Seehofer wirft Schäuble Sabotage vor
Der Streit in der Union um die Pkw-Maut eskaliert. CSU-Chef Horst Seehofer griff Finanzminister Schäuble an und unterstellte ihm, mit Indiskretionen das Maut-Projekt zu sabotieren.
Zuvor war durch den Spiegel eine Stellungnahme aus Schäubles Haus bekannt geworden, in der vernichtende Kritik am Konzept von CSU-Verkehrsminister Alexander Dobrindt geäußert wird. Seehofer sieht darin offensichtlich den vorläufigen Höhepunkt eines Feldzuges aus Teilen der CDU gegen die Maut.
Schäubles Haus zweifelt an der Höhe der Maut-Einnahmen. In der Expertise des Finanzministeriums wird die Befürchtung geäußert, dass "im Ergebnis erheblich weniger als 600 Millionen Euro pro Jahr für die Straßeninfrastruktur-Finanzierung übrig bleiben". Dobrindt habe die Kosten für die Einführung und den Betrieb des Mautsystems womöglich zu niedrig angesetzt. Im Innenministerium wird laut Spiegel die Gefahr gesehen, dass Autos, Kleinlaster und Lastwagen ungleich behandelt werden - was verfassungsrechtlich heikel sei.
Die Maut, mit der ausländische Autofahrer zur Kasse gebeten werden sollen, ist erklärtes CSU-Projekt, Union und SPD haben sie im Koalitionsvertrag vereinbart. Deutsche Autobesitzer soll sie unter dem Strich nichts kosten, weil die Gebühr mit der Kfz-Steuer verrechnet wird. Ob das europarechtlich so geht, ist umstritten. Große CDU-Landesverbände wie Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz wollen die Pkw-Maut nicht auf Straßen in Grenznähe haben, weil dann Touristen aus Nachbarländern fernbleiben könnten.
Seehofer drohte indirekt mit einem Koalitionskrach, wenn die Kritik aus der CDU nicht aufhört. Nach den Landtagswahlen in Brandenburg und Thüringen am nächsten Sonntag sei die "politische Schonzeit" vorbei, sagte er. Die CSU habe bisher alle Vorhaben der Koalition mitgetragen, vom Mindestlohn bis zur Rente mit 63. "Und wir haben keines dieser Projekte vorher zerredet. Eine solche Unterstützung erwarten wir auch bei der Maut." Führende CDU-Politiker haben Seehofer nun zur Mäßigung aufgefordert. "Aggression bringt uns überhaupt nicht weiter. Ich halte es für sinnvoll, dass alle Beteiligten verbal abrüsten", sagte CDU-Vize-Fraktionschef Michael Fuchs Spiegel online.
Seehofer schloss Kompromisse bei der Ausgestaltung der Pkw-Maut erneut nicht aus, sagte aber: "Das von Alexander Dobrindt vorgelegte Modell ist das beste, das ich kenne." Nach Exklusivinformationen unserer Zeitung könnten Landstraßen jetzt von der Mautpflicht ausgenommen werden. Dobrindt wollte die Vignette zunächst für alle Straßen. Pläne von Schäuble, langfristig Autobahnen von Investoren gegen Maut-Gebühren betreiben zu lassen, lehnte Seehofer ab. Das würde die Bürger zusätzlich belasten. AZ, dpa
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