Französische Außenministerin hat bereits mit Blinken und Baerbock telefoniert
Die Ernennung von Catherine Colonna als neue französische Außenministerin gilt als Überraschung und kluger Schachzug. Ihre Krisenerprobtheit wird sie bald zeigen müssen.
Es gibt ein Foto aus dem Jahr 1999, das den früheren französischen Präsidenten Jacques Chirac zeigt, wie er sich leicht nach unten beugt und sein Ohr einer Frau zuneigt, die ihm diskret etwas zuflüstert. Aufgenommen wurde das Bild während eines offiziellen Besuchs des damaligen ägyptischen Präsidenten Hosni Moubarak in Paris und bei der Frau handelte es sich um Chiracs langjährige Sprecherin, Catherine Colonna. Sollte er einmal ein Detail oder einen Namen vergessen haben, so hieß es, genügte es, ihr einen Blick zuzuwerfen und sie sprang ein. Ihre Loyalität und Professionalität schätzte er so sehr, dass sie neun Jahre auf diesem Posten blieb – ein Rekord.
Colonna ist die zweite französische Außenministerin überhaupt
Colonnas Karriere hat nun ihren vorläufigen Höhepunkt erreicht: Gerade wurde die 66-Jährige zur neuen Außenministerin Frankreichs ernannt. An ihrer Seite stieg der bisherige Europa-Staatssekretär Clément Beaune, ein Vertrauter von Präsident Emmanuel Macron, zum Europa-Minister auf. Am Wochenende telefonierte sie bereits mit US-Außenminister Antony Blinken und der deutschen Außenministerin Annalena Baerbock, die Colonna demnächst in Berlin besuchen wird.
Einhellig bewerteten französische Medien von links wie von rechts die personelle Entscheidung als „Überraschung und doch logisch“: Es könne kaum eine bessere Besetzung für den Posten geben, als die erfahrene und angesehene Diplomatin.
Colonna ist erst die zweite französische Außenministerin überhaupt und eine von nur lediglich 3 Frauen, die, unabhängig von ihrem aktuellen Amt, den Titel „Botschafterin Frankreichs“ tragen, eine seltene Auszeichnung für herausragende diplomatische Verdienste. Verliehen bekam sie diese im Jahr 2019 vom damaligen Außenminister Jean-Yves Le Drian – ihrem Vorgänger im Amt. So schließt sich der Kreis.
Französische Außenministerin hat bereits für UNESCO und den OECD gearbeitet
Nach einem Jurastudium in ihrer Heimatstadt Tours in Westfrankreich und dem Besuch der Elitehochschulen Institut d’Études Politiques und Ena begann die Tochter einer Hausfrau und eines korsischen Landwirtes ihre Karriere im Außenministerium, mit einem ersten Posten in Washington von 1983 bis 1986. Zurück in Paris, arbeitete sie in verschiedenen Ministerien, bis sie 2005 beigeordnete Ministerin für europäische Angelegenheiten wurde – unmittelbar nachdem die Ablehnung einer europäischen Verfassung durch die Franzosen per Referendum die EU in eine Krise gestürzt hatte.
Später wirkte sie unter anderem als permanente Vertreterin ihres Landes bei der UNESCO und der OECD, als französische Botschafterin in Rom und seit 2019 in London. Ihr Job dort war kein leichter angesichts heftiger Streitigkeiten zwischen Frankreich und dem Vereinigten Königreich unter anderem um Fischereirechte nach dem Brexit.
Im Außenministerium selbst muss Colonna sich auch beweisen
Ihre Krisenerprobtheit wird Catherine Colonna auch in ihrem neuen Job nutzen – nicht nur aufgrund des Kriegs in der Ukraine und anderen geopolitischen Konflikten. Auch intern droht ihr Gegenwind, denn für den 2. Juni ist ein Streik von sechs Gewerkschaften und einem Zusammenschluss von 400 Nachwuchsdiplomaten angekündigt.
Sie sind in heller Aufruhr, da, im Zuge von Macrons Reform des öffentlichen Dienstes, das diplomatische Corps als eigenständige Einheit mit eigenen Ausbildungswegen aufgelöst wird. Es gilt als Geste gegenüber den Reformgegnern, dass Colonna, ein „Gewächs“ aus dem Außenministerium selbst, ihre neue Chefin wird, eine Frau mit unverkennbarem diplomatischen Geschick. Sie wird es brauchen können.
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