
Die einschneidenden Änderungen im Weltcup-Zeitplan könnten der Sportart stark schaden. Doch der Weltverband orientiert sich an Olympia und der TV-Übertragung.
Stell Dir vor, es ist Kanuslalom-Weltcup in Augsburg und keiner geht hin! Das könnte ab diesem Jahr für die Gastgeber ein neues und auch recht unschönes Szenario werden. Noch haben alle die Bilder der Kanuslalom-Weltmeisterschaft an der Olympiastrecke von 1972 vor Augen, als am Wochenende mehr als 20.000 Besucherinnen und Besucher den Augsburger Eiskanal säumten und für eine geniale Kulisse sorgten. Doch man muss sich in Erinnerung rufen, dass sich die Mehrheit der Menschen am Samstag und Sonntag einfand, als die wichtigsten Medaillenentscheidungen im Kajak Einer Männer und Frauen anstanden. Eine hübsche Zugabe war dann noch der Sonntagnachmittag, als die WM-Titel in der neuen olympischen Sportart "Kajak Cross" ausgefahren wurden.
Doch nun, ein Jahr vor den Olympischen Spielen in Paris, wurden die Zeitpläne der Weltcups radikal gerändert. Die ICF, der Internationale Kanu-Verband, hat den Sonntagvormittag exklusiv für den Kajak Cross reserviert. Der Kanuslalom flog raus. Ein Teil der dortigen Medaillen-Entscheidungen fällt nun am Freitagnachmittag (Kajak). Ziemlich unattraktiv, da zu diesem Zeitpunkt noch viele Menschen arbeiten müssen. Nicht besser ist der Samstagvormittag (Canadier), der oftmals noch für Einkäufe oder Autowäsche genutzt wird.
Kanu Schwaben Augsburg behelfen sich am Samstagnachmittag mit einem Rafting-Wettbewerb
Wer am Wochenende künftig nachmittags Kanuslalom live vor Ort sehen will, der kommt zu spät. Für die Weltcup-Veranstalter wie die Kanu Schwaben Augsburg hat das zur Folge, dass ausgerechnet in den publikumsstärksten Zeiten am Samstag- und Sonntagnachmittag keine Wettkämpfe laufen. Die Kanu Schwaben behelfen sich damit, eine Art "Notprogramm" mit einem Rafting-Wettbewerb einzubauen, damit nicht das ganze Publikum schon mittags die Anlage verlässt.
Es ist eine, wie von vielen Ecken zu hören ist, dramatische Entwicklung für den Wildwasser-Sport, der eh schon zu den Randsportarten gehört. Wie soll dem Publikum vermittelt werden, dass Medaillenentscheidungen nur noch zu unattraktiven Zeiten fallen? Wie den Veranstaltern erklären, dass mit einem Draufzahlgeschäft zu rechnen ist, wenn am Samstag und Sonntag nach dem Zwölf-Uhr-Läuten alle sportlichen Wettkämpfe abgeschlossen sind?
Olympia bestimmt auch im Kanuslalomsport die Regeln
Wieder einmal zeigt sich, dass Funktionären die Sportlerinnen und Sportler ebenso egal sind wie das Publikum, sobald Fernsehgelder und Übertragungszeiten bei Olympia die Regeln bestimmen. Diese Art von Veränderungen wird den Sportarten Kanuslalom und Kajak Cross auf Dauer nicht zu größerer Attraktivität verhelfen, vielmehr besteht die Gefahr, dass man ihnen das bisher so treue Publikum vor Ort auch noch nimmt.
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Da ist leider viel wahres daran. Wenn Sie aber davon schreiben, dass dem Kanusport geschadet wird, dann würde sich auch ein Blick auf die veränderten Rahmenbedingungen bei der Nutzung des Augsburger Eiskanals lohnen. Die heimischen Vereine wie auch auswärtige müssen plötzlich unverhältnismäßig hohe Nutzungsgebühren bezahlen, die kaum zu erwirtschaften sind. Die Mitgliedsbeiträge in den Kanuvereinen sind sehr human und das ist auch gut so. Die Stadt hat sich letztes Jahr im Rahmen der WM feiern lassen. Ein großer Teil der Zeche wird nun auf die Vereine umgelegt. Kanu Schwaben kann die Kosten durch die neugegründete Eiskanal GmbH (Betreibergesellschaft des TSV 1847 Schwaben Augsburg) kompensieren - alle anderen nicht. Ein Wort auch noch zum Rafting. Rafting war über Jahrzehnte auf dem Eiskanal verboten, was ein Blick in die frühere Hausordnung zeigt. Trotzdem wurde die Strecke zum Raften genutzt, teils aus sportlichen Gründen, zumeist aber als reine Gaudiveranstaltung eines privaten Veranstalters, der aus familiär-freundschaftlicher Verbundenheit geduldet wurde. Es kann sich jeder vorstellen, wie sinnvoll Kanuslalomtraining bei gleichzeitigem Gaudirafting abläuft. Verwunderlich ist, dass sich noch nicht einmal der Bundestrainer Pohlen, der ein vehementer Gegener des Raftings ist, durchsetzen kann.