Uli Hoeneß: Ein Mann wie sein Verein
Niemand prägte die Münchner, wie es Uli Hoeneß tat. Im November ist wohl Schluss. Für viele ist das unvorstellbar. Ein alter Kontrahent hat seinen Frieden mit ihm gemacht.
So lässt sich unschönes Vokabular natürlich gut vermeiden. "Bis auf meine Steuergeschichte habe ich nicht so viele gravierende Fehler gemacht", sagte Uli Hoeneß dem Vereinsmagazin des FC Bayern. "Steuergeschichte" klingt selbstverständlich viel besser als Steuerhinterziehung in Millionenhöhe. Eine Straftat, die Hoeneß die möglicherweise schönsten Jahre als Präsident des FC Bayern gekostet haben.
Zusammen mit Karl-Heinz Rummenigge war es ihm gelungen, Pep Guardiola als Trainer für das Münchner Ensemble zu verpflichten. Der große Trainer-Meister und ein Team, das auf dem Höhepunkt seiner Schaffenskraft stand. Auch wenn die Münchner unter Leitung des Katalanen die Champions League nicht gewinnen sollten, so spielten sie doch den bezauberndsten Fußball der Vereinsgeschichte. Hoeneß verfolgte den Großteil der drei Spielzeiten als Häftling der Justizvollzugsanstalt Landsberg.
Hoeneß kehrte nach dieser Steuergeschichte wieder zurück auf die Posten des Präsidenten und Aufsichtsratsvorsitzenden. Ein weiterer Champions-League-Titel als Klubchef bleibt ihm aber verwehrt. Hoeneß will sich zwar erst zur nächsten Aufsichtsratsitzung am 29. August zu seiner weiteren Zukunft im Gebilde des FC Bayern äußern, mit an bayerischer Meisterschaft grenzender Wahrscheinlichkeit aber wird er da bekannt geben, was die Bild am Dienstagabend berichtet hatte. Der 67-Jährige mag im November bei der Jahreshauptversammlung nicht mehr als Präsidentschaftskandidat antreten und wird auch als Aufsichtsratschef abdanken. Beide Posten wird wohl der ehemalige Adidas-Chef Herbert Hainer übernehmen.
Das Familienleben hat unter der Haft gelitten
Bisher ist nicht bekannt, wie die Beweggründe für den Rückzug Hoeneß’ lauten. Klar ist aber, dass das Familienleben unter der Haft gelitten hat. Dass er während der Jahreshauptversammlung im vergangenen Herbst von Teilen der Anhänger ausgebuht wurde, traf den Bayern-Boss. Bis dahin war er sich der Unterstützung der Fans sicher gewesen. Doch vor allem nach seiner Rückkehr aus dem Gefängnis schien ihn der Instinkt für den großen Auftritt verlassen zu haben. Zusammen mit Karl-Heinz Rummenigge spielte er auf die Gültigkeit des Grundgesetzes für Münchner Vertragsspieler an, um wenige Minuten später den Ex-Spieler Juan Bernat zu bezichtigen, "einen Scheißdreck gespielt" zu haben.
Sämtlichen Spielern ist eine Bundesliga ohne Hoeneß nicht bekannt. Als 27-Jähriger übernahm er 1979 den Verein als Manager. Der Klub machte damals einen Umsatz von 12 Millionen Mark, heute kratzt er an 700 Millionen Euro. Der heutige Geschäftsführer des FC Augsburg, Stefan Reuter, spielte zwischen 1988 und 1991 für den FC Bayern. Er ist der Meinung, dass Hoeneß’ Abschied ein "Riesenverlust" sei. "Die Art, wie er den Verein geführt hat, ist schon beachtlich". Unter Hainer wird sich die Art der Führung sicherlich verändern. Auf polternde Auftritte sollte in den kommenden Jahren nicht gebaut werden.
Die Dauerfehde mit Christoph Daum wird in Erinnerung bleiben
Besonders in Erinnerung bleiben wird die lang andauernde Auseinandersetzung mit Christoph Daum. Ihren Höhepunkt fand sie im Vorwurf von Hoeneß, der Leverkusener Trainer würde koksen. Hätte der keine Haarprobe abgegeben – der Bayern-Boss wäre bereits im Jahr 2000 sein Amt los gewesen. Daum hatte gekokst, wurde nicht Bundestrainer und der zuvor stark angefeindete Hoeneß durfte sich rehabilitiert fühlen.
Mittlerweile haben sich die beiden ausgesprochen. Den Inhalt des Gesprächs mag Daum nicht wiedergeben, "aber das war ein Telefonat, über das ich mich sehr gefreut habe und was mir sehr gutgetan hat – und was die menschliche Größe von Uli Hoeneß ausgedrückt hat."
Wirklich zu fassen ist der Rückzug des Souverän für die Spieler des FC Bayern noch nicht. "Im ersten Moment war das ein Schock, ich war auf so etwas nicht vorbereitet", wird David Alaba von der Sportbild zitiert. Joshua Kimmich sagte, er wisse gar nicht, ob die Meldung stimme. "Wenn ja, kann ich mir das gar nicht vorstellen."
So wird es vielen gehen. Selbst Uli Hoeneß. Dem Mann, der den FC Bayern zu dem Verein gemacht hat, der er heute ist. Geliebt, gehasst. Niemandem gleichgültig. Ein Abbild des Vereinspräsidenten.
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