnen der Artikel nicht, weil er nicht in ihr linksideologisches Weltbild passt? In der extrem einseitigen Berichterstattung der vergangenen Tage gegen Aiwanger ist dieser Artikel einer der wenigen, der die Dinge etwas relativiert und mit dem moralischen Zeigefinger wedelnde Menschen wie Sie an eine möglichst einheitliche Bewertung der Sachlage erinnert.
Da bin ich ganz bei Gerold R.: Besoffen einen Menschen totfahren oder Pflastersteine auf Polizisten werfen ist ja wohl noch deutlich schlimmer, als wenn ein 13-17jähriger den Hitlergruß zeigt oder eine (ich wiederhole mich) übelste Hetzschrift im Schulranzen herumträgt - sich im Erwachsenenalter aber deutlich davon distanziert.
Was stimmt nicht mit Ihrem Wertekompass, falls Sie das anders sehen sollten?
@Michael K.
"Was stimmt nicht mit Ihrem Wertekompass, falls Sie das anders sehen sollten?"
Die Frage "Was stimmt nicht mit Ihnen" kommt immer dann, wenn jemand Widerspruch erhält, für den Toleranz ein Fremdwort ist.
Man kann anderer Meinung sein, aber die Frage "Was stimmt nicht mit Ihnen" ist ein Frechheit.
@ Maria Reichenauer: Sie drehen einem wieder mal das Wort im Mund um. Ich habe nicht Wolfgang S. in Frage gestellt, sondern seinen linksideologischen Wertekompass, wenn er den (meiner Meinung nach guten) Artikel als "Frechheit" und die darin erwähnten Beispiele als "Affärchen" abtut, wo u.a. ein Mensch unnötigerweise sein Leben verlor. Soweit kann es mit der Toleranz im linken Milieu dann ja nicht her sein, wenn Aiwangers Nazijugend die größere Verfehlung sein soll als der sinnlose Verlust eines Menschenlebens. Diese Frage können gerne auch Sie sich stellen. Das Leben ist ein permanenter Abgleich der Verhältnismäßigkeit, und wer mit zweierlei Maß misst, dem fällt das zwangsläufig irgendwann auf die Füße.
Zu Maria Reichenauer:
Neben dem Michael K. (Dreieck im Logo"), der fragt:
"Was stimmt nicht, mit Ihrem Wertekompass . . . . "
publiziert hier auch ein (anderer?) Michael K. (München
im Logo), der sich bemüßigt fühlt zu fragen:
"Was stimmt eigentlich bei Ihnen nicht?"
(Kommentar vom 25.08. zu "Die AfD ist zwar demokratisch
gewählt, aber keine demokratische Partei" - 23.08. ) , und
sich dann um die Antwort auf die Nachfrage vom 27.08.
drückt, ob er meine, dass möglicherweise nur bei ihm alles
"stimmt"
Ist das (wegen der überreinstimmenden Fragestellung) nun
ein und derselbe (sich tarnende) Michael K.oder sind das
zwei Seelenverwandte mit demselben niedrigen Argumen-
tations : - ) - "Niveau" ??
>>> Ist das (wegen der überreinstimmenden Fragestellung) nun
ein und derselbe (sich tarnende) Michael K.oder sind das
zwei Seelenverwandte mit demselben niedrigen Argumen-
tations : - ) - "Niveau" ??<<<
Wenn sie neben Ihren ständigen „Wort zum Sonntag“ auch die Einstellungen lesen würden, dann wäre Ihnen sicherlich aufgefallen, dass Michael K und ich öfters andere Meinungen haben. Was auch völlig okay ist aber Sie sind wahrscheinlich der einzigster der tatsächlich glaubt wir seien die selbe Person.
Da unsere Daten bei der AZ hinterlegt, hätte diese einen Namen schon längst gesperrt.
Und, Sie haben schon lange das Foto von mir und meiner Frau beim Augsburger Presseball verlinkt, haben Sie dann doch die Lust daran verloren ? ;)
Oh nein . . .Ihr Foto 9 vom Presseball, das Sie selbst
hier ausdrücklich erwähnten, „ploppt“ vor mir immer
auf, wenn Sie hier kommentieren . . . .
. . . . wie es halt so kommt, wenn man sich
selbst so präsentiert . . .