Janine Pietsch: Diagnose Brustkrebs
Im Wasser war Janine Pietsch schon lange nicht mehr: Sonst absolviert sie zwei bis drei Trainingseinheiten pro Tag, doch zurzeit verschwendet die Schwimmerin an Training keine Gedanken. Vor knapp drei Wochen wurde bei der 26-Jährigen Brustkrebs diagnostiziert. Von Andreas Kornes
Von Andreas Kornes
Ingolstadt - Im Wasser war Janine Pietsch schon lange nicht mehr. Zwei bis drei Trainingseinheiten absolviert die Profischwimmerin normalerweise pro Tag, doch an Training verschwendet sie keinen Gedanken mehr. Vor knapp drei Wochen wurde bei der 26-Jährigen Brustkrebs diagnostiziert.
Nur wenige Tage später entfernten Prof. Babür Aydeniz und Dr. Jan-Erik Junker am Klinikum Ingolstadt einen bösartigen Tumor aus dem Körper der Sportlerin.
Über Nacht wurde aus der 1,89 Meter großen Modellathletin ein schwer kranker Mensch. Die einzige gute Nachricht in den schlimmen ersten Tagen sei gewesen, dass der Tumor offenbar noch nicht gestreut hatte, sagt Janine Pietsch. Wohl auch deshalb ist die Prognose der Ärzte günstig. Die Chancen stünden gut, dass sie wieder ganz gesund werde.
Die Krebserkrankung ist die vorerst letzte Station eines Sportlerlebens, das vor allem von Rückschlägen geprägt war. Ausgestattet mit einem schwimmerischen Talent, das nur wenigen zuteil wird, machte ihr die Gesundheit immer wieder einen Strich durch die Rechnung.
Zunächst blieben Zysten im Kiefer unentdeckt und schwächten das ohnehin schon dauerstrapazierte Immunsystem der Spitzensportlerin. Hartnäckige Erkältungen waren die Folge. Trotzdem qualifizierte sie sich für die Olympischen Spiele 2004 in Athen, schied dort aber bereits in den Vorläufen aus. Mehrere Operationen waren nötig, um die Entzündungsherde zu beseitigen.
Janine Pietsch kehrte mit einem Paukenschlag zurück. Bei den deutschen Meisterschaften 2005 in Berlin schwamm sie völlig überraschend Weltrekord über 50 Meter Rücken (28,19 Sekunden), den sie erst zwei Jahre später an die Amerikanerin Leila Vaziri verlor.
Ihren internationalen Durchbruch schaffte die gebürtige Berlinerin ein Jahr später, als sie in Schanghai Doppelweltmeisterin wurde (50 und 100 Meter Rücken) und auch bei der Europameisterschaft 2006 in Budapest Gold über 50 Meter Rücken gewann. Den EM-Titel widmete sie damals unter Tränen ihrer Mutter, die zur gleichen Zeit an den Folgen einer schweren Krebsoperation litt.
Auf dem Höhepunkt ihrer Karriere machte Janine Pietsch dann aber einmal mehr die Gesundheit zu schaffen. Wegen einer Schilddrüsenüberfunktion musste sie die Trainingsumfänge reduzieren und verpasste die Qualifikation für die Olympischen Spiele in Peking.
Natürlich sei sie enttäuscht, sagte Pietsch damals. Aber immerhin könne sie sich jetzt ganz auf ihre Gesundheit konzentrieren. Die Probleme mit der Schilddrüse hatte sie gerade in den Griff bekommen, als sie vor einigen Wochen den Knoten in ihrer Brust bemerkte. Danach ging es schnell.
Nach der inzwischen überstandenen Operation hat sich Janine Pietsch erst einmal zurückgezogen und bei ihren Eltern Zuflucht gesucht. Sie habe viel geweint in den vergangenen Tagen, denn zum ersten Mal habe sie Zeit gehabt, über das Geschehene nachzudenken. "Ich muss das erst einmal alles verarbeiten", sagt sie, will vor allem Kraft sammeln für die langwierige Folgebehandlung.
Weil sie noch sehr jung ist, muss sie trotz der guten Prognose eine mehrjährige Hormontherapie über sich ergehen lassen. Dazu kommen Chemotherapie und Bestrahlung. "Die Ärzte haben mir gleich gesagt, dass es eine schwere Zeit wird. Dafür sind dann die Heilungschancen für die nächsten zehn Jahre bei etwa 90 Prozent."
In Zukunft will sie sich dafür engagieren, andere junge Frauen aufzuklären und zu ermutigen, zur Vorsorge zu gehen. "Ich gehöre zu keiner Risikogruppe und lebe gesund. An meinem Beispiel sieht man, dass niemand vor Krebs sicher ist." Ob Janine Pietsch noch einmal ins Wasser zurückkehrt, ist derzeit völlig ungewiss.
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