Mit Glück und Gomez
Die deutsche Mannschaft zeigt beim 2:1 gegen Österreich über weite Strecken eine schwache Leistung. Doch auf den Torjäger des FC Bayern war diesmal Verlass.
Wien Sechs Spiele, sechs Siege, 18 Punkte – die deutsche Fußball-Nationalmannschaft hat ihre makellose Bilanz in der Qualifikation für die EM 2012 mit einer großen Portion Glück fortgeschrieben. Gestern feierte die Auswahl von Joachim Löw einen hart umkämpften 2:1 (1:0)-Sieg gegen Österreich, das damit seine Hoffnungen auf ein Ticket nach Polen und in die Ukraine begraben kann. Beide deutsche Treffer erzielte Mario Gomez, den zweiten erst in der 90. Minute.
Joachim Löw hatte dem Treffen im Ernst-Happel-Stadion einen intensiven, aber ästhetisch eher unterentwickelten Verlauf prophezeit. Damit hatte er recht – jedenfalls was den Beitrag seiner Mannschaft betraf. Der gastgebende Außenseiter dagegen bot einen überraschend ansprechenden Auftritt und wurde trotz der Niederlage von seinen Fans mit Beifall verabschiedet.
Löw besorgt an der Seitenlinie
Schon die Startphase der Partie hatte den Gastgebern gehört. Stuttgarts Martin Harnik verpasste per Kopfball knapp die Führung. Joachim Löw tauchte erstmals besorgt an der Seitenlinie auf. Er würde später noch häufiger die Coachingzone entlangtigern. Österreichs Trainer Dietmar Constatini hatte neben Harnik noch die Bundesliga-Profis Fuchs (Mainz), Pogatetz (Hannover), Alaba (Hoffenheim) und Hoffer (Kaiserslautern) aufgeboten – eine Art Deutschland II also.
Dem Anpfiff vorausgegangen war eine Ouvertüre, wie sie österreichischer nicht hätte sein können. Zum Radetzkymarsch vom Band zuckten Zehntausende rot-weiße Fähnchen in den Abendhimmel, was es den Deutschen zunächst offenbar schwer machte, einen Rhythmus zu finden. Löw hatte seine Startformation gegenüber dem 2:1-Sieg im Uruguay-Spiel auf zwei Positionen geändert. Anstelle von Rolfes spielte der genesene Khedira, Podolski löste Schürrle wieder ab.
Es entwickelte sich ein munteres Spiel, zu dem die 47500 im ausverkauften Ernst-Happel-Stadion eine prächtige Kulisse lieferten. Der deutschen Führung am nächsten war zunächst Gomez (7.), Sekunden später Podolski, dessen strammer 20-m-Schuss die Querlatte streifte.
Die Gastgeber, die zu Ehren ihres verstorbenen Verbandstrainers Ernst Weber mit Trauerflor spielten, vermieden zwar den offenen Schlagabtausch mit dem Viertplatzierten der Weltrangliste, kamen aber durch ihr schnelles und leichtfüßiges Spiel immer wieder zu Torgelegenheiten. Es war nicht zu übersehen: Der Weltranglisten-74. war entschlossen, seine letzte Chance auf die EM zu nutzen. Als Neuer schwungvoll an einem Eckball vorbeifaustete, lag die Führung der Gastgeber zum wiederholten Male in der Luft.
Was den Österreichern allerdings fehlt, ist ein ordentlicher Stürmer. Marc Janko, ihr gefährlichster Angreifer (19 Einsätze/7 Tore), saß nur auf der Bank. Die komplette rot-weiße Startformation hat zusammengenommen neunmal getroffen. Lukas Podolski (42 Länderspieltore) dürfte darüber schmunzeln.
Als nächster Österreicher lieferte Erwin Hoffer einen Beleg für das rot-weiße Stürmer-Unglück. Der Kaiserslautern-Legionär verpasste nach herrlicher Kombination das DFB-Gehäuse um Zentimeter. Einen Mario Gomez müssten die Rot-Weißen haben. Ganz ohne geschmeidiges Vorspiel stocherte der 25-Jährige den Ball zur schmeichelhaften Führung ins Netz. Minuten nach der Pause war sie verdient, weil Gomez die Möglichkeit zum zweiten Tor großherzig vergab.
Ein noch größeres Geschenk machte kurz darauf (50.) Arne Friedrich. Der Wolfsburger lenkte eine Alaba-Flanke zum Ausgleich ins eigene Tor. Das Stadion brodelte. Der Favorit wankte und verschleppte das Tempo, was ihm Pfiffe eintrug. Löw versuchte es mit neuem Personal, brachte Schürrle für den blassen Podolski, Badstuber für Khedira, weshalb Hummels ins Mittelfeld rückte.
Das Spiel aber bestimmten weiter die Gastgeber. Der WM-Dritte schien mit dem Unentschieden zufrieden zu sein. Musste er aber nicht. Als sich alles bereits auf ein Remis eingestellt hatte, traf Gomez zum glücklichen 2:1. Du armes Österreich!
Die deutsche Elf trifft am Dienstag in Baku auf Aserbaidschan (19 Uhr/ARD). Dann kehren die Spieler endgültig in den Urlaub zurück. Sie haben ihn nötig.
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