Volkes Wut ist Sahra Wagenknechts Treibstoff
Früher war Sahra Wagenknecht sehr links, jetzt halten ihr Kritiker rechte Tendenzen vor. Sie selbst sieht sich als Vertreterin der Mitte. Was will das Bündnis?
Einen besseren Tag zur Gründung einer Protestpartei kann es nicht geben. Bauern, Fuhrunternehmer und Handwerker blockieren im ganzen Land die Straßen, im Volk gärt es. Das Ansehen der Regierung liegt in Trümmern. Der eben auf einer Fähre von wütenden Landwirten bedrängte Wirtschaftsminister Robert Habeck ruft in einer Videobotschaft dazu auf, die Republik zu verteidigen, „den besten Staat, den Deutschland je hatte“.
Doch die Stimmung ist eine andere, von wegen bestes Deutschland aller Zeiten. „Die Demokratie in unserem Land wird in erster Linie gefährdet durch eine Politik, von der sich immer mehr Menschen im Stich gelassen oder aber vor den Kopf gestoßen fühlen“, sagt Sahra Wagenknecht.
Das Bündnis BSW mit der Vorsitzenden Sahra Wagenknecht
Vor ihr hat die Hauptstadtpresse in großer Zahl Platz genommen. An ihrer Seite hat die 54-Jährige die engsten Mitstreiter für das interessanteste politische Projekt des Jahres versammelt. Nur wenige Stunden zuvor haben sie das "Bündnis Sahra Wagenknecht" offiziell als Partei gegründet – eine Verbindung, die den Namen der Galionsfigur trägt, ergänzt um das Begriffspaar Vernunft und Gerechtigkeit. BSW lautet das Kürzel. Um es praktisch zu halten, ist eine der beiden Vorsitzenden SW.
Wagenknecht will in einer Wut-Partei den Zorn der Straße aufnehmen und der anderen Wut-Partei – der AfD – Stimmen abjagen. „Wir haben diese neue Partei gegründet, damit diese falsche Politik, damit die Unfähigkeit und Arroganz im Berliner Regierungsbezirk, damit das überwunden werden kann“, führt sie aus. Es ist das alte Versprechen der meisten Parteien, einen Staat von oben zu lenken und gleichzeitig ganz dicht am Volk zu sein. Oben und Elite sind immer die anderen.
Wagenknecht verfügt über viel Erfahrung auf dem Gebiet der Wut-Umleitung. Über 30 Jahre war sie Mitglied in einer Partei, die zunächst das Ventil für den Groll der Ostdeutschen war. Sie häutete sich mehrfach – hieß zunächst noch SED, dann PDS, Linkspartei und Linke. Über die Jahre ging ihr das Wut-Potenzial auf der langen Strecke aus, verlor sie diese Krone an die AfD. Mittlerweile greift diese sogar nach der Krone im Parteiensystem insgesamt, in Umfragen steht die Alternative für Deutschland auf Platz 2, im Osten liegt sie in der Gunst der Wähler sogar vorn.
Das Bündnis Wagenknecht sieht sich an der Seite der Bauern
Von diesem großen Kuchen will sich Wagenknecht ein Stück abschneiden. Am Gründungstag unterstützt sie den Protest der Bauern, wie sollte es anders sein. „So können wir mit Menschen, die unsere Lebensmittel produzieren, nicht umgehen. Das ist eine verdammt harte Arbeit.“ Im Protest der Bauern geht es nicht nur um verbilligten Agrardiesel, es schwingt mehr mit. Es ist eine Mischung aus tief sitzender Frustration, Empörung über die Regierung und Verunsicherung, die sich Platz sucht. Bisher findet sie bei der AfD eine Adresse, Wagenknecht will am Anfang zumindest der Zweitwohnsitz werden.
Das Potenzial dafür wird ihr zugeschrieben. Im November fragten die Meinungsforscher des ARD-Deutschlandtrends danach, ob die neue Wagenknecht-Partei gut oder schlecht für Deutschland sei. 36 Prozent aller Befragten sagten „gut“. Seinerzeit gab es die Partei noch gar nicht, sondern lediglich den vorbereitenden Verein. Die stärkste Zustimmung erhielt die frische politische Kraft übrigens von den Wählern der AfD. Beinahe zwei Drittel sahen das positiv, weitaus mehr als bei den Unterstützern von Wagenknechts bisheriger politischer Heimat. In Thüringen sorgte eine Umfrage für Furore, nach der die BSW ein Viertel aller Stimmen holen könnte.
Auch wenn erfahrene Demoskopen sagen, dass derartige Werte nicht viel mehr sind als flüchtige Schatten in der Meinungslandschaft, verschaffen sie Wagenknecht Rückenwind. Würde das Unternehmen die Wähler nicht interessieren, wäre es schneller Geschichte als die Einigkeit in der Ampelkoalition. Nur die Aussicht auf Erfolg lockte und lockt Unterstützer aus anderen Parteien zu Wagenknechts Feldversuch. Dazu zählen natürlich die Profis aus der Linkspartei, aber zum Beispiel auch der frühere Oberbürgermeister von Düsseldorf, Thomas Geisel. 40 Jahre war er in der SPD.
Wagenknechts zweiter Anlauf
Der Aufbau einer neuen Partei ist Knochenarbeit. Wagenknecht haderte damit. Sie ist vor einigen Jahren schon einmal mit einer politischen Bewegung gescheitert, die sich Aufstehen nannte und schnell versandete. Den Fraktionsvorsitz der Linken musste sie einst aufgeben, weil sie ausgebrannt war.
Nun will sie es noch einmal wissen. Ihr zweiter Versuch, mit einer neuen Organisation das Parteiensystem aufzumischen, hat den Vorteil, dass der Zeitraum der Kraftanstrengung überschaubar ist. Vier Wahlen stehen bis zum Herbst an – zunächst die Europawahl im Juni, gefolgt von den drei Ostwahlen in Thüringen, Sachsen und Brandenburg im September. „Die Menschen erwarten, dass wir antreten, deswegen gehe ich davon aus, dass wir das leisten“, sagt Wagenknecht.
Um sich dem Votum der Wähler stellen zu dürfen, müssen rasch Unterschriften gesammelt und Kandidatenlisten aufgestellt werden. Die Regel lautet, dass die Vorschläge spätestens drei Monate vor der Wahl bei den Wahlleitern eingehen müssen. Teilweise sind die Fristen eine Woche kürzer oder länger. Stemmen sollen die Organisationsarbeit 450 Mitglieder der BSW, die in ganz Deutschland Bundespartei und Landesverbände aufbauen. Wagenknecht will klein anfangen, um das Risiko zu verringern, dass Schwärmer, Suchende, Glücksritter und U-Boote der AfD Missgunst, Streit und Skandale produzieren. Potenzielle Mitglieder sollen genau angeschaut werden, ob sie dem Projekt wirklich nützen können.
Gelingt das, könnte sich Sahra Wagenknecht mit ihrer Formation bis zum Jahresende im politischen System festgekrallt haben. Die Anführerin wird sich nicht zur Wahl stellen, sondern weiter die Bühne des Bundestages nutzen, in dem sie auf einem Mandat sitzt, das sie einst auf dem Ticket der Linken errungen hat. Ihre Rezepte hat sie in den vergangenen Jahren entwickelt und in den Talkshows ausgiebig vorgestellt. Es ist eine Melange aus linker und rechter Politik, die es in Deutschland bisher nicht gibt. Deutliche Begrenzung der Zuwanderung (rechts) bei spürbarem Ausbau der Sozialleistungen (links), eine abwartende Klimapolitik (rechts) und ein Stopp der Waffenlieferungen an die Ukraine (rechts und links). „Viele Menschen können mit diesen Labels links und rechts nicht mehr viel anfangen“, sagt Sahra Wagenknecht. Sie trägt ein leuchtend rotes Kostüm, der Farbe ihrer geistigen Heimat. Und die Farbe der Wut.
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Nicola L. ( 9.1. ) : Stimme zu und füge hinzu : Wenn folgende Personen anschaut : Weidel, Chrupalla, Gauland, Krah, Sellner, Söder,
Merz, sieht man, wieviel Hass gegenüber Andersdenken besteht und zwar die o.g. von der AfD mit ihrem Hass gegen alle anderen
Parteien und gegen Ausländer. Söder und Merz haben die Grünen als Hass-Objekte entdeckt. Anstatt die AfD stärker aufs Korn zu
nehmen, wollen sie, was die Migrationspolitik betrifft, die AfD kopieren. Deshalb ist es umso wichtiger, dass mit Frau Wagenknecht
jemand antritt, die zwar gegen die Ampel "austeilt" und zwar mit Recht, aber nicht in Hass-Rhetorik verfällt wie oben Genannte,
CDU-Mann Spahn mit eingeschlossen, der Asylanten an den Außengrenzen auch mit "Gewalt" ( Zitat Spahn ) abhalen will. Was er
mit Gewalt meint, sagt er aber nicht. Eine solche "Sprache der Gewalt" verwendet Frau Wagenknecht nicht.
Solange des Volkes Wut der Treibstoff für Sahra Wagenknecht ist und nicht deren Dummheit, besteht noch Hoffnung für Deutschland.
Mit ihrer gekonnten demagogischen Rhetorik und Intelligenz stellt sich Frau Wagenknecht auf die Seite der sog. "Abgehängten", die bisher von der AfD aufgefangen worden sind. So könnte sie nicht nur der AfD, sondern auch allen anderen Parteien Stimmen ab-
jagen.
Der Schwachpunkt von Wagenknechts Bewegung ist ihre Nähe zu Putin und Russland. Damit sammelt sie zwar die Friedensromantiker ein, welche es immer noch nicht begriffen haben, daß der Frieden in der Welt eben nicht von den Waffenarsenalen in der Welt und der Fähigkeit von Friedenspolitikern und Diplomaten abhängt, sondern überwiegend davon, wie ein paar egomane Despoten ticken, die an der Spitze von (Industrie)nationen stehen, wie immer diese auch dahingekommen sein mögen. Und deren Lust auf Krieg schlicht nur alleine davon abhängt, wie sie den Ausgang für sich selbst und ihre Gefolgschaft einschätzen.
Nein. Was wäre denn, wenn die USA ihr "Waffenarsenal", wie Sie das nennen, von heute auf morgen gen 0 herunterfahren würde? Waffen haben mehrere Aufgaben - eine davon ist die Abschreckung. Was glauben Sie warum der "Kalte Krieg", falls er Ihnen was sagt, kalt geblieben ist?
Lieber Wolfgang B. da haben Sie wohl was grandios mißverstanden. Wenn "Friedensromantiker es n i c ht begriffen haben, das der Frieden in der Welt n i c h t von den Waffenarsenalen abhängt..." dann bedeutet das im Umkehrschluss dieser 2 maligen Verneinung logischerweise, das der Frieden von genau diesen Waffenarsenalen abhängt (eine doppelte Verneinung in einem Satz bedeutet semantisch eben ein "Ja"). In diesem Fall wie gesagt aus dem einfachen Grund, weil die Drohkulisse dieser Waffenarsenale das Einzige ist, was egomanen Despoten, denen ansonsten vollkommen egal ist wieviele Bürger ihres Machtbereichs leiden oder sogar umkommen, wirklich fürchten.
Christoph S., da muss meinem Wolfgang-Kollegen beispringen. Ich fürchte, dass Sie sich selbst in Ihrer Verneinung, die leider nicht doppelt war, verheddert haben. Man konnte zwar ahnen, was Sie sagen wollten, gesagt haben Sie aber was anderes. :)
Mein Vorposter hats schon geschrieben => ich bin mir sehr sicher, daß ich Ihren Eröffnungspost richtig verstanden habe.
Wagenknecht hat zwei entscheidende Schwachstellen:
Sie ist eine in der Wolle gefärbte Kommunistin, die ihr Leben lang von Verstaatlichungsorgien und Planwirtschaft geträumt hat. Warum sollte sie das plötzlich abgelegt haben?
Der zweite Punkt betrifft ihr Verhältnis zu Russland und Putin. Wagenknecht würde uns aus der Nato und der EU heraus in die Hände Putins treiben. Das hätte angesichts der revisionistischen Bestrebungen Putins katastrophale geopolitische und wirtschaftliche Folgen für unser Land.
Glauben Sie Ihren zweiten Punkt im Ernst? Da gelänge eher die Quadratur des Kreises.
"Jedem Neuanfang wohnt ein Zauber inne"
Die größte Gefahr für die AfD ist nicht die CDU oder die FW. Es ist das Bündnis für Sahra Wagenknecht. Sie hat es geschafft aus der Linken und SPD die politisch Vernünftigen zu versammeln. Wir werden noch viel von dieser Partei hören, auch wenn sicherlich nicht alles perfekt ist. Ein politisches Schwergewicht ist Fabio De Masi. Als Finanzexperte und Europapolitiker hat er überzeugt. Für mich einer der Stärksten im Team. Ebenso ist Mohamed Ali eine absolut integre Persönlichkeit. Für mich wichtigster Satz auf der Bundespressekonferenz: Frau Wagenknecht möchte wieder eine offene Diskussionskultur, im Gegensatz zu den restlichen Parteien, pflegen. Dazu gehört, dass man auch mit der AfD spricht und Lifestyle Fragen nach Gender und Familie sein lässt. Mal schauen, was daraus wird. Ich wünsche der Partei viel Erfolg und schön, dass Demokratie noch funktioniert und gelebt wird.
Der ist echt gut: "Sie hat es geschafft aus der Linken und SPD die politisch Vernünftigen zu versammeln"
Schenkelklopfer des Jahres, jetzt schon!
Positiv ist schon mal, daß sie Deutschland als Kriegspartei zurückfahren will. Mal abwarten wie die Absichtserklärungen für die Europawahl lauten werden - in etwa 6-8 Wochen sollten sie auf dem Tisch liegen.
Jetzt kann man nur hoffen, dass SW genau so viel Parteispenden bekommt wie die "Klassischen Demograten", dann wäre eine Chancengleichheit gegeben.
Das scheint zunächst eine gute Nachricht zu sein in einer Situation, wo sich in Berlin Murks und Unfahigkeit treffen. Da meine ich nicht nur die Ampel, da schliesse ich die Merz-Söder-Truppe vollumfänglich mit ein. Derzeit schauen doch alle nur zu, bzw leiten noch Wasser auf die Mühlen der unsäglichen Populisten von Aiwanger bis hin zur AfD.
Eine klare, von taktischen Zwängen und Machtgeplänkel freie politische Positionierung in den zentralen Fragen der Gegenwart ist zwingend erforderlich. Mal schauen, ob dies mit dieser Neugründung gelingen kann; die Chance ist zumindest allemal da.
Egal, was Wagenknecht will oder nicht will, sie würde uns jedenfalls sofort an Putin verkaufen, wenn sie könnte. Das hat sie mit der AfD gemeinsam. Ich persönlich will aber nicht in einer DDR 2.0 leben.
Da gebe ich Ihnen recht, zumal ich Heute gelesen habe, dass Sie Deutschland Kriegstreiber nennt. Das hat mich schon gewundert. Putin nur erwähnt der Krieg könnte schon langst beendet sein, wenn der Ukrainische Präsident zugestimmt hätte nicht in die Nato ein zu treten. Angriff Putin an die Ukraine überhaupt nicht erwähnt. Ich bin sehr Vorsichtig was Frau Wagenknecht angeht, meine Stimme ist zu wichtig um Sie leichtfertig zu vergeben. Bestimmt nicht an die BSW.
Jetzt sollte man erst einmal abwarten und der neuen Partei eine Chance geben sich ein Profil zu entwickeln.