Eine Frage der Qualität
Dortmunds Jürgen Klopp sieht die Münchner deshalb vorne, weil sie die besseren Einzelspieler haben und seine Elf nicht so dagegenhält, wie sich der Trainer das vorstellt
Dortmund Es gab wieder Diskussionen, ob das Lieblingsthema der Dortmunder im riesengroßen Baum auf dem Weihnachtsmarkt aufgegriffen wird. Vor einem Jahr wurde die Idee verworfen, auf die Spitze des mit vielen einzelnen Tannen verzierten Stahlgerüsts einen großen Fußball zu setzen. Stattdessen blieb es beim Engel, der auch jetzt wieder die täglich vielen tausend Besucher des Marktes anstrahlt. Am Baum leuchten jedoch zwei Schmuckelemente, die eindeutig auf den besten Werbeträger der Ruhrgebietsstadt hinweisen: die nachgebildete Meisterschale und der DFB-Pokal. Sie zeugen von einer Zeit, als nur in Schokoladenfabriken an Weihnachten gedacht wurde. Im Mai holte Borussia Dortmund die beiden wichtigsten nationalen Titel, jeweils vor dem FC Bayern.
Einen Tag vor dem 1. Advent kommt es nun heute in München wieder zum direkten Duell der beiden Branchenführer. Mats Hummels verkniff sich jegliche Seitenhiebe wegen der gehäuften zweiten Plätze. Der Innenverteidiger, ausgebildet in der Jugend des Rekordmeisters, sagte: „Es ist unbestritten, dass die Bayern derzeit die beste Mannschaft stellen. Wir haben uns drei Unentschieden zu viel erlaubt.“
Eines davon war das enttäuschende 1:1 gegen den Aufsteiger Fortuna Düsseldorf am Dienstag. Hummels fehlte dabei wegen einer Verletzung, genau wie Ilkay Gündogan und Mario Götze. Viele mutmaßten eine Schonung vor dem Spitzenspiel. Gündogan ist für heute fraglich, Götze kann spielen. Kapitän Sebastian Kehl fehlt wegen einer Kapselentzündung dagegen sicher.
Ob die Anspannung eventuell darunter leide, dass der Tabellenführer FC Bayern schon elf Punkte Vorsprung habe, wurde Hummels gefragt. Die Antwort: „Nein, ihr Journalisten guckt vielleicht nur auf Platz eins. Leverkusen ist an uns vorbeigezogen und wir haben gegen Düsseldorf die Chance verpasst, den Abstand nach hinten zu vergrößern.“
Die vergangenen vier Bundesligaspiele und das Finale des DFB-Pokals gewann der BVB gegen die Münchner. Der Erfolg im Supercup vor dieser Saison war ein schwacher Trost für die Bayern. Die Ursache für deren aktuell deutlichen Vorsprung beschreibt Klopp mit zwei Adjektiven, die in den vorangegangenen Jahren seiner Mannschaft zugesprochen worden waren. „Gieriger und galliger“ seien die Münchner derzeit.
Klopp sah in seiner Elf zuletzt häufiger Defizite beim „Gegenpressing“, also dem Versuch, den Ball nach Verlust möglichst aggressiv und schnell wiederzubekommen. Indirekt machte er eine weitere Schwäche aus. „Die Bayern können wechseln, wie sie wollen. Da ist immer eine hohe Qualität auf dem Platz“, sagte der Trainer.
Der BVB ist auch deshalb zum großen Rivalen der Bayern aufgestiegen, weil er sich im Preissegment um die fünf Millionen Euro in den vergangenen Jahren vorzüglich bediente. Darunter fallen etwa die Neuverpflichtungen Hummels, Gündogan, Neven Subotic und Robert Lewandowski. Sie gehören zur Stammbesetzung, anders als zwei Spieler dieser Preiskategorie, die bislang den Beweis schuldig geblieben sind, eine solch hohe Transfersumme wert zu sein. Ivan Perisic, der schon im zweiten Jahr bei der Borussia spielt, und Julian Schieber, vom VfB Stuttgart vor dieser Saison sogar für etwa sechs Millionen Euro verpflichtet, stellen bislang keinen gleichwertigen Ersatz für diejenigen dar, für die sie meistens eingewechselt werden.
Der FC Bayern ist dank der Verpflichtungen etwa von Mario Mandzukic, Xherdan Shaqiri und Dante nun deutlich besser besetzt als der BVB. Vermutlich deshalb dürften sich die Münchner 2013 eine Meisterschale in den Weihnachtsbaum hängen, wenn sie es denn wollten.
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